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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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Für die Tatsache, daß die weibliche Mitarbeit in
der Gemeinde durch die frauenrechtlerischen Bestrebungen
keine Förderung, sondern vielmehr eine empfindliche
Schädigung erfährt, dafür haben wir u. a. eine klassische
Zeugin in der Person der Frau Baronin v. Meerheimb
in Rostock. Diese Dame, die seit langen Jahren ein
Altersheim leitet, die einem Gemeinde-, Armen- und
Krankenvereine die Kasse führt und seit vielen Jahren
angestellte städtische Waisenpflegerin ist, darf sich gewiß
ein Urteil über die Frage erlauben, ob die von der
Frauenbewegung geforderten Wahlrechte für die Aus-
übung der weiblichen Hilfs- und Liebestätigkeit in der
Gemeinde notwendig und nützlich sind. Sie ist bei
diesen Arbeiten immer wieder mit Einzelpersonen und
Vereinigungen der Frauenbewegung zusammengekommen
und hat sich mit ihren Bestrebungen auseinandersetzen
müssen. Dabei ist sie nach ihren eigenen Worten zu dem
geworden, was sie heute ist, zu einer bewußten
Bekämpferin der Frauenemanzipation in allen ihren
Formen. Sie sagt u. a. von der Arbeit der Recht-
lerinnen: "Es ist manche gute, tüchtige Arbeit geleistet
von ihnen, und an ihrer Rührigkeit können wir uns oft
ein Beispiel nehmen. Aber das Brauchbare ist meines
Erachtens nicht geleistet, weil, sondern obgleichsie
zur Frauenbewegung gehörten."

Die charitative Arbeit in der Gemeinde er-
fordert
nach Frau v. M. nicht nur die ganze
Kraft,
sondern das ganze Herz. Eine Teilung des
Frauenherzens, halb Nächstenliebe, halb Emanzipationslust
kann der Arbeit nur zum schwersten Schaden gereichen.

Für die Tatsache, daß die weibliche Mitarbeit in
der Gemeinde durch die frauenrechtlerischen Bestrebungen
keine Förderung, sondern vielmehr eine empfindliche
Schädigung erfährt, dafür haben wir u. a. eine klassische
Zeugin in der Person der Frau Baronin v. Meerheimb
in Rostock. Diese Dame, die seit langen Jahren ein
Altersheim leitet, die einem Gemeinde-, Armen- und
Krankenvereine die Kasse führt und seit vielen Jahren
angestellte städtische Waisenpflegerin ist, darf sich gewiß
ein Urteil über die Frage erlauben, ob die von der
Frauenbewegung geforderten Wahlrechte für die Aus-
übung der weiblichen Hilfs- und Liebestätigkeit in der
Gemeinde notwendig und nützlich sind. Sie ist bei
diesen Arbeiten immer wieder mit Einzelpersonen und
Vereinigungen der Frauenbewegung zusammengekommen
und hat sich mit ihren Bestrebungen auseinandersetzen
müssen. Dabei ist sie nach ihren eigenen Worten zu dem
geworden, was sie heute ist, zu einer bewußten
Bekämpferin der Frauenemanzipation in allen ihren
Formen. Sie sagt u. a. von der Arbeit der Recht-
lerinnen: „Es ist manche gute, tüchtige Arbeit geleistet
von ihnen, und an ihrer Rührigkeit können wir uns oft
ein Beispiel nehmen. Aber das Brauchbare ist meines
Erachtens nicht geleistet, weil, sondern obgleichsie
zur Frauenbewegung gehörten.“

Die charitative Arbeit in der Gemeinde er-
fordert
nach Frau v. M. nicht nur die ganze
Kraft,
sondern das ganze Herz. Eine Teilung des
Frauenherzens, halb Nächstenliebe, halb Emanzipationslust
kann der Arbeit nur zum schwersten Schaden gereichen.

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[46/0048] Für die Tatsache, daß die weibliche Mitarbeit in der Gemeinde durch die frauenrechtlerischen Bestrebungen keine Förderung, sondern vielmehr eine empfindliche Schädigung erfährt, dafür haben wir u. a. eine klassische Zeugin in der Person der Frau Baronin v. Meerheimb in Rostock. Diese Dame, die seit langen Jahren ein Altersheim leitet, die einem Gemeinde-, Armen- und Krankenvereine die Kasse führt und seit vielen Jahren angestellte städtische Waisenpflegerin ist, darf sich gewiß ein Urteil über die Frage erlauben, ob die von der Frauenbewegung geforderten Wahlrechte für die Aus- übung der weiblichen Hilfs- und Liebestätigkeit in der Gemeinde notwendig und nützlich sind. Sie ist bei diesen Arbeiten immer wieder mit Einzelpersonen und Vereinigungen der Frauenbewegung zusammengekommen und hat sich mit ihren Bestrebungen auseinandersetzen müssen. Dabei ist sie nach ihren eigenen Worten zu dem geworden, was sie heute ist, zu einer bewußten Bekämpferin der Frauenemanzipation in allen ihren Formen. Sie sagt u. a. von der Arbeit der Recht- lerinnen: „Es ist manche gute, tüchtige Arbeit geleistet von ihnen, und an ihrer Rührigkeit können wir uns oft ein Beispiel nehmen. Aber das Brauchbare ist meines Erachtens nicht geleistet, weil, sondern obgleichsie zur Frauenbewegung gehörten.“ Die charitative Arbeit in der Gemeinde er- fordertnach Frau v. M. nicht nur die ganze Kraft, sondern das ganze Herz. Eine Teilung des Frauenherzens, halb Nächstenliebe, halb Emanzipationslust kann der Arbeit nur zum schwersten Schaden gereichen.

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/48>, abgerufen am 29.03.2024.