Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

Bild:
<< vorherige Seite

Notwendigkeit politischer Bildung der Frauen hin-
gewiesen, und seine prophetischen Worte "über den
Anteil der Frauen am Geschick ihres Volkes" dür-
fen besonders für die heutige Zeit gelten.

Luise Otto-Peters war die erste deutsche
Frau, die den Forderungen nach besserer Bildung,
erweiterter Erwerbsmöglichkeit und sozialer Mit-
arbeit der Frauen eine geschlossene Form gab. Sie,
die Begründerin des Allgemeinen Deutschen Frauen-
vereins und damit der organisierten deutschen Frauen-
bewegung, hat, unter dem Einfluß der 48er Jahre
stehend, voll erkannt, daß eine wirkliche Er-
füllung dieser Wünsche nur auf Grund staatsbürger-
licher Gleichberechtigung der Frauen zu erreichen
sei. Sie hat in Wort und Schrift dieser Ueberzeu-
gung Ausdruck gegeben, und ihr flammender Appell:
"Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen"
wird in diesem Sinne auch heute noch das Kenn-
wort der Stimmrechtsbewegung sein.

Von Luise Otto-Peters, Auguste Schmidt
Malvida von Meysenbug bis zur Gegenwart
reiht sich eine vielgliederige Kette deutscher Frauen
an, die für die Befreiung ihres Geschlechtes gewirkt,
gekämpft und gelitten haben. Viele von ihnen weilen
noch unter den Lebenden, und erst die Zukunft
wird ihnen den Platz in der Geschichte der Frauen-
bewegung zuweisen.

Materielle, soziale und geistige Not des weib-
lichen Geschlechts, sowie der männliche Widerstand
in allen Volksschichten gegen die Anerkennung der
Frau als unabhängige Persönlichkeit führen die Ele-
mente zusammen, die sich in den Ideen der Frauen-
bewegung und der Frauenstimmrechtsbewegung tref-
fen. Weil man selbst seine Anschauungen zunächst
der Gesellschaftsklasse entlehnt, der man angehört,
muß man sich das immer wieder vergegenwärtigen, um

Notwendigkeit politischer Bildung der Frauen hin-
gewiesen, und seine prophetischen Worte „über den
Anteil der Frauen am Geschick ihres Volkes‟ dür-
fen besonders für die heutige Zeit gelten.

Luise Otto-Peters war die erste deutsche
Frau, die den Forderungen nach besserer Bildung,
erweiterter Erwerbsmöglichkeit und sozialer Mit-
arbeit der Frauen eine geschlossene Form gab. Sie,
die Begründerin des Allgemeinen Deutschen Frauen-
vereins und damit der organisierten deutschen Frauen-
bewegung, hat, unter dem Einfluß der 48er Jahre
stehend, voll erkannt, daß eine wirkliche Er-
füllung dieser Wünsche nur auf Grund staatsbürger-
licher Gleichberechtigung der Frauen zu erreichen
sei. Sie hat in Wort und Schrift dieser Ueberzeu-
gung Ausdruck gegeben, und ihr flammender Appell:
„Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen‟
wird in diesem Sinne auch heute noch das Kenn-
wort der Stimmrechtsbewegung sein.

Von Luise Otto-Peters, Auguste Schmidt
Malvida von Meysenbug bis zur Gegenwart
reiht sich eine vielgliederige Kette deutscher Frauen
an, die für die Befreiung ihres Geschlechtes gewirkt,
gekämpft und gelitten haben. Viele von ihnen weilen
noch unter den Lebenden, und erst die Zukunft
wird ihnen den Platz in der Geschichte der Frauen-
bewegung zuweisen.

Materielle, soziale und geistige Not des weib-
lichen Geschlechts, sowie der männliche Widerstand
in allen Volksschichten gegen die Anerkennung der
Frau als unabhängige Persönlichkeit führen die Ele-
mente zusammen, die sich in den Ideen der Frauen-
bewegung und der Frauenstimmrechtsbewegung tref-
fen. Weil man selbst seine Anschauungen zunächst
der Gesellschaftsklasse entlehnt, der man angehört,
muß man sich das immer wieder vergegenwärtigen, um

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0007" n="7"/>
Notwendigkeit politischer Bildung der Frauen hin-<lb/>
gewiesen, und seine prophetischen Worte &#x201E;über den<lb/>
Anteil der Frauen am Geschick ihres Volkes&#x201F; dür-<lb/>
fen besonders für die heutige Zeit gelten.</p><lb/>
      <p><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118590901"> Luise <hi rendition="#g">Otto-Peters</hi></persName> war die erste deutsche<lb/>
Frau, die den Forderungen
 nach besserer Bildung,<lb/>
erweiterter Erwerbsmöglichkeit und sozialer Mit-<lb/>
arbeit der Frauen
 eine geschlossene Form gab. Sie,<lb/>
die Begründerin des Allgemeinen Deutschen Frauen-<lb/>
vereins
 und damit der organisierten deutschen Frauen-<lb/>
bewegung, hat, unter dem Einfluß der 48er
 Jahre<lb/>
stehend, voll erkannt, daß eine <hi rendition="#g">wirkliche</hi> Er-<lb/>
füllung dieser
 Wünsche nur auf Grund staatsbürger-<lb/>
licher Gleichberechtigung der Frauen zu erreichen<lb/>
sei.
 Sie hat in Wort und Schrift dieser Ueberzeu-<lb/>
gung Ausdruck gegeben, und ihr flammender
 Appell:<lb/>
&#x201E;Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen&#x201F;<lb/>
wird in diesem Sinne
 auch heute noch das Kenn-<lb/>
wort der Stimmrechtsbewegung sein.</p><lb/>
      <p><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118590901">Von Luise <hi rendition="#g">Otto-Peters</hi></persName>,<persName ref="http://d-nb.info/gnd/117501867"> Auguste <hi rendition="#g">Schmidt</hi></persName><lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118582054">Malvida <hi rendition="#g">von Meysenbug</hi></persName> bis zur Gegenwart<lb/>
reiht sich eine vielgliederige Kette deutscher Frauen<lb/>
an, die für die Befreiung ihres Geschlechtes gewirkt,<lb/>
gekämpft und gelitten haben. Viele von ihnen weilen<lb/>
noch unter den Lebenden, und erst die Zukunft<lb/>
wird ihnen den Platz in der Geschichte der Frauen-<lb/>
bewegung zuweisen.</p><lb/>
      <p>Materielle, soziale und geistige Not des weib-<lb/>
lichen Geschlechts, sowie der männliche Widerstand<lb/>
in allen Volksschichten gegen die Anerkennung der<lb/>
Frau als unabhängige Persönlichkeit führen die Ele-<lb/>
mente zusammen, die sich in den Ideen der Frauen-<lb/>
bewegung und der Frauenstimmrechtsbewegung tref-<lb/>
fen. Weil man selbst seine Anschauungen zunächst<lb/>
der Gesellschaftsklasse entlehnt, der man angehört,<lb/>
muß man sich das immer wieder vergegenwärtigen, um<lb/>
&#x2003;
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0007] Notwendigkeit politischer Bildung der Frauen hin- gewiesen, und seine prophetischen Worte „über den Anteil der Frauen am Geschick ihres Volkes‟ dür- fen besonders für die heutige Zeit gelten. Luise Otto-Peters war die erste deutsche Frau, die den Forderungen nach besserer Bildung, erweiterter Erwerbsmöglichkeit und sozialer Mit- arbeit der Frauen eine geschlossene Form gab. Sie, die Begründerin des Allgemeinen Deutschen Frauen- vereins und damit der organisierten deutschen Frauen- bewegung, hat, unter dem Einfluß der 48er Jahre stehend, voll erkannt, daß eine wirkliche Er- füllung dieser Wünsche nur auf Grund staatsbürger- licher Gleichberechtigung der Frauen zu erreichen sei. Sie hat in Wort und Schrift dieser Ueberzeu- gung Ausdruck gegeben, und ihr flammender Appell: „Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen‟ wird in diesem Sinne auch heute noch das Kenn- wort der Stimmrechtsbewegung sein. Von Luise Otto-Peters, Auguste Schmidt Malvida von Meysenbug bis zur Gegenwart reiht sich eine vielgliederige Kette deutscher Frauen an, die für die Befreiung ihres Geschlechtes gewirkt, gekämpft und gelitten haben. Viele von ihnen weilen noch unter den Lebenden, und erst die Zukunft wird ihnen den Platz in der Geschichte der Frauen- bewegung zuweisen. Materielle, soziale und geistige Not des weib- lichen Geschlechts, sowie der männliche Widerstand in allen Volksschichten gegen die Anerkennung der Frau als unabhängige Persönlichkeit führen die Ele- mente zusammen, die sich in den Ideen der Frauen- bewegung und der Frauenstimmrechtsbewegung tref- fen. Weil man selbst seine Anschauungen zunächst der Gesellschaftsklasse entlehnt, der man angehört, muß man sich das immer wieder vergegenwärtigen, um  

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-06-26T14:08:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-26T14:08:50Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/7
Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/7>, abgerufen am 19.04.2024.