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Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918.

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Ehekontrakt dies ausschließt, durch Eheschließung
der Nutznießung und Verwaltung des Mannes unter-
stellt, auch wenn die Ehegatten getrennt leben. (For-
derung: Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand.)

Elterliche Gewalt ist auch in jedem Konflikts-
fall väterliche Gewalt. Selbst bei der Scheidung
behält der schuldige Vater elterliche Gewalt, auch
die Vertretung des Kindes in Rechtssachen. Unsere
Gesetze über die Stellung des unehelichen Kindes
tragen nur den Stempel des Mannes.

Alle Bestimmungen, deren Aenderungen der Bund
deutscher Frauenvereine bezüglich des Gesetzes für
die Staatszugehörigkeit der Frau verlangt hat, haben
in diesem Kriege zu den traurigsten Konsequenzen
geführt, so daß jede an einen Deutschen verheiratete
Ausländerin heute bei uns im Lande Unterstützung
findet, nicht aber die an einen Ausländer verheiratete,
deutschgeborene Frau. Wenn die Frauen ihren poli-
tischen Einfluß anwenden werden, um zunächst in
den genannten Fragen Reformen anzustreben, so wird
der oberflächliche Anschein nicht vermieden werden
können, als ob die Frauenstimmrechtsbewegung, von
einseitigen Gesichtspunkten ausgehend, egoistische
Ziele verfolge. Aber das, was sie begehrt und er-
strebt, wird durch seine Erfüllung in unabsehbarer
Verzweigung dem Kulturleben des ganzen Volkes zum
Wohle gereichen. Unser Familienleben und Rechts-
leben, unsere wirtschaftlichen Zustände, unsere Ge-
meinde- und Staatsverwaltung werden davon beein-
flußt werden, und die Früchte müssen dem Fort-
schritt der ganzen Nation zum Nutzen gereichen. --

Was die Frauen in diesen unglücklichen Kriegs-
jahren hinter der Front geleistet haben, wie sie
überall in die Bresche sprangen, ihr Können er-
probten, ihre Kräfte übten, wie sie sich als unent-
behrliche Glieder dem Ganzen einfügten, das muß

Ehekontrakt dies ausschließt, durch Eheschließung
der Nutznießung und Verwaltung des Mannes unter-
stellt, auch wenn die Ehegatten getrennt leben. (For-
derung: Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand.)

Elterliche Gewalt ist auch in jedem Konflikts-
fall väterliche Gewalt. Selbst bei der Scheidung
behält der schuldige Vater elterliche Gewalt, auch
die Vertretung des Kindes in Rechtssachen. Unsere
Gesetze über die Stellung des unehelichen Kindes
tragen nur den Stempel des Mannes.

Alle Bestimmungen, deren Aenderungen der Bund
deutscher Frauenvereine bezüglich des Gesetzes für
die Staatszugehörigkeit der Frau verlangt hat, haben
in diesem Kriege zu den traurigsten Konsequenzen
geführt, so daß jede an einen Deutschen verheiratete
Ausländerin heute bei uns im Lande Unterstützung
findet, nicht aber die an einen Ausländer verheiratete,
deutschgeborene Frau. Wenn die Frauen ihren poli-
tischen Einfluß anwenden werden, um zunächst in
den genannten Fragen Reformen anzustreben, so wird
der oberflächliche Anschein nicht vermieden werden
können, als ob die Frauenstimmrechtsbewegung, von
einseitigen Gesichtspunkten ausgehend, egoistische
Ziele verfolge. Aber das, was sie begehrt und er-
strebt, wird durch seine Erfüllung in unabsehbarer
Verzweigung dem Kulturleben des ganzen Volkes zum
Wohle gereichen. Unser Familienleben und Rechts-
leben, unsere wirtschaftlichen Zustände, unsere Ge-
meinde- und Staatsverwaltung werden davon beein-
flußt werden, und die Früchte müssen dem Fort-
schritt der ganzen Nation zum Nutzen gereichen. —

Was die Frauen in diesen unglücklichen Kriegs-
jahren hinter der Front geleistet haben, wie sie
überall in die Bresche sprangen, ihr Können er-
probten, ihre Kräfte übten, wie sie sich als unent-
behrliche Glieder dem Ganzen einfügten, das muß

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[10/0010] Ehekontrakt dies ausschließt, durch Eheschließung der Nutznießung und Verwaltung des Mannes unter- stellt, auch wenn die Ehegatten getrennt leben. (For- derung: Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand.) Elterliche Gewalt ist auch in jedem Konflikts- fall väterliche Gewalt. Selbst bei der Scheidung behält der schuldige Vater elterliche Gewalt, auch die Vertretung des Kindes in Rechtssachen. Unsere Gesetze über die Stellung des unehelichen Kindes tragen nur den Stempel des Mannes. Alle Bestimmungen, deren Aenderungen der Bund deutscher Frauenvereine bezüglich des Gesetzes für die Staatszugehörigkeit der Frau verlangt hat, haben in diesem Kriege zu den traurigsten Konsequenzen geführt, so daß jede an einen Deutschen verheiratete Ausländerin heute bei uns im Lande Unterstützung findet, nicht aber die an einen Ausländer verheiratete, deutschgeborene Frau. Wenn die Frauen ihren poli- tischen Einfluß anwenden werden, um zunächst in den genannten Fragen Reformen anzustreben, so wird der oberflächliche Anschein nicht vermieden werden können, als ob die Frauenstimmrechtsbewegung, von einseitigen Gesichtspunkten ausgehend, egoistische Ziele verfolge. Aber das, was sie begehrt und er- strebt, wird durch seine Erfüllung in unabsehbarer Verzweigung dem Kulturleben des ganzen Volkes zum Wohle gereichen. Unser Familienleben und Rechts- leben, unsere wirtschaftlichen Zustände, unsere Ge- meinde- und Staatsverwaltung werden davon beein- flußt werden, und die Früchte müssen dem Fort- schritt der ganzen Nation zum Nutzen gereichen. — Was die Frauen in diesen unglücklichen Kriegs- jahren hinter der Front geleistet haben, wie sie überall in die Bresche sprangen, ihr Können er- probten, ihre Kräfte übten, wie sie sich als unent- behrliche Glieder dem Ganzen einfügten, das muß  

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-06-26T14:08:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ledermann, Frieda: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledermann_frauenstimmrechtsbewegung_1918/10>, abgerufen am 23.04.2024.