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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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der Frauen gemacht hat und zur Zeit sich bemüht, mög-
lichst alle bestehenden Frauenvereinigungen bis zu den
Hausfrauenvereinen in sich zusammenzufassen und mit dem
Frauenstimmrechtsgedanken zu durchsetzen. Die wichtigste
und zuverlässigste Truppe im Bundesheer sind die Lehre-
rinnenvereine, die noch die besondere Gelegenheit haben,
in Schule und Jugendpflege die Saat des Emanzipations-
gedankens auf den fruchtbaren Boden jugendlicher unreifer
Geister auszustreuen. Der moderne Zeitgeist, der sehr
geneigt ist, alles Neue und Gewagte ohne weitere Unter-
suchung auf seine sittlichen Qualitäten als das schlechthin
Fortschrittliche aufzunehmen und zu bejubeln, und der
keinen anderen Vorwurf fürchtet als den der Rückständig-
keit, kommt dem Emanzipationsgedanken freudig entgegen.

Nachdem der Bund deutscher Frauenvereine durch
den Mund seiner Führerinnen - die Gefolgschaft ist
heute noch sehr unentschieden - sich zur Politisierung
der Frau, d. h. zum Frauenstimmrecht bekannte, hat nun-
mehr auch der Jnternationale Frauenweltbund, dessen
Vorsitzende Lady Aberdeen ist, und der sich bisher noch
als unpolitisch gebärdete, den entscheidenden Schritt getan
und unter Zustimmung des Bundes deutscher Frauen-
vereine gelegentlich des Frauenkongresses in Rom offen die
Frauenstimmrechtsforderung ausgesprochen. Unter solchen
Umständen ist es hochbedenklich, daß nicht nur die Königinnen
Margarita und Helena, sondern auch der deutsche Bot-
schafter in Rom die Stimmrechtsdamen bei sich empfingen.
Für die englischen Zustände ist es besonders bezeichnend,
daß die englische Königin die Protektorin der englischen
Abteilung des Jnternationalen Weltfrauenbundes ist, also

der Frauen gemacht hat und zur Zeit sich bemüht, mög-
lichst alle bestehenden Frauenvereinigungen bis zu den
Hausfrauenvereinen in sich zusammenzufassen und mit dem
Frauenstimmrechtsgedanken zu durchsetzen. Die wichtigste
und zuverlässigste Truppe im Bundesheer sind die Lehre-
rinnenvereine, die noch die besondere Gelegenheit haben,
in Schule und Jugendpflege die Saat des Emanzipations-
gedankens auf den fruchtbaren Boden jugendlicher unreifer
Geister auszustreuen. Der moderne Zeitgeist, der sehr
geneigt ist, alles Neue und Gewagte ohne weitere Unter-
suchung auf seine sittlichen Qualitäten als das schlechthin
Fortschrittliche aufzunehmen und zu bejubeln, und der
keinen anderen Vorwurf fürchtet als den der Rückständig-
keit, kommt dem Emanzipationsgedanken freudig entgegen.

Nachdem der Bund deutscher Frauenvereine durch
den Mund seiner Führerinnen – die Gefolgschaft ist
heute noch sehr unentschieden – sich zur Politisierung
der Frau, d. h. zum Frauenstimmrecht bekannte, hat nun-
mehr auch der Jnternationale Frauenweltbund, dessen
Vorsitzende Lady Aberdeen ist, und der sich bisher noch
als unpolitisch gebärdete, den entscheidenden Schritt getan
und unter Zustimmung des Bundes deutscher Frauen-
vereine gelegentlich des Frauenkongresses in Rom offen die
Frauenstimmrechtsforderung ausgesprochen. Unter solchen
Umständen ist es hochbedenklich, daß nicht nur die Königinnen
Margarita und Helena, sondern auch der deutsche Bot-
schafter in Rom die Stimmrechtsdamen bei sich empfingen.
Für die englischen Zustände ist es besonders bezeichnend,
daß die englische Königin die Protektorin der englischen
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[9/0011] der Frauen gemacht hat und zur Zeit sich bemüht, mög- lichst alle bestehenden Frauenvereinigungen bis zu den Hausfrauenvereinen in sich zusammenzufassen und mit dem Frauenstimmrechtsgedanken zu durchsetzen. Die wichtigste und zuverlässigste Truppe im Bundesheer sind die Lehre- rinnenvereine, die noch die besondere Gelegenheit haben, in Schule und Jugendpflege die Saat des Emanzipations- gedankens auf den fruchtbaren Boden jugendlicher unreifer Geister auszustreuen. Der moderne Zeitgeist, der sehr geneigt ist, alles Neue und Gewagte ohne weitere Unter- suchung auf seine sittlichen Qualitäten als das schlechthin Fortschrittliche aufzunehmen und zu bejubeln, und der keinen anderen Vorwurf fürchtet als den der Rückständig- keit, kommt dem Emanzipationsgedanken freudig entgegen. Nachdem der Bund deutscher Frauenvereine durch den Mund seiner Führerinnen – die Gefolgschaft ist heute noch sehr unentschieden – sich zur Politisierung der Frau, d. h. zum Frauenstimmrecht bekannte, hat nun- mehr auch der Jnternationale Frauenweltbund, dessen Vorsitzende Lady Aberdeen ist, und der sich bisher noch als unpolitisch gebärdete, den entscheidenden Schritt getan und unter Zustimmung des Bundes deutscher Frauen- vereine gelegentlich des Frauenkongresses in Rom offen die Frauenstimmrechtsforderung ausgesprochen. Unter solchen Umständen ist es hochbedenklich, daß nicht nur die Königinnen Margarita und Helena, sondern auch der deutsche Bot- schafter in Rom die Stimmrechtsdamen bei sich empfingen. Für die englischen Zustände ist es besonders bezeichnend, daß die englische Königin die Protektorin der englischen Abteilung des Jnternationalen Weltfrauenbundes ist, also

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/11>, abgerufen am 29.03.2024.