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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.
ausschliesslich Sauerstoffverbindungen (Oxyde) reducirt und es kommen
dabei vorwiegend zwei Reductionsmittel zur Anwendung: Kohlenstoff
und Kohlenoxydgas. Bei der Anwendung von Kohlenstoff ist das Er-
gebniss des Zersetzungs- und Verbrennungsprocesses Kohlenoxydgas
neben dem reducirten Körper, bei Anwendung von Kohlenoxydgas
erfolgt Kohlensäure. Bezeichnet man allgemein das zu reducirende
Oxyd mit RO, so lässt sich der Vorgang in beiden Fällen darstellen
durch die Formeln:
[Formel 1] . . . . . . (1)
[Formel 2] . . . . . . (2)

Es bedarf keiner Erwähnung, dass unter Umständen das bei dem
Vorgange Nr. 1 erfolgende Kohlenoxydgas zu einem abermaligen Reduc-
tionsprocesse nach Formel 2 benutzbar bleiben kann. Das Verhalten
der beiden reducirenden Körper gegenüber den verschiedenen hier in
Betracht kommenden Oxyden ist jedoch ein wesentlich abweichendes.

Die Oxydationstemperatur des Kohlenstoffes liegt -- abweichend
nach seiner äusseren Beschaffenheit (Holzkohle, Koks, Anthracit, Graphit
u. s. w.) -- bei 400--800°C. 1); unterhalb dieser Temperatur vermag
also der Kohlenstoff nicht als Reductionsmittel zu wirken. Die Begierde
des Kohlenstoffes, sich mit Sauerstoff chemisch zu vereinigen, seine
Verwandtschaft zum Sauerstoffe, wächst aber von jener Entzündungs-
temperatur an aufwärts in sehr starkem Maasse und erreicht erst in
heller Weissgluth ihren höchsten Grad. Das Kohlenoxydgas aber,
welches aus der Oxydation des Kohlenstoffes bei der Benutzung des-
selben zur Reduction anderer Körper hervorgeht, ist auch in den
höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen beständig, es
wird weder in merkbarem Grade dissociirt noch vermag es oxydirend
auf andere Körper zu wirken, ein Umstand, welcher in sehr naher
Beziehung zu der soeben erwähnten Steigerung der Verwandtschaft des
Kohlenstoffes zum Sauerstoffe durch Temperaturzunahme steht, und ohne
welchen diese nicht möglich sein würde. Körper, deren Verwandtschaft
zum Sauerstoffe durch Erhitzen nicht in dem gleichen Maasse wie die-
jenige des Kohlenstoffes gesteigert wird, lassen sich also häufig aus
ihren Oxyden durch starke Erhitzung mit Kohlenstoff reduciren, auch
wenn sie in weniger hohen Temperaturen -- beispielsweise in Roth-
gluth -- vollständig widerstandsfähig gegenüber der Einwirkung des
Kohlenstoffs sein sollten. In dieser Weise verhalten sich z. B. Kalium,
Natrium, Mangan u. s. w.; und gerade jene dem Kohlenstoffe eigenthüm-
liche Eigenschaft, durch Erhitzung seine Verwandtschaft zum Sauer-
stoffe in stärkerem Maasse als viele andere Körper zu steigern, erhebt
ihn zu einem der vorzüglichsten Reductionsmittel in hohen Tempe-
raturen.

Kohlenoxyd dagegen besitzt in niedrigeren Temperaturen eine
starke Neigung, durch Aufnahme eines zweiten Atomes Sauerstoff
Kohlensäure zu bilden. Bei einer Temperatur von 400° wird es durch

1) Durch freien Sauerstoff wird allerdings Kohlenstoff auch schon bei gewöhn-
licher Temperatur, wenn auch sehr langsam, zu Kohlensäure oxydirt. Vergl. Poggen-
dorff's
Annalen, Bd. CIX, S. 353.

Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe.
ausschliesslich Sauerstoffverbindungen (Oxyde) reducirt und es kommen
dabei vorwiegend zwei Reductionsmittel zur Anwendung: Kohlenstoff
und Kohlenoxydgas. Bei der Anwendung von Kohlenstoff ist das Er-
gebniss des Zersetzungs- und Verbrennungsprocesses Kohlenoxydgas
neben dem reducirten Körper, bei Anwendung von Kohlenoxydgas
erfolgt Kohlensäure. Bezeichnet man allgemein das zu reducirende
Oxyd mit RO, so lässt sich der Vorgang in beiden Fällen darstellen
durch die Formeln:
[Formel 1] . . . . . . (1)
[Formel 2] . . . . . . (2)

Es bedarf keiner Erwähnung, dass unter Umständen das bei dem
Vorgange Nr. 1 erfolgende Kohlenoxydgas zu einem abermaligen Reduc-
tionsprocesse nach Formel 2 benutzbar bleiben kann. Das Verhalten
der beiden reducirenden Körper gegenüber den verschiedenen hier in
Betracht kommenden Oxyden ist jedoch ein wesentlich abweichendes.

Die Oxydationstemperatur des Kohlenstoffes liegt — abweichend
nach seiner äusseren Beschaffenheit (Holzkohle, Koks, Anthracit, Graphit
u. s. w.) — bei 400—800°C. 1); unterhalb dieser Temperatur vermag
also der Kohlenstoff nicht als Reductionsmittel zu wirken. Die Begierde
des Kohlenstoffes, sich mit Sauerstoff chemisch zu vereinigen, seine
Verwandtschaft zum Sauerstoffe, wächst aber von jener Entzündungs-
temperatur an aufwärts in sehr starkem Maasse und erreicht erst in
heller Weissgluth ihren höchsten Grad. Das Kohlenoxydgas aber,
welches aus der Oxydation des Kohlenstoffes bei der Benutzung des-
selben zur Reduction anderer Körper hervorgeht, ist auch in den
höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen beständig, es
wird weder in merkbarem Grade dissociirt noch vermag es oxydirend
auf andere Körper zu wirken, ein Umstand, welcher in sehr naher
Beziehung zu der soeben erwähnten Steigerung der Verwandtschaft des
Kohlenstoffes zum Sauerstoffe durch Temperaturzunahme steht, und ohne
welchen diese nicht möglich sein würde. Körper, deren Verwandtschaft
zum Sauerstoffe durch Erhitzen nicht in dem gleichen Maasse wie die-
jenige des Kohlenstoffes gesteigert wird, lassen sich also häufig aus
ihren Oxyden durch starke Erhitzung mit Kohlenstoff reduciren, auch
wenn sie in weniger hohen Temperaturen — beispielsweise in Roth-
gluth — vollständig widerstandsfähig gegenüber der Einwirkung des
Kohlenstoffs sein sollten. In dieser Weise verhalten sich z. B. Kalium,
Natrium, Mangan u. s. w.; und gerade jene dem Kohlenstoffe eigenthüm-
liche Eigenschaft, durch Erhitzung seine Verwandtschaft zum Sauer-
stoffe in stärkerem Maasse als viele andere Körper zu steigern, erhebt
ihn zu einem der vorzüglichsten Reductionsmittel in hohen Tempe-
raturen.

Kohlenoxyd dagegen besitzt in niedrigeren Temperaturen eine
starke Neigung, durch Aufnahme eines zweiten Atomes Sauerstoff
Kohlensäure zu bilden. Bei einer Temperatur von 400° wird es durch

1) Durch freien Sauerstoff wird allerdings Kohlenstoff auch schon bei gewöhn-
licher Temperatur, wenn auch sehr langsam, zu Kohlensäure oxydirt. Vergl. Poggen-
dorff’s
Annalen, Bd. CIX, S. 353.
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[12/0040] Ueber Verbrennung, Reduction, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe. ausschliesslich Sauerstoffverbindungen (Oxyde) reducirt und es kommen dabei vorwiegend zwei Reductionsmittel zur Anwendung: Kohlenstoff und Kohlenoxydgas. Bei der Anwendung von Kohlenstoff ist das Er- gebniss des Zersetzungs- und Verbrennungsprocesses Kohlenoxydgas neben dem reducirten Körper, bei Anwendung von Kohlenoxydgas erfolgt Kohlensäure. Bezeichnet man allgemein das zu reducirende Oxyd mit RO, so lässt sich der Vorgang in beiden Fällen darstellen durch die Formeln: [FORMEL] . . . . . . (1) [FORMEL] . . . . . . (2) Es bedarf keiner Erwähnung, dass unter Umständen das bei dem Vorgange Nr. 1 erfolgende Kohlenoxydgas zu einem abermaligen Reduc- tionsprocesse nach Formel 2 benutzbar bleiben kann. Das Verhalten der beiden reducirenden Körper gegenüber den verschiedenen hier in Betracht kommenden Oxyden ist jedoch ein wesentlich abweichendes. Die Oxydationstemperatur des Kohlenstoffes liegt — abweichend nach seiner äusseren Beschaffenheit (Holzkohle, Koks, Anthracit, Graphit u. s. w.) — bei 400—800°C. 1); unterhalb dieser Temperatur vermag also der Kohlenstoff nicht als Reductionsmittel zu wirken. Die Begierde des Kohlenstoffes, sich mit Sauerstoff chemisch zu vereinigen, seine Verwandtschaft zum Sauerstoffe, wächst aber von jener Entzündungs- temperatur an aufwärts in sehr starkem Maasse und erreicht erst in heller Weissgluth ihren höchsten Grad. Das Kohlenoxydgas aber, welches aus der Oxydation des Kohlenstoffes bei der Benutzung des- selben zur Reduction anderer Körper hervorgeht, ist auch in den höchsten in unseren Oefen erreichbaren Temperaturen beständig, es wird weder in merkbarem Grade dissociirt noch vermag es oxydirend auf andere Körper zu wirken, ein Umstand, welcher in sehr naher Beziehung zu der soeben erwähnten Steigerung der Verwandtschaft des Kohlenstoffes zum Sauerstoffe durch Temperaturzunahme steht, und ohne welchen diese nicht möglich sein würde. Körper, deren Verwandtschaft zum Sauerstoffe durch Erhitzen nicht in dem gleichen Maasse wie die- jenige des Kohlenstoffes gesteigert wird, lassen sich also häufig aus ihren Oxyden durch starke Erhitzung mit Kohlenstoff reduciren, auch wenn sie in weniger hohen Temperaturen — beispielsweise in Roth- gluth — vollständig widerstandsfähig gegenüber der Einwirkung des Kohlenstoffs sein sollten. In dieser Weise verhalten sich z. B. Kalium, Natrium, Mangan u. s. w.; und gerade jene dem Kohlenstoffe eigenthüm- liche Eigenschaft, durch Erhitzung seine Verwandtschaft zum Sauer- stoffe in stärkerem Maasse als viele andere Körper zu steigern, erhebt ihn zu einem der vorzüglichsten Reductionsmittel in hohen Tempe- raturen. Kohlenoxyd dagegen besitzt in niedrigeren Temperaturen eine starke Neigung, durch Aufnahme eines zweiten Atomes Sauerstoff Kohlensäure zu bilden. Bei einer Temperatur von 400° wird es durch 1) Durch freien Sauerstoff wird allerdings Kohlenstoff auch schon bei gewöhn- licher Temperatur, wenn auch sehr langsam, zu Kohlensäure oxydirt. Vergl. Poggen- dorff’s Annalen, Bd. CIX, S. 353.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/40>, abgerufen am 19.04.2024.