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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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wollen verwalten, daß sie aber zum Segen der Sache
wie jeder Beamte zu strenger Beobachtung der gesetzlichen
Vorschriften und zu vollkommenster Gerechtigkeit ver-
pflichtet sind, und daß in Hinsicht der Objektivität das
männliche Geschlecht entschieden überlegen ist.

Auch die von Frauen bislang betriebene Armen-
pflege wird seitens der Rechtlerinnen zu einem Rechts-
anspruch auf das kommunale Wahlrecht gestempelt. Es
geht auf diesem Gebiete ähnlich zu, wie auf dem der
Waisenpflege - es fehlt zunächst recht sehr am
Angebot geeigneter Kräfte
. Jn Hamburg hat,
wie Frau v. M. mitteilt, der Anfangs des Jahrhunderts
mit den Armenpflegerinnen angestellte Versuch Fiasko
gemacht, und die zur Untersuchung eingesetzte Kommission
berichtete am 11. November 1906, daß sich zu wenig
Frauen für das Amt eigneten, am wenigsten
diejenigen, die es vom frauenrechtlerischen
Standpunkte als ein Recht forderten
.

Wie in der Armen- und Waisenpflege kontrastiert auch
bei der Forderung nach weiblicher Vormundschaft das
laute Verlangen der Rechtlerinnen in geradezu ergötzlicher
Weise mit der entschiedenen Abneigung der Frauen gegen
die Übernahme solcher ebenso lästigen als verantwortungs-
reichen öffentlichen Ämter. Jn einem Rundschreiben des
Verbandes für weibliche Vormundschaft (1914) bekennt
die Vorsitzende Fräulein Dr. Dünsing: "Bald 12 Jahre
sind vergangen, seit die Frauen allgemein zum staatlichen
Ehrenamt als Vormund zugelassen wurden. Jhre Be-
reitschaftzur Übernahme des Amtes ist beschämend
gering geblieben
." 90 000 Vormundschaftsfälle werden

wollen verwalten, daß sie aber zum Segen der Sache
wie jeder Beamte zu strenger Beobachtung der gesetzlichen
Vorschriften und zu vollkommenster Gerechtigkeit ver-
pflichtet sind, und daß in Hinsicht der Objektivität das
männliche Geschlecht entschieden überlegen ist.

Auch die von Frauen bislang betriebene Armen-
pflege wird seitens der Rechtlerinnen zu einem Rechts-
anspruch auf das kommunale Wahlrecht gestempelt. Es
geht auf diesem Gebiete ähnlich zu, wie auf dem der
Waisenpflege – es fehlt zunächst recht sehr am
Angebot geeigneter Kräfte
. Jn Hamburg hat,
wie Frau v. M. mitteilt, der Anfangs des Jahrhunderts
mit den Armenpflegerinnen angestellte Versuch Fiasko
gemacht, und die zur Untersuchung eingesetzte Kommission
berichtete am 11. November 1906, daß sich zu wenig
Frauen für das Amt eigneten, am wenigsten
diejenigen, die es vom frauenrechtlerischen
Standpunkte als ein Recht forderten
.

Wie in der Armen- und Waisenpflege kontrastiert auch
bei der Forderung nach weiblicher Vormundschaft das
laute Verlangen der Rechtlerinnen in geradezu ergötzlicher
Weise mit der entschiedenen Abneigung der Frauen gegen
die Übernahme solcher ebenso lästigen als verantwortungs-
reichen öffentlichen Ämter. Jn einem Rundschreiben des
Verbandes für weibliche Vormundschaft (1914) bekennt
die Vorsitzende Fräulein Dr. Dünsing: „Bald 12 Jahre
sind vergangen, seit die Frauen allgemein zum staatlichen
Ehrenamt als Vormund zugelassen wurden. Jhre Be-
reitschaftzur Übernahme des Amtes ist beschämend
gering geblieben
.“ 90 000 Vormundschaftsfälle werden

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[48/0050] wollen verwalten, daß sie aber zum Segen der Sache wie jeder Beamte zu strenger Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften und zu vollkommenster Gerechtigkeit ver- pflichtet sind, und daß in Hinsicht der Objektivität das männliche Geschlecht entschieden überlegen ist. Auch die von Frauen bislang betriebene Armen- pflege wird seitens der Rechtlerinnen zu einem Rechts- anspruch auf das kommunale Wahlrecht gestempelt. Es geht auf diesem Gebiete ähnlich zu, wie auf dem der Waisenpflege – es fehlt zunächst recht sehr am Angebot geeigneter Kräfte. Jn Hamburg hat, wie Frau v. M. mitteilt, der Anfangs des Jahrhunderts mit den Armenpflegerinnen angestellte Versuch Fiasko gemacht, und die zur Untersuchung eingesetzte Kommission berichtete am 11. November 1906, daß sich zu wenig Frauen für das Amt eigneten, am wenigsten diejenigen, die es vom frauenrechtlerischen Standpunkte als ein Recht forderten. Wie in der Armen- und Waisenpflege kontrastiert auch bei der Forderung nach weiblicher Vormundschaft das laute Verlangen der Rechtlerinnen in geradezu ergötzlicher Weise mit der entschiedenen Abneigung der Frauen gegen die Übernahme solcher ebenso lästigen als verantwortungs- reichen öffentlichen Ämter. Jn einem Rundschreiben des Verbandes für weibliche Vormundschaft (1914) bekennt die Vorsitzende Fräulein Dr. Dünsing: „Bald 12 Jahre sind vergangen, seit die Frauen allgemein zum staatlichen Ehrenamt als Vormund zugelassen wurden. Jhre Be- reitschaftzur Übernahme des Amtes ist beschämend gering geblieben.“ 90 000 Vormundschaftsfälle werden

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/50>, abgerufen am 29.03.2024.