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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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zu fordern, so ließ ich alles gut seyn, und nahm
das alte Gerümpel, als wäre es taugbar und neu
gewesen, gerne an. Ich dachte in diesem Stück
noch immer studentisch: wenn nämlich die Herren
Academiker etwas auf Credit, oder nach ihrem
Ausdruck, auf Pump haben können, so ists schon
gut, und sie sehen die gepumpte Sache als geschenkt
an. Indessen schien es nicht, als wenn Meister
Baum der Schneider lang borgen wollte. Schon
am sechsten Tage nach meiner Hochzeit forderte er
drey Thaler von mir. Ich wunderte mich über
den Menschen, da ich ihm doch seine Miethe auf ein
halbes Jahr vorausbezahlt hatte, und sagte ihm,
daß ich jezt kein Geld hätte. Baum, welcher sei-
nen Kopf bey Hr. Adolph auf dem Steinweg he-
roisch getrunken hatte, schwur bey allen himm-
lischen und allen höllischen Geistern, daß er völlig
auf dem Hund sey und auf jeden Fall ausgeplün-
dert werden würde, wenn ich ihm nicht aushülfe.
Er wolle aber in einigen Tagen alles zurückgeben.
Ich hatte Mitleiden mit dem fluchenden und schwö-
renden Schneidermeister, wendete mich an einen
Freund, und dieser schickte mir zwey Thaler, die
ich sofort dem Herrn Baum einhändigte.

Es vergiengen acht Tage, auch vierzehn Tage,
und Baum redete gar nichts mehr von den zwey
Thalern. Die Noth drückte mich, und ich erinner-

zu fordern, ſo ließ ich alles gut ſeyn, und nahm
das alte Geruͤmpel, als waͤre es taugbar und neu
geweſen, gerne an. Ich dachte in dieſem Stuͤck
noch immer ſtudentiſch: wenn naͤmlich die Herren
Academiker etwas auf Credit, oder nach ihrem
Ausdruck, auf Pump haben koͤnnen, ſo iſts ſchon
gut, und ſie ſehen die gepumpte Sache als geſchenkt
an. Indeſſen ſchien es nicht, als wenn Meiſter
Baum der Schneider lang borgen wollte. Schon
am ſechsten Tage nach meiner Hochzeit forderte er
drey Thaler von mir. Ich wunderte mich uͤber
den Menſchen, da ich ihm doch ſeine Miethe auf ein
halbes Jahr vorausbezahlt hatte, und ſagte ihm,
daß ich jezt kein Geld haͤtte. Baum, welcher ſei-
nen Kopf bey Hr. Adolph auf dem Steinweg he-
roiſch getrunken hatte, ſchwur bey allen himm-
liſchen und allen hoͤlliſchen Geiſtern, daß er voͤllig
auf dem Hund ſey und auf jeden Fall ausgepluͤn-
dert werden wuͤrde, wenn ich ihm nicht aushuͤlfe.
Er wolle aber in einigen Tagen alles zuruͤckgeben.
Ich hatte Mitleiden mit dem fluchenden und ſchwoͤ-
renden Schneidermeiſter, wendete mich an einen
Freund, und dieſer ſchickte mir zwey Thaler, die
ich ſofort dem Herrn Baum einhaͤndigte.

Es vergiengen acht Tage, auch vierzehn Tage,
und Baum redete gar nichts mehr von den zwey
Thalern. Die Noth druͤckte mich, und ich erinner-

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[18/0026] zu fordern, ſo ließ ich alles gut ſeyn, und nahm das alte Geruͤmpel, als waͤre es taugbar und neu geweſen, gerne an. Ich dachte in dieſem Stuͤck noch immer ſtudentiſch: wenn naͤmlich die Herren Academiker etwas auf Credit, oder nach ihrem Ausdruck, auf Pump haben koͤnnen, ſo iſts ſchon gut, und ſie ſehen die gepumpte Sache als geſchenkt an. Indeſſen ſchien es nicht, als wenn Meiſter Baum der Schneider lang borgen wollte. Schon am ſechsten Tage nach meiner Hochzeit forderte er drey Thaler von mir. Ich wunderte mich uͤber den Menſchen, da ich ihm doch ſeine Miethe auf ein halbes Jahr vorausbezahlt hatte, und ſagte ihm, daß ich jezt kein Geld haͤtte. Baum, welcher ſei- nen Kopf bey Hr. Adolph auf dem Steinweg he- roiſch getrunken hatte, ſchwur bey allen himm- liſchen und allen hoͤlliſchen Geiſtern, daß er voͤllig auf dem Hund ſey und auf jeden Fall ausgepluͤn- dert werden wuͤrde, wenn ich ihm nicht aushuͤlfe. Er wolle aber in einigen Tagen alles zuruͤckgeben. Ich hatte Mitleiden mit dem fluchenden und ſchwoͤ- renden Schneidermeiſter, wendete mich an einen Freund, und dieſer ſchickte mir zwey Thaler, die ich ſofort dem Herrn Baum einhaͤndigte. Es vergiengen acht Tage, auch vierzehn Tage, und Baum redete gar nichts mehr von den zwey Thalern. Die Noth druͤckte mich, und ich erinner-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/26>, abgerufen am 29.03.2024.