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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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Genug, Dentzel hatte die Schule zu Dürk-
heim besucht, und hernach in Halle die Theologie
studiert, sonst auch da recht lustig gelebt, und
war einer von jenen Studenten, welche der Pro-
rektor Pauli, dieser schreibselige Historiker, ein-
mal aus der Kneipe zum Posthorn, wo es damals
Buhldirnen gab, hatte holen und aufs Karzer sez-
zen lassen. Dentzel erinnerte sich nachher dieser
Schnurre noch mit Lachen. In seinem Kandida-
tenstande suchte er Eingang bey Mamsell Sabin-
chen Michaelis, dem schönsten Mädchen in der
ganzen Pfalz. Allein Mamsell Sabinchen trug
damals die Nase höher, als daß ihr Dentzel
hätte behagen können: sie gab der Liebeley eines
Prinzen Gehör, und ward dadurch endlich eben so
unglücklich, als sie vorher schon war. --

Wenn irgend einer unserer Herren Roman-
schreiber Lust hat, ein Magazin von Erfahrungen
und Begebenheiten für unglückliche Frauenzimmer
anzulegen, so erbiete ich mich, ihm das Leben der
Mamsell Sabinchen Michaelis dazu zu liefern,
welches gewiß keine unrechte Stelle darin behaup-
ten würde.

Dentzel, der bey Sabinchen nicht ankommen
konnte, ließ seiner satyrischen Laune freyen Lauf,
und beleidigte durch allerley Sarkasmen auf das
Mädchen, den Hofrath, ihren Vater, und den

Genug, Dentzel hatte die Schule zu Duͤrk-
heim beſucht, und hernach in Halle die Theologie
ſtudiert, ſonſt auch da recht luſtig gelebt, und
war einer von jenen Studenten, welche der Pro-
rektor Pauli, dieſer ſchreibſelige Hiſtoriker, ein-
mal aus der Kneipe zum Poſthorn, wo es damals
Buhldirnen gab, hatte holen und aufs Karzer ſez-
zen laſſen. Dentzel erinnerte ſich nachher dieſer
Schnurre noch mit Lachen. In ſeinem Kandida-
tenſtande ſuchte er Eingang bey Mamſell Sabin-
chen Michaelis, dem ſchoͤnſten Maͤdchen in der
ganzen Pfalz. Allein Mamſell Sabinchen trug
damals die Naſe hoͤher, als daß ihr Dentzel
haͤtte behagen koͤnnen: ſie gab der Liebeley eines
Prinzen Gehoͤr, und ward dadurch endlich eben ſo
ungluͤcklich, als ſie vorher ſchon war. —

Wenn irgend einer unſerer Herren Roman-
ſchreiber Luſt hat, ein Magazin von Erfahrungen
und Begebenheiten fuͤr ungluͤckliche Frauenzimmer
anzulegen, ſo erbiete ich mich, ihm das Leben der
Mamſell Sabinchen Michaelis dazu zu liefern,
welches gewiß keine unrechte Stelle darin behaup-
ten wuͤrde.

Dentzel, der bey Sabinchen nicht ankommen
konnte, ließ ſeiner ſatyriſchen Laune freyen Lauf,
und beleidigte durch allerley Sarkasmen auf das
Maͤdchen, den Hofrath, ihren Vater, und den

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[5/0009] Genug, Dentzel hatte die Schule zu Duͤrk- heim beſucht, und hernach in Halle die Theologie ſtudiert, ſonſt auch da recht luſtig gelebt, und war einer von jenen Studenten, welche der Pro- rektor Pauli, dieſer ſchreibſelige Hiſtoriker, ein- mal aus der Kneipe zum Poſthorn, wo es damals Buhldirnen gab, hatte holen und aufs Karzer ſez- zen laſſen. Dentzel erinnerte ſich nachher dieſer Schnurre noch mit Lachen. In ſeinem Kandida- tenſtande ſuchte er Eingang bey Mamſell Sabin- chen Michaelis, dem ſchoͤnſten Maͤdchen in der ganzen Pfalz. Allein Mamſell Sabinchen trug damals die Naſe hoͤher, als daß ihr Dentzel haͤtte behagen koͤnnen: ſie gab der Liebeley eines Prinzen Gehoͤr, und ward dadurch endlich eben ſo ungluͤcklich, als ſie vorher ſchon war. — Wenn irgend einer unſerer Herren Roman- ſchreiber Luſt hat, ein Magazin von Erfahrungen und Begebenheiten fuͤr ungluͤckliche Frauenzimmer anzulegen, ſo erbiete ich mich, ihm das Leben der Mamſell Sabinchen Michaelis dazu zu liefern, welches gewiß keine unrechte Stelle darin behaup- ten wuͤrde. Dentzel, der bey Sabinchen nicht ankommen konnte, ließ ſeiner ſatyriſchen Laune freyen Lauf, und beleidigte durch allerley Sarkasmen auf das Maͤdchen, den Hofrath, ihren Vater, und den

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/9>, abgerufen am 25.04.2024.