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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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27. Juni 1913 in Melbourne in ihrem Vereinslokal,
daß ihnen die politische Agitation aufgezwungen wurde,
daß sie den Kampf nur notgedrungen und widerwillig
führen, daß er aber unter den gegebenen Verhältnissen
unausweichlich sei. Sie rühmten sich, daß sie die Wahl
meiner verehrten Freundin Miß Vida Goldstein ver-
eitelt hätten, die bereits die ungeheure Zahl von 10 000
von 26 000 Stimmen auf sich vereinigte, daß sie diese
berühmte Stimmrechts-Vorkämpferin, die auch Mitglied
der "International Woman Suffrage Alliance" ist,
daran verhinderten, die erste Parlamentarierin Australiens
zu werden. Jch war damals so hingerissen von der
interessanten Persönlichkeit dieser Politikerin, der ich näher-
treten durfte und die ich für die hervorragendste Frau
halte, die ich kenne, daß mich dies persönlich arg verdroß,
aber trotzdem will ich in meinen Schilderungen Aus-
traliens dem Standpunkt ihrer Gegnerinnen Raum
geben. Diese 40 000 oder 60 000 Frauen, die jede
Politik hassen und das Frauenstimmrecht abschaffen
möchten, wählen natürlich, so lange es besteht, so zahl-
reich als möglich, ja es ist der Zweck ihrer Liga, die
Frauen zur Urne zu treiben. Die starke Beteiligung an
der Wahl ist daher durchaus kein Beweis für die all-
gemeine Wertung der Stimmberechtigung."

Die australische Entwicklung ist also - gewiß die
Höhe des Fortschritts - bereits soweit fortgeschritten,
daß die verständigen Frauen alles daran setzen, das
Danaergeschenk, das man ihnen mit dem Frauenstimm-
recht gemacht hat, wieder loszuwerden. Finnland und
Norwegen werden hoffentlich auf dieser Bahn bald folgen.

27. Juni 1913 in Melbourne in ihrem Vereinslokal,
daß ihnen die politische Agitation aufgezwungen wurde,
daß sie den Kampf nur notgedrungen und widerwillig
führen, daß er aber unter den gegebenen Verhältnissen
unausweichlich sei. Sie rühmten sich, daß sie die Wahl
meiner verehrten Freundin Miß Vida Goldstein ver-
eitelt hätten, die bereits die ungeheure Zahl von 10 000
von 26 000 Stimmen auf sich vereinigte, daß sie diese
berühmte Stimmrechts-Vorkämpferin, die auch Mitglied
der „International Woman Suffrage Alliance“ ist,
daran verhinderten, die erste Parlamentarierin Australiens
zu werden. Jch war damals so hingerissen von der
interessanten Persönlichkeit dieser Politikerin, der ich näher-
treten durfte und die ich für die hervorragendste Frau
halte, die ich kenne, daß mich dies persönlich arg verdroß,
aber trotzdem will ich in meinen Schilderungen Aus-
traliens dem Standpunkt ihrer Gegnerinnen Raum
geben. Diese 40 000 oder 60 000 Frauen, die jede
Politik hassen und das Frauenstimmrecht abschaffen
möchten, wählen natürlich, so lange es besteht, so zahl-
reich als möglich, ja es ist der Zweck ihrer Liga, die
Frauen zur Urne zu treiben. Die starke Beteiligung an
der Wahl ist daher durchaus kein Beweis für die all-
gemeine Wertung der Stimmberechtigung.“

Die australische Entwicklung ist also – gewiß die
Höhe des Fortschritts – bereits soweit fortgeschritten,
daß die verständigen Frauen alles daran setzen, das
Danaergeschenk, das man ihnen mit dem Frauenstimm-
recht gemacht hat, wieder loszuwerden. Finnland und
Norwegen werden hoffentlich auf dieser Bahn bald folgen.

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[25/0027] 27. Juni 1913 in Melbourne in ihrem Vereinslokal, daß ihnen die politische Agitation aufgezwungen wurde, daß sie den Kampf nur notgedrungen und widerwillig führen, daß er aber unter den gegebenen Verhältnissen unausweichlich sei. Sie rühmten sich, daß sie die Wahl meiner verehrten Freundin Miß Vida Goldstein ver- eitelt hätten, die bereits die ungeheure Zahl von 10 000 von 26 000 Stimmen auf sich vereinigte, daß sie diese berühmte Stimmrechts-Vorkämpferin, die auch Mitglied der „International Woman Suffrage Alliance“ ist, daran verhinderten, die erste Parlamentarierin Australiens zu werden. Jch war damals so hingerissen von der interessanten Persönlichkeit dieser Politikerin, der ich näher- treten durfte und die ich für die hervorragendste Frau halte, die ich kenne, daß mich dies persönlich arg verdroß, aber trotzdem will ich in meinen Schilderungen Aus- traliens dem Standpunkt ihrer Gegnerinnen Raum geben. Diese 40 000 oder 60 000 Frauen, die jede Politik hassen und das Frauenstimmrecht abschaffen möchten, wählen natürlich, so lange es besteht, so zahl- reich als möglich, ja es ist der Zweck ihrer Liga, die Frauen zur Urne zu treiben. Die starke Beteiligung an der Wahl ist daher durchaus kein Beweis für die all- gemeine Wertung der Stimmberechtigung.“ Die australische Entwicklung ist also – gewiß die Höhe des Fortschritts – bereits soweit fortgeschritten, daß die verständigen Frauen alles daran setzen, das Danaergeschenk, das man ihnen mit dem Frauenstimm- recht gemacht hat, wieder loszuwerden. Finnland und Norwegen werden hoffentlich auf dieser Bahn bald folgen.

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/27>, abgerufen am 24.04.2024.