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Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

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deputation teilnehmen können, sind sie vom stimm-
berechtigten Amt als Gemeindewaisenrat ausgeschlos-
sen, und zwar mit Rücksicht auf die landesgesetz-
lichen Ausführungsbestimmungen zu den §§ 1849 ff.
des B. G. B. Angesichts der Unentbehrlichkeit der
Frauen zu lückenloser Betätigung innerhalb der Wai-
senpflege haben bereits verschiedene Großstädte we-
gen Aenderung der hindernden Bestimmungen peti-
tioniert. Nach dem Schulunterhaltungsgesetz von
1906 ist die Wahl von Frauen als Mitglieder städti-
scher Schuldeputationen
nur unter ge-
wissen beschränkenden Voraussetzungen zulässig, und
man muß zugeben, daß gerade hier die Frauen, und
zwar ebenso Mütter wie Lehrerinnen teilzunehmen
berufen sind. Die Frauen sind gänzlich von der
Mitgliedschaft der Provinzialschulkollegien, denen die
weiblichen Lehranstalten unterstellt sind, ausgeschlos-
sen. Die Bewilligung gleicher Mittel für Knaben-
und Mädchenschulen gehört zu den dringendsten For-
derungen. ln dieser Beziehung ist Baden vorgeschrit-
ten, wie überhaupt in der Reform der Städteordnung.
Dort muß jeder Kommission, in der der Rat von
Frauen wünschenswert ist, wenigstens eine Frau an-
gehören, z. B. im Armen-, Unterrichts- und Gesund-
heitswesen, der Marktkommission und dem Woh-
nungsamt. Die Vorschläge des Bürgermeisters von
Mannheim zur Reform der badischen Städteordnung
beziehen sich auch auf das Gemeindewahlrecht der
Frau. Auf Grund vielfacher Frauenpetitionen und
Anregungen von Magistraten steht die Aenderung der
Städteordnung, betreffend stimmberechtigte Wahl von
Frauen in städtische Deputationen, gegenwärtig im
Preußischen Abgeordnetenhaus zur Beratung. Die
vom Allgemeinen Deutschen Frauenverein geschaffene
Zentralstelle für die Gemeindeämter der Frau in
Frankfurt a. M. hat seit mehreren Jahren Erhebun-

deputation teilnehmen können, sind sie vom stimm-
berechtigten Amt als Gemeindewaisenrat ausgeschlos-
sen, und zwar mit Rücksicht auf die landesgesetz-
lichen Ausführungsbestimmungen zu den §§ 1849 ff.
des B. G. B. Angesichts der Unentbehrlichkeit der
Frauen zu lückenloser Betätigung innerhalb der Wai-
senpflege haben bereits verschiedene Großstädte we-
gen Aenderung der hindernden Bestimmungen peti-
tioniert. Nach dem Schulunterhaltungsgesetz von
1906 ist die Wahl von Frauen als Mitglieder städti-
scher Schuldeputationen
nur unter ge-
wissen beschränkenden Voraussetzungen zulässig, und
man muß zugeben, daß gerade hier die Frauen, und
zwar ebenso Mütter wie Lehrerinnen teilzunehmen
berufen sind. Die Frauen sind gänzlich von der
Mitgliedschaft der Provinzialschulkollegien, denen die
weiblichen Lehranstalten unterstellt sind, ausgeschlos-
sen. Die Bewilligung gleicher Mittel für Knaben-
und Mädchenschulen gehört zu den dringendsten For-
derungen. ln dieser Beziehung ist Baden vorgeschrit-
ten, wie überhaupt in der Reform der Städteordnung.
Dort muß jeder Kommission, in der der Rat von
Frauen wünschenswert ist, wenigstens eine Frau an-
gehören, z. B. im Armen-, Unterrichts- und Gesund-
heitswesen, der Marktkommission und dem Woh-
nungsamt. Die Vorschläge des Bürgermeisters von
Mannheim zur Reform der badischen Städteordnung
beziehen sich auch auf das Gemeindewahlrecht der
Frau. Auf Grund vielfacher Frauenpetitionen und
Anregungen von Magistraten steht die Aenderung der
Städteordnung, betreffend stimmberechtigte Wahl von
Frauen in städtische Deputationen, gegenwärtig im
Preußischen Abgeordnetenhaus zur Beratung. Die
vom Allgemeinen Deutschen Frauenverein geschaffene
Zentralstelle für die Gemeindeämter der Frau in
Frankfurt a. M. hat seit mehreren Jahren Erhebun-

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[13/0013] deputation teilnehmen können, sind sie vom stimm- berechtigten Amt als Gemeindewaisenrat ausgeschlos- sen, und zwar mit Rücksicht auf die landesgesetz- lichen Ausführungsbestimmungen zu den §§ 1849 ff. des B. G. B. Angesichts der Unentbehrlichkeit der Frauen zu lückenloser Betätigung innerhalb der Wai- senpflege haben bereits verschiedene Großstädte we- gen Aenderung der hindernden Bestimmungen peti- tioniert. Nach dem Schulunterhaltungsgesetz von 1906 ist die Wahl von Frauen als Mitglieder städti- scher Schuldeputationen nur unter ge- wissen beschränkenden Voraussetzungen zulässig, und man muß zugeben, daß gerade hier die Frauen, und zwar ebenso Mütter wie Lehrerinnen teilzunehmen berufen sind. Die Frauen sind gänzlich von der Mitgliedschaft der Provinzialschulkollegien, denen die weiblichen Lehranstalten unterstellt sind, ausgeschlos- sen. Die Bewilligung gleicher Mittel für Knaben- und Mädchenschulen gehört zu den dringendsten For- derungen. ln dieser Beziehung ist Baden vorgeschrit- ten, wie überhaupt in der Reform der Städteordnung. Dort muß jeder Kommission, in der der Rat von Frauen wünschenswert ist, wenigstens eine Frau an- gehören, z. B. im Armen-, Unterrichts- und Gesund- heitswesen, der Marktkommission und dem Woh- nungsamt. Die Vorschläge des Bürgermeisters von Mannheim zur Reform der badischen Städteordnung beziehen sich auch auf das Gemeindewahlrecht der Frau. Auf Grund vielfacher Frauenpetitionen und Anregungen von Magistraten steht die Aenderung der Städteordnung, betreffend stimmberechtigte Wahl von Frauen in städtische Deputationen, gegenwärtig im Preußischen Abgeordnetenhaus zur Beratung. Die vom Allgemeinen Deutschen Frauenverein geschaffene Zentralstelle für die Gemeindeämter der Frau in Frankfurt a. M. hat seit mehreren Jahren Erhebun-  

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Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/13>, abgerufen am 28.03.2024.