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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Eintheilung des Handelseisens.
II. Schmiedbares Eisen.

Schmiedbar, beim Erhitzen allmählich erweichend. Gehalt an Kohlenstoff
weniger als 2.3 Proc.

[Tabelle]

Die Anfänge der Eisendarstellung sind dunkel und reichen bei
den meisten Völkern bis in die vorhistorische Zeit hinauf. Entgegen
einer bis vor wenigen Jahrzehnten allgemein verbreiteten, jetzt noch
vielfach herrschenden Annahme, dass der Bekanntschaft mit dem Eisen
regelmässig eine sogenannte Bronzezeit vorausgegangen sei, unterliegt
es neueren Forschungen zufolge kaum einem Zweifel, dass in Ländern,
wo reine Eisenerze vorkamen, auch das Eisen schon vor der Bronze
oder doch jedenfalls neben derselben dargestellt worden sei; aber die
glänzenderen Eigenschaften der Bronze, insbesondere ihre leichtere Ver-
arbeitbarkeit, ihre prächtige Farbe und ihre grössere Widerstandsfähig-
keit gegen die Einflüsse der Feuchtigkeit, drängten das Eisen so lange
in den Hintergrund, als der Bedarf an Metall überhaupt nicht be-
deutend war. Nicht selten wird bei solchen Völkern, wo das Eisen
schon vor der Bronze bekannt war, doch die bevorzugte Anwendung
der letzteren die Eisendarstellung völlig zum Erliegen und in Vergessen-
heit gebracht haben, bis schliesslich der überhand nehmende Bedarf an
Metall dahin führte, das uralte Gewerbe wieder aufzunehmen. Denn
dem Eisen der alten Zeit fehlte eben diejenige Eigenschaft, welche das
jetzige Eisen zu dem wichtigsten aller Metalle erhoben hat: die Billig-
keit im Vergleiche zu dem Preise anderer Metalle; es wurde erst
billiger als die Noth dazu trieb, es in grösseren Mengen darzustellen
und man hierbei erkannte, wie viel reicher die Erde an Eisen sei als
an anderen Metallen.

Jedenfalls gebührt nicht einem einzigen Manne oder Volke die
Ehre, das Eisen zuerst dargestellt und die Erfindung über die Erde
verbreitet zu haben, sondern, wie noch jetzt vorhandene Spuren er-
kennen lassen, wurde das Eisen in sehr verschiedenen Gegenden bereits
von Volksstämmen dargestellt, welche gegenseitig von ihrem Dasein
keine Ahnung hatten; noch heute werden durch Afrikareisende Völker
angetroffen, welche, obwohl von dem Verkehre mit der Aussenwelt

in dem Umstande zu suchen, dass man in früherer Zeit, wo die Härtbarkeit allgemein
als Unterscheidungsmerkmal zwischen Stahl und Schmiedeeisen galt, nur den Stahl
im eigentlichen Sinne zu schmelzen verstand, und dass mithin der flüssige Aggregat-
zustand des erzeugten schmiedbaren Eisens auch so lange als ein charakteristisches
Merkmal des Stahls gelten konnte, bis man durch neuere Methoden (Bessemer-
process u. a.) auch nichthärtbares Eisen im flüssigen Zustande darstellen lernte.
Eintheilung des Handelseisens.
II. Schmiedbares Eisen.

Schmiedbar, beim Erhitzen allmählich erweichend. Gehalt an Kohlenstoff
weniger als 2.3 Proc.

[Tabelle]

Die Anfänge der Eisendarstellung sind dunkel und reichen bei
den meisten Völkern bis in die vorhistorische Zeit hinauf. Entgegen
einer bis vor wenigen Jahrzehnten allgemein verbreiteten, jetzt noch
vielfach herrschenden Annahme, dass der Bekanntschaft mit dem Eisen
regelmässig eine sogenannte Bronzezeit vorausgegangen sei, unterliegt
es neueren Forschungen zufolge kaum einem Zweifel, dass in Ländern,
wo reine Eisenerze vorkamen, auch das Eisen schon vor der Bronze
oder doch jedenfalls neben derselben dargestellt worden sei; aber die
glänzenderen Eigenschaften der Bronze, insbesondere ihre leichtere Ver-
arbeitbarkeit, ihre prächtige Farbe und ihre grössere Widerstandsfähig-
keit gegen die Einflüsse der Feuchtigkeit, drängten das Eisen so lange
in den Hintergrund, als der Bedarf an Metall überhaupt nicht be-
deutend war. Nicht selten wird bei solchen Völkern, wo das Eisen
schon vor der Bronze bekannt war, doch die bevorzugte Anwendung
der letzteren die Eisendarstellung völlig zum Erliegen und in Vergessen-
heit gebracht haben, bis schliesslich der überhand nehmende Bedarf an
Metall dahin führte, das uralte Gewerbe wieder aufzunehmen. Denn
dem Eisen der alten Zeit fehlte eben diejenige Eigenschaft, welche das
jetzige Eisen zu dem wichtigsten aller Metalle erhoben hat: die Billig-
keit im Vergleiche zu dem Preise anderer Metalle; es wurde erst
billiger als die Noth dazu trieb, es in grösseren Mengen darzustellen
und man hierbei erkannte, wie viel reicher die Erde an Eisen sei als
an anderen Metallen.

Jedenfalls gebührt nicht einem einzigen Manne oder Volke die
Ehre, das Eisen zuerst dargestellt und die Erfindung über die Erde
verbreitet zu haben, sondern, wie noch jetzt vorhandene Spuren er-
kennen lassen, wurde das Eisen in sehr verschiedenen Gegenden bereits
von Volksstämmen dargestellt, welche gegenseitig von ihrem Dasein
keine Ahnung hatten; noch heute werden durch Afrikareisende Völker
angetroffen, welche, obwohl von dem Verkehre mit der Aussenwelt

in dem Umstande zu suchen, dass man in früherer Zeit, wo die Härtbarkeit allgemein
als Unterscheidungsmerkmal zwischen Stahl und Schmiedeeisen galt, nur den Stahl
im eigentlichen Sinne zu schmelzen verstand, und dass mithin der flüssige Aggregat-
zustand des erzeugten schmiedbaren Eisens auch so lange als ein charakteristisches
Merkmal des Stahls gelten konnte, bis man durch neuere Methoden (Bessemer-
process u. a.) auch nichthärtbares Eisen im flüssigen Zustande darstellen lernte.
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[6/0034] Eintheilung des Handelseisens. II. Schmiedbares Eisen. Schmiedbar, beim Erhitzen allmählich erweichend. Gehalt an Kohlenstoff weniger als 2.3 Proc. Die Anfänge der Eisendarstellung sind dunkel und reichen bei den meisten Völkern bis in die vorhistorische Zeit hinauf. Entgegen einer bis vor wenigen Jahrzehnten allgemein verbreiteten, jetzt noch vielfach herrschenden Annahme, dass der Bekanntschaft mit dem Eisen regelmässig eine sogenannte Bronzezeit vorausgegangen sei, unterliegt es neueren Forschungen zufolge kaum einem Zweifel, dass in Ländern, wo reine Eisenerze vorkamen, auch das Eisen schon vor der Bronze oder doch jedenfalls neben derselben dargestellt worden sei; aber die glänzenderen Eigenschaften der Bronze, insbesondere ihre leichtere Ver- arbeitbarkeit, ihre prächtige Farbe und ihre grössere Widerstandsfähig- keit gegen die Einflüsse der Feuchtigkeit, drängten das Eisen so lange in den Hintergrund, als der Bedarf an Metall überhaupt nicht be- deutend war. Nicht selten wird bei solchen Völkern, wo das Eisen schon vor der Bronze bekannt war, doch die bevorzugte Anwendung der letzteren die Eisendarstellung völlig zum Erliegen und in Vergessen- heit gebracht haben, bis schliesslich der überhand nehmende Bedarf an Metall dahin führte, das uralte Gewerbe wieder aufzunehmen. Denn dem Eisen der alten Zeit fehlte eben diejenige Eigenschaft, welche das jetzige Eisen zu dem wichtigsten aller Metalle erhoben hat: die Billig- keit im Vergleiche zu dem Preise anderer Metalle; es wurde erst billiger als die Noth dazu trieb, es in grösseren Mengen darzustellen und man hierbei erkannte, wie viel reicher die Erde an Eisen sei als an anderen Metallen. Jedenfalls gebührt nicht einem einzigen Manne oder Volke die Ehre, das Eisen zuerst dargestellt und die Erfindung über die Erde verbreitet zu haben, sondern, wie noch jetzt vorhandene Spuren er- kennen lassen, wurde das Eisen in sehr verschiedenen Gegenden bereits von Volksstämmen dargestellt, welche gegenseitig von ihrem Dasein keine Ahnung hatten; noch heute werden durch Afrikareisende Völker angetroffen, welche, obwohl von dem Verkehre mit der Aussenwelt 1) 1) in dem Umstande zu suchen, dass man in früherer Zeit, wo die Härtbarkeit allgemein als Unterscheidungsmerkmal zwischen Stahl und Schmiedeeisen galt, nur den Stahl im eigentlichen Sinne zu schmelzen verstand, und dass mithin der flüssige Aggregat- zustand des erzeugten schmiedbaren Eisens auch so lange als ein charakteristisches Merkmal des Stahls gelten konnte, bis man durch neuere Methoden (Bessemer- process u. a.) auch nichthärtbares Eisen im flüssigen Zustande darstellen lernte.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/34>, abgerufen am 28.03.2024.