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Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

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den der west-, nord- und mitteldeutsche Verband ge-
bildet und der schlesische zum ostdeutschen erweitert.
Alle diese Organisationen schlossen sich 1911 zur
Deutschen Vereinigung für Frauen-
stimmrecht
unter dem Vorsitz von Frau
Fischer-Eckert zusammen. Der Deutsche Ver-
band für Frauenstimmrecht gründete gleichfalls zahl-
reiche Ortsgruppen, Provinzial- und Landesvereine.
So haben beide Richtungen mehrere Jahre neben-
einander bestanden. Allmählich gewann die Auffas-
sung der Deutschen Vereinigung im anderen Lager
immer mehr Anhängerinnen, und im Kriege haben
beide Richtungen sich nach Annahme gemeinsamer
neutraler Satzungen im Zeichen des Burgfriedens ge-
einigt. Die Verschmelzung wurde am 18. März 1916
in Weimar vollzogen. Frau Marie Stritt, die Nach-
folgerin von Anita Augspurg wurde, ist Vor-
sitzende dieses neuen Deutschen Reichsver-
bandes für Frauenstimmrecht
. Als Se-
zession des Deutschen Verbandes hat Anita Augs-
purg
, die an der allgemeinen Wahlrechtsforderung
festhält, den Deutschen Frauenstimm-
rechtsbund
gegründet, der zwar getrennt mar-
schiert, sich aber an gemeinsamen Kundgebungen des
Reichsverbandes beteiligt. Es erübrigt sich, auf die
unerfreulichen Konflikte einzugehen, die die Bewe-
gung allzu lange gehemmt haben. Es ist viel kost-
bare Zeit, und es sind viele wertvolle Kräfte dabei
verbraucht worden. Manch tapfere Streiterin für die
Sache hat sich damals zeitweilig enttäuscht zurück-
gezogen, und es ist zu begrüßen, daß eine gemein-
same Agitation ausgleichend wirkt. Im allgemeinen
stimmten die Arbeitsgebiete der beiden Richtungen
überein: Allgemeine Propaganda, Versammlungen,
Flugblätter für alle Volksschichten und Berufskate-
gorien, Werbeschriften, Eingaben an Behörden und

den der west-, nord- und mitteldeutsche Verband ge-
bildet und der schlesische zum ostdeutschen erweitert.
Alle diese Organisationen schlossen sich 1911 zur
Deutschen Vereinigung für Frauen-
stimmrecht
unter dem Vorsitz von Frau
Fischer-Eckert zusammen. Der Deutsche Ver-
band für Frauenstimmrecht gründete gleichfalls zahl-
reiche Ortsgruppen, Provinzial- und Landesvereine.
So haben beide Richtungen mehrere Jahre neben-
einander bestanden. Allmählich gewann die Auffas-
sung der Deutschen Vereinigung im anderen Lager
immer mehr Anhängerinnen, und im Kriege haben
beide Richtungen sich nach Annahme gemeinsamer
neutraler Satzungen im Zeichen des Burgfriedens ge-
einigt. Die Verschmelzung wurde am 18. März 1916
in Weimar vollzogen. Frau Marie Stritt, die Nach-
folgerin von Anita Augspurg wurde, ist Vor-
sitzende dieses neuen Deutschen Reichsver-
bandes für Frauenstimmrecht
. Als Se-
zession des Deutschen Verbandes hat Anita Augs-
purg
, die an der allgemeinen Wahlrechtsforderung
festhält, den Deutschen Frauenstimm-
rechtsbund
gegründet, der zwar getrennt mar-
schiert, sich aber an gemeinsamen Kundgebungen des
Reichsverbandes beteiligt. Es erübrigt sich, auf die
unerfreulichen Konflikte einzugehen, die die Bewe-
gung allzu lange gehemmt haben. Es ist viel kost-
bare Zeit, und es sind viele wertvolle Kräfte dabei
verbraucht worden. Manch tapfere Streiterin für die
Sache hat sich damals zeitweilig enttäuscht zurück-
gezogen, und es ist zu begrüßen, daß eine gemein-
same Agitation ausgleichend wirkt. Im allgemeinen
stimmten die Arbeitsgebiete der beiden Richtungen
überein: Allgemeine Propaganda, Versammlungen,
Flugblätter für alle Volksschichten und Berufskate-
gorien, Werbeschriften, Eingaben an Behörden und

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[24/0024] den der west-, nord- und mitteldeutsche Verband ge- bildet und der schlesische zum ostdeutschen erweitert. Alle diese Organisationen schlossen sich 1911 zur Deutschen Vereinigung für Frauen- stimmrecht unter dem Vorsitz von Frau Fischer-Eckert zusammen. Der Deutsche Ver- band für Frauenstimmrecht gründete gleichfalls zahl- reiche Ortsgruppen, Provinzial- und Landesvereine. So haben beide Richtungen mehrere Jahre neben- einander bestanden. Allmählich gewann die Auffas- sung der Deutschen Vereinigung im anderen Lager immer mehr Anhängerinnen, und im Kriege haben beide Richtungen sich nach Annahme gemeinsamer neutraler Satzungen im Zeichen des Burgfriedens ge- einigt. Die Verschmelzung wurde am 18. März 1916 in Weimar vollzogen. Frau Marie Stritt, die Nach- folgerin von Anita Augspurg wurde, ist Vor- sitzende dieses neuen Deutschen Reichsver- bandes für Frauenstimmrecht. Als Se- zession des Deutschen Verbandes hat Anita Augs- purg, die an der allgemeinen Wahlrechtsforderung festhält, den Deutschen Frauenstimm- rechtsbund gegründet, der zwar getrennt mar- schiert, sich aber an gemeinsamen Kundgebungen des Reichsverbandes beteiligt. Es erübrigt sich, auf die unerfreulichen Konflikte einzugehen, die die Bewe- gung allzu lange gehemmt haben. Es ist viel kost- bare Zeit, und es sind viele wertvolle Kräfte dabei verbraucht worden. Manch tapfere Streiterin für die Sache hat sich damals zeitweilig enttäuscht zurück- gezogen, und es ist zu begrüßen, daß eine gemein- same Agitation ausgleichend wirkt. Im allgemeinen stimmten die Arbeitsgebiete der beiden Richtungen überein: Allgemeine Propaganda, Versammlungen, Flugblätter für alle Volksschichten und Berufskate- gorien, Werbeschriften, Eingaben an Behörden und  

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-06-26T14:08:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-26T14:08:50Z)

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Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/24>, abgerufen am 23.04.2024.