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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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auf, und fing an Kneipenwirthschaft zu treiben.
Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er-
laubte die Hasardspiele, und wer diese begünstigt
in seinem Hause, darf wegen Kundschaft nicht in
Sorgen stehen. Da aber seine Kneipe den Namen
Geige fortbehielt, und er oft damit geneckt wur-
de, so gerieth er, besonders wenn ihm der Spiri-
tus in die Krone gestiegen war, gar sehr in den
Harnisch, und behandelte seine Gäste selbst mit der
ärgsten Impertinenz. Darüber wurden dann die
Gäste auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel-
bänke sonst wohin. Meister Baum hätte leicht den
Namen Geige dulten können, da gewißen Häusern
in Halle ganz andre Beynamen gegeben sind, z. B.
Diebshöhle, blinde Herberge, Scheppenstätt, Spa-
dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u.
s. w. Die Besitzer dieser Häuser wissen diese Zu-
namen, formalisiren sich aber nicht darüber, und
thun wohl daran: denn käme es unter die Leute,
daß sie sich formalisirten, so wäre des Spektakelns
kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall
auf Seiten des Formalisanten, wie es sich mit dem
Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch seine
Grobheit alle Gäste verlohr.



auf, und fing an Kneipenwirthſchaft zu treiben.
Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er-
laubte die Haſardſpiele, und wer dieſe beguͤnſtigt
in ſeinem Hauſe, darf wegen Kundſchaft nicht in
Sorgen ſtehen. Da aber ſeine Kneipe den Namen
Geige fortbehielt, und er oft damit geneckt wur-
de, ſo gerieth er, beſonders wenn ihm der Spiri-
tus in die Krone geſtiegen war, gar ſehr in den
Harniſch, und behandelte ſeine Gaͤſte ſelbſt mit der
aͤrgſten Impertinenz. Daruͤber wurden dann die
Gaͤſte auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel-
baͤnke ſonſt wohin. Meiſter Baum haͤtte leicht den
Namen Geige dulten koͤnnen, da gewißen Haͤuſern
in Halle ganz andre Beynamen gegeben ſind, z. B.
Diebshoͤhle, blinde Herberge, Scheppenſtaͤtt, Spa-
dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u.
ſ. w. Die Beſitzer dieſer Haͤuſer wiſſen dieſe Zu-
namen, formaliſiren ſich aber nicht daruͤber, und
thun wohl daran: denn kaͤme es unter die Leute,
daß ſie ſich formaliſirten, ſo waͤre des Spektakelns
kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall
auf Seiten des Formaliſanten, wie es ſich mit dem
Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch ſeine
Grobheit alle Gaͤſte verlohr.



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[21/0029] auf, und fing an Kneipenwirthſchaft zu treiben. Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er- laubte die Haſardſpiele, und wer dieſe beguͤnſtigt in ſeinem Hauſe, darf wegen Kundſchaft nicht in Sorgen ſtehen. Da aber ſeine Kneipe den Namen Geige fortbehielt, und er oft damit geneckt wur- de, ſo gerieth er, beſonders wenn ihm der Spiri- tus in die Krone geſtiegen war, gar ſehr in den Harniſch, und behandelte ſeine Gaͤſte ſelbſt mit der aͤrgſten Impertinenz. Daruͤber wurden dann die Gaͤſte auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel- baͤnke ſonſt wohin. Meiſter Baum haͤtte leicht den Namen Geige dulten koͤnnen, da gewißen Haͤuſern in Halle ganz andre Beynamen gegeben ſind, z. B. Diebshoͤhle, blinde Herberge, Scheppenſtaͤtt, Spa- dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u. ſ. w. Die Beſitzer dieſer Haͤuſer wiſſen dieſe Zu- namen, formaliſiren ſich aber nicht daruͤber, und thun wohl daran: denn kaͤme es unter die Leute, daß ſie ſich formaliſirten, ſo waͤre des Spektakelns kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall auf Seiten des Formaliſanten, wie es ſich mit dem Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch ſeine Grobheit alle Gaͤſte verlohr.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/29>, abgerufen am 20.04.2024.