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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Eintheilungen.
nicht nur solche allgemeinsten Eintheilungen eines
Dinges überhaupt in allen Absichten vorkommen,
sondern die Glieder jeder Eintheilung mit den Glie-
dern der übrigen so combinirt und verglichen werden,
daß man daraus überhaupt, und ein für allemal be-
stimme, welche beysammen seyn können, oder einan-
der ausschließen. Denn so weis man in jeden einzelnen
Fällen gleich, wiefern man aus einer einigen solcher
Bestimmungen einen Schluß auf die übrigen machen
könne. Eine vollständige Abzählung aller Absichten,
in welchen eine Eintheilung vorgenommen werden
kann, würde auch dabey vorkommen müssen. Denn
diese sind eben das, was man bey dem Begriffe einer
Gattung unbestimmt läßt, und theils auch Kürze hal-
ber davon abstrahirt. Wir können hiebey gelegentlich
anmerken, daß man in der Mathematik ganz anders
verfährt, weil darinn die allgemeinsten Begriffe und
Sätze am allerzusammengesetztesten sind. Man läßt
alle Umstände und Größen unbestimmt, aber man
abstrahirt nicht davon, sondern zieht sie mit in die
Rechnung, und dadurch werden die allgemeinen For-
meln so weitläuftig. Hingegen dient dieses Verfah-
ren dazu, daß man nicht nur jede besondere Fälle
und Arten leichter bestimmen, sondern sich auch ver-
sichern kann, daß man alle habe. Man kann die
allgemeinen Gleichungen der Linien vom dritten Grade
zum Beyspiel nehmen, welche sich für viele einzelne
Fälle ungemein abkürzt. Diesen Vortheil würde man
bey den Qualitäten gleichfalls erhalten, wenn man
ein Mittel hätte, in den allgemeinen Begriffen der
Gattungen die Begriffe der Absichten, in welche sie
sich eintheilen lassen, und gleichsam einen Schattenriß
der Glieder jeder Eintheilung beyzubehalten. Allein
bisher lassen wir das unbestimmte in den Begriffen

ganz
E 3

von den Eintheilungen.
nicht nur ſolche allgemeinſten Eintheilungen eines
Dinges uͤberhaupt in allen Abſichten vorkommen,
ſondern die Glieder jeder Eintheilung mit den Glie-
dern der uͤbrigen ſo combinirt und verglichen werden,
daß man daraus uͤberhaupt, und ein fuͤr allemal be-
ſtimme, welche beyſammen ſeyn koͤnnen, oder einan-
der ausſchließen. Denn ſo weis man in jeden einzelnen
Faͤllen gleich, wiefern man aus einer einigen ſolcher
Beſtimmungen einen Schluß auf die uͤbrigen machen
koͤnne. Eine vollſtaͤndige Abzaͤhlung aller Abſichten,
in welchen eine Eintheilung vorgenommen werden
kann, wuͤrde auch dabey vorkommen muͤſſen. Denn
dieſe ſind eben das, was man bey dem Begriffe einer
Gattung unbeſtimmt laͤßt, und theils auch Kuͤrze hal-
ber davon abſtrahirt. Wir koͤnnen hiebey gelegentlich
anmerken, daß man in der Mathematik ganz anders
verfaͤhrt, weil darinn die allgemeinſten Begriffe und
Saͤtze am allerzuſammengeſetzteſten ſind. Man laͤßt
alle Umſtaͤnde und Groͤßen unbeſtimmt, aber man
abſtrahirt nicht davon, ſondern zieht ſie mit in die
Rechnung, und dadurch werden die allgemeinen For-
meln ſo weitlaͤuftig. Hingegen dient dieſes Verfah-
ren dazu, daß man nicht nur jede beſondere Faͤlle
und Arten leichter beſtimmen, ſondern ſich auch ver-
ſichern kann, daß man alle habe. Man kann die
allgemeinen Gleichungen der Linien vom dritten Grade
zum Beyſpiel nehmen, welche ſich fuͤr viele einzelne
Faͤlle ungemein abkuͤrzt. Dieſen Vortheil wuͤrde man
bey den Qualitaͤten gleichfalls erhalten, wenn man
ein Mittel haͤtte, in den allgemeinen Begriffen der
Gattungen die Begriffe der Abſichten, in welche ſie
ſich eintheilen laſſen, und gleichſam einen Schattenriß
der Glieder jeder Eintheilung beyzubehalten. Allein
bisher laſſen wir das unbeſtimmte in den Begriffen

ganz
E 3
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[69/0091] von den Eintheilungen. nicht nur ſolche allgemeinſten Eintheilungen eines Dinges uͤberhaupt in allen Abſichten vorkommen, ſondern die Glieder jeder Eintheilung mit den Glie- dern der uͤbrigen ſo combinirt und verglichen werden, daß man daraus uͤberhaupt, und ein fuͤr allemal be- ſtimme, welche beyſammen ſeyn koͤnnen, oder einan- der ausſchließen. Denn ſo weis man in jeden einzelnen Faͤllen gleich, wiefern man aus einer einigen ſolcher Beſtimmungen einen Schluß auf die uͤbrigen machen koͤnne. Eine vollſtaͤndige Abzaͤhlung aller Abſichten, in welchen eine Eintheilung vorgenommen werden kann, wuͤrde auch dabey vorkommen muͤſſen. Denn dieſe ſind eben das, was man bey dem Begriffe einer Gattung unbeſtimmt laͤßt, und theils auch Kuͤrze hal- ber davon abſtrahirt. Wir koͤnnen hiebey gelegentlich anmerken, daß man in der Mathematik ganz anders verfaͤhrt, weil darinn die allgemeinſten Begriffe und Saͤtze am allerzuſammengeſetzteſten ſind. Man laͤßt alle Umſtaͤnde und Groͤßen unbeſtimmt, aber man abſtrahirt nicht davon, ſondern zieht ſie mit in die Rechnung, und dadurch werden die allgemeinen For- meln ſo weitlaͤuftig. Hingegen dient dieſes Verfah- ren dazu, daß man nicht nur jede beſondere Faͤlle und Arten leichter beſtimmen, ſondern ſich auch ver- ſichern kann, daß man alle habe. Man kann die allgemeinen Gleichungen der Linien vom dritten Grade zum Beyſpiel nehmen, welche ſich fuͤr viele einzelne Faͤlle ungemein abkuͤrzt. Dieſen Vortheil wuͤrde man bey den Qualitaͤten gleichfalls erhalten, wenn man ein Mittel haͤtte, in den allgemeinen Begriffen der Gattungen die Begriffe der Abſichten, in welche ſie ſich eintheilen laſſen, und gleichſam einen Schattenriß der Glieder jeder Eintheilung beyzubehalten. Allein bisher laſſen wir das unbeſtimmte in den Begriffen ganz E 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/91>, abgerufen am 20.04.2024.