Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

Bild:
<< vorherige Seite
2.
Das kirchliche Stimmrecht der Frau..

Die Freunde des Frauenstimmrechts haben es so gar
nicht schwer, zunächst für das kirchliche Stimmrecht der
Frau Propaganda zu machen. Die Frauen - so sagen
sie - sind anerkanntermaßen im ganzen kirchlicher als
die Männer, sie führen ein tieferes religiöses Leben und
sind darum an der Kirche und ihren Einrichtungen, be-
sonders an den Predigerwahlen, stärker interessiert als die
Männer, auch leisten sie sehr schätzenswerte Hilfsdienste
im kirchlichen Leben und vor allem in der inneren Mission.
Daher würde es für die Kirche selbst und das religiöse
Leben in ihr von Vorteil sein, wenn man den Einfluß
der Frauen durch das Wahlrecht verstärkte. - Das klingt
einleuchtend, ist aber trotzdem irrig. - Zunächst steht es
mit der Hilfsbereitschaft der Frauen nicht überall zum
besten. Von seiten der Frauenbewegung kann man oft
die Behauptung hören, daß Scharen dienstbereit stehender
Frauen durch die Pastoren von der kirchlichen Mitarbeit
zurückgewiesen würden, darum müßte die Frauenarbeit
der Gemeinde durch das Stimmrecht organisch eingegliedert
werden. Es dürfte aber keine leichte Aufgabe sein,
solche merkwürdigen Geistlichen ausfindig zu machen. Der
Mangel an geeigneten weiblichen Hilfskräften hat sogar
zu einer großen Anspruchslosigkeit der Geistlichen betreffs
der Eignung geführt, wodurch die Arbeit selbst eine
Schädigung erfährt. Dienen, sich fügen und unterordnen,
das liegt dem modernen gebildeten Mädchen nicht sehr;
die Rechte erscheinen ihm meist erstrebenswerter als die
Pflichten.

2.
Das kirchliche Stimmrecht der Frau..

Die Freunde des Frauenstimmrechts haben es so gar
nicht schwer, zunächst für das kirchliche Stimmrecht der
Frau Propaganda zu machen. Die Frauen – so sagen
sie – sind anerkanntermaßen im ganzen kirchlicher als
die Männer, sie führen ein tieferes religiöses Leben und
sind darum an der Kirche und ihren Einrichtungen, be-
sonders an den Predigerwahlen, stärker interessiert als die
Männer, auch leisten sie sehr schätzenswerte Hilfsdienste
im kirchlichen Leben und vor allem in der inneren Mission.
Daher würde es für die Kirche selbst und das religiöse
Leben in ihr von Vorteil sein, wenn man den Einfluß
der Frauen durch das Wahlrecht verstärkte. – Das klingt
einleuchtend, ist aber trotzdem irrig. – Zunächst steht es
mit der Hilfsbereitschaft der Frauen nicht überall zum
besten. Von seiten der Frauenbewegung kann man oft
die Behauptung hören, daß Scharen dienstbereit stehender
Frauen durch die Pastoren von der kirchlichen Mitarbeit
zurückgewiesen würden, darum müßte die Frauenarbeit
der Gemeinde durch das Stimmrecht organisch eingegliedert
werden. Es dürfte aber keine leichte Aufgabe sein,
solche merkwürdigen Geistlichen ausfindig zu machen. Der
Mangel an geeigneten weiblichen Hilfskräften hat sogar
zu einer großen Anspruchslosigkeit der Geistlichen betreffs
der Eignung geführt, wodurch die Arbeit selbst eine
Schädigung erfährt. Dienen, sich fügen und unterordnen,
das liegt dem modernen gebildeten Mädchen nicht sehr;
die Rechte erscheinen ihm meist erstrebenswerter als die
Pflichten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0030" n="28"/>
          <div n="3">
            <head>2.<lb/><hi rendition="#g">Das kirchliche Stimmrecht der Frau.</hi>.</head><lb/>
            <p>Die Freunde des Frauenstimmrechts haben es so gar<lb/>
nicht schwer, zunächst für das kirchliche Stimmrecht der<lb/>
Frau Propaganda zu machen. Die Frauen &#x2013; so sagen<lb/>
sie &#x2013; sind anerkanntermaßen im ganzen kirchlicher als<lb/>
die Männer, sie führen ein tieferes religiöses Leben und<lb/>
sind darum an der Kirche und ihren Einrichtungen, be-<lb/>
sonders an den Predigerwahlen, stärker interessiert als die<lb/>
Männer, auch leisten sie sehr schätzenswerte Hilfsdienste<lb/>
im kirchlichen Leben und vor allem in der inneren Mission.<lb/>
Daher würde es für die Kirche selbst und das religiöse<lb/>
Leben in ihr von Vorteil sein, wenn man den Einfluß<lb/>
der Frauen durch das Wahlrecht verstärkte. &#x2013; Das klingt<lb/>
einleuchtend, ist aber trotzdem irrig. &#x2013; Zunächst steht es<lb/>
mit der Hilfsbereitschaft der Frauen nicht überall zum<lb/>
besten. Von seiten der Frauenbewegung kann man oft<lb/>
die Behauptung hören, daß Scharen dienstbereit stehender<lb/>
Frauen durch die Pastoren von der kirchlichen Mitarbeit<lb/>
zurückgewiesen würden, darum müßte die Frauenarbeit<lb/>
der Gemeinde durch das Stimmrecht organisch eingegliedert<lb/>
werden. Es dürfte aber keine leichte Aufgabe sein,<lb/>
solche merkwürdigen Geistlichen ausfindig zu machen. Der<lb/>
Mangel an geeigneten weiblichen Hilfskräften hat sogar<lb/>
zu einer großen Anspruchslosigkeit der Geistlichen betreffs<lb/>
der Eignung geführt, wodurch die Arbeit selbst eine<lb/>
Schädigung erfährt. Dienen, sich fügen und unterordnen,<lb/>
das liegt dem modernen gebildeten Mädchen nicht sehr;<lb/>
die Rechte erscheinen ihm meist erstrebenswerter als die<lb/>
Pflichten.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0030] 2. Das kirchliche Stimmrecht der Frau.. Die Freunde des Frauenstimmrechts haben es so gar nicht schwer, zunächst für das kirchliche Stimmrecht der Frau Propaganda zu machen. Die Frauen – so sagen sie – sind anerkanntermaßen im ganzen kirchlicher als die Männer, sie führen ein tieferes religiöses Leben und sind darum an der Kirche und ihren Einrichtungen, be- sonders an den Predigerwahlen, stärker interessiert als die Männer, auch leisten sie sehr schätzenswerte Hilfsdienste im kirchlichen Leben und vor allem in der inneren Mission. Daher würde es für die Kirche selbst und das religiöse Leben in ihr von Vorteil sein, wenn man den Einfluß der Frauen durch das Wahlrecht verstärkte. – Das klingt einleuchtend, ist aber trotzdem irrig. – Zunächst steht es mit der Hilfsbereitschaft der Frauen nicht überall zum besten. Von seiten der Frauenbewegung kann man oft die Behauptung hören, daß Scharen dienstbereit stehender Frauen durch die Pastoren von der kirchlichen Mitarbeit zurückgewiesen würden, darum müßte die Frauenarbeit der Gemeinde durch das Stimmrecht organisch eingegliedert werden. Es dürfte aber keine leichte Aufgabe sein, solche merkwürdigen Geistlichen ausfindig zu machen. Der Mangel an geeigneten weiblichen Hilfskräften hat sogar zu einer großen Anspruchslosigkeit der Geistlichen betreffs der Eignung geführt, wodurch die Arbeit selbst eine Schädigung erfährt. Dienen, sich fügen und unterordnen, das liegt dem modernen gebildeten Mädchen nicht sehr; die Rechte erscheinen ihm meist erstrebenswerter als die Pflichten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-13T13:51:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-13T13:51:38Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/30
Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/30>, abgerufen am 28.03.2024.