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Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

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Jn der Einleitung zu diesem Stück kann ich mich kürzer
fassen, da es mir weniger an's Herz gewachsen ist als
jedes der anderen. Der Stoff dazu wurde von außen
geboten, der Plan schnell gefaßt, die Abfassung schnell be-
werkstelligt. Jch will damit nicht sagen, daß mich Stoff
und Plan und Abfassung gleichgültig gelassen habe, o nein,
ich bin mit allen Kräften lebhaft dabei betheiligt gewesen.
Aber für uns Geschöpfe der Zeit ist auch die längere oder
kürzere Dauer der Zeit ein Hauptbestandtheil für das
was wir Treue nennen. Was sich in uns nicht längere
Zeit hindurch angesiedelt hat, das läßt auch nicht einen
dauernden Eindruck zurück, und so kommt mir jetzt schon
nach Verlauf weniger Jahre dieses ganze Thema der
Bernsteinhexe und die Dramatisirung desselben wie ein
Paroxysmus vor, den ich nicht verläugnen möchte, für den
ich aber auch keine ausgedehnte Theilnahme in Anspruch
nehmen will. Jch erinnere mich ganz gern der sechs Wo-
chen, während welcher ich der Altweibersagen schlesischer

Jn der Einleitung zu dieſem Stuͤck kann ich mich kuͤrzer
faſſen, da es mir weniger an’s Herz gewachſen iſt als
jedes der anderen. Der Stoff dazu wurde von außen
geboten, der Plan ſchnell gefaßt, die Abfaſſung ſchnell be-
werkſtelligt. Jch will damit nicht ſagen, daß mich Stoff
und Plan und Abfaſſung gleichguͤltig gelaſſen habe, o nein,
ich bin mit allen Kraͤften lebhaft dabei betheiligt geweſen.
Aber fuͤr uns Geſchoͤpfe der Zeit iſt auch die laͤngere oder
kuͤrzere Dauer der Zeit ein Hauptbeſtandtheil fuͤr das
was wir Treue nennen. Was ſich in uns nicht laͤngere
Zeit hindurch angeſiedelt hat, das laͤßt auch nicht einen
dauernden Eindruck zuruͤck, und ſo kommt mir jetzt ſchon
nach Verlauf weniger Jahre dieſes ganze Thema der
Bernſteinhexe und die Dramatiſirung deſſelben wie ein
Paroxysmus vor, den ich nicht verlaͤugnen moͤchte, fuͤr den
ich aber auch keine ausgedehnte Theilnahme in Anſpruch
nehmen will. Jch erinnere mich ganz gern der ſechs Wo-
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[[9]/0015] Jn der Einleitung zu dieſem Stuͤck kann ich mich kuͤrzer faſſen, da es mir weniger an’s Herz gewachſen iſt als jedes der anderen. Der Stoff dazu wurde von außen geboten, der Plan ſchnell gefaßt, die Abfaſſung ſchnell be- werkſtelligt. Jch will damit nicht ſagen, daß mich Stoff und Plan und Abfaſſung gleichguͤltig gelaſſen habe, o nein, ich bin mit allen Kraͤften lebhaft dabei betheiligt geweſen. Aber fuͤr uns Geſchoͤpfe der Zeit iſt auch die laͤngere oder kuͤrzere Dauer der Zeit ein Hauptbeſtandtheil fuͤr das was wir Treue nennen. Was ſich in uns nicht laͤngere Zeit hindurch angeſiedelt hat, das laͤßt auch nicht einen dauernden Eindruck zuruͤck, und ſo kommt mir jetzt ſchon nach Verlauf weniger Jahre dieſes ganze Thema der Bernſteinhexe und die Dramatiſirung deſſelben wie ein Paroxysmus vor, den ich nicht verlaͤugnen moͤchte, fuͤr den ich aber auch keine ausgedehnte Theilnahme in Anſpruch nehmen will. Jch erinnere mich ganz gern der ſechs Wo- chen, waͤhrend welcher ich der Altweiberſagen ſchleſiſcher

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. [9]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/15>, abgerufen am 28.03.2024.