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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Eintheilungen.
§. 106.

Der dritte Fall ist, wo die Eintheilung in der
Natur selbst da ist. Denn da wird ihre Abzählung
durch ein sorgfältiges Beobachten endlich zu Stande
gebracht, und dieses ist um desto leichter, weil die
Natur ihre Arten nach beständigen Gesetzen erhält
und unterscheidet. Uebrigens bleibt hiebey fast immer
der Anstand, ob man alle Arten gefunden. So hat
man in dem Thierreiche, in dem Pflanzen- und Stein-
reiche in den neuern Zeiten durch ämsigeres Aufsuchen
das Verzeichniß der Arten weit vollständiger gemacht,
und mehrere gefunden, als man Vorzeiten hätte glau-
ben können. Es bleiben aber allerdings noch einige
zurück.

§. 107.

Der vierte Fall kömmt immer vor, wo man das
Ganze übersehen, und seine Theile jedes besonders
erkennen kann. Hieher gehören die geographischen
Eintheilungen der Länder in verschiedenen Absichten,
die anatomische Zergliederung des menschlichen Leibes,
die Abzählung der Theile jeder Maschine etc. Man
sieht aber leicht, daß die Art der Eintheilungen von den
bisher betrachteten verschieden ist, weil die Theile hier
bald nichts gemeinsames haben, als daß sie zusammen
genommen ein Ganzes ausmachen, und das Ganze
nur Verhältnißweise in den Theilen ist, und jeder
Theil ohne Rücksicht auf das Ganze bestehen kann.

§. 108.

Unter diesen Fällen geben die beyden ersten noth-
wendig richtige und erwiesene Eintheilungen. Denn
bey den Graden ist der Umfang des Begriffes be-
stimmt, und der Unterschied der Arten beruht nur
auf den Graden, die man nach den vorgegebenen Ab-
sichten auswählen kann, um die Arten von einander

zu
E 2
von den Eintheilungen.
§. 106.

Der dritte Fall iſt, wo die Eintheilung in der
Natur ſelbſt da iſt. Denn da wird ihre Abzaͤhlung
durch ein ſorgfaͤltiges Beobachten endlich zu Stande
gebracht, und dieſes iſt um deſto leichter, weil die
Natur ihre Arten nach beſtaͤndigen Geſetzen erhaͤlt
und unterſcheidet. Uebrigens bleibt hiebey faſt immer
der Anſtand, ob man alle Arten gefunden. So hat
man in dem Thierreiche, in dem Pflanzen- und Stein-
reiche in den neuern Zeiten durch aͤmſigeres Aufſuchen
das Verzeichniß der Arten weit vollſtaͤndiger gemacht,
und mehrere gefunden, als man Vorzeiten haͤtte glau-
ben koͤnnen. Es bleiben aber allerdings noch einige
zuruͤck.

§. 107.

Der vierte Fall koͤmmt immer vor, wo man das
Ganze uͤberſehen, und ſeine Theile jedes beſonders
erkennen kann. Hieher gehoͤren die geographiſchen
Eintheilungen der Laͤnder in verſchiedenen Abſichten,
die anatomiſche Zergliederung des menſchlichen Leibes,
die Abzaͤhlung der Theile jeder Maſchine ꝛc. Man
ſieht aber leicht, daß die Art der Eintheilungen von den
bisher betrachteten verſchieden iſt, weil die Theile hier
bald nichts gemeinſames haben, als daß ſie zuſammen
genommen ein Ganzes ausmachen, und das Ganze
nur Verhaͤltnißweiſe in den Theilen iſt, und jeder
Theil ohne Ruͤckſicht auf das Ganze beſtehen kann.

§. 108.

Unter dieſen Faͤllen geben die beyden erſten noth-
wendig richtige und erwieſene Eintheilungen. Denn
bey den Graden iſt der Umfang des Begriffes be-
ſtimmt, und der Unterſchied der Arten beruht nur
auf den Graden, die man nach den vorgegebenen Ab-
ſichten auswaͤhlen kann, um die Arten von einander

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[67/0089] von den Eintheilungen. §. 106. Der dritte Fall iſt, wo die Eintheilung in der Natur ſelbſt da iſt. Denn da wird ihre Abzaͤhlung durch ein ſorgfaͤltiges Beobachten endlich zu Stande gebracht, und dieſes iſt um deſto leichter, weil die Natur ihre Arten nach beſtaͤndigen Geſetzen erhaͤlt und unterſcheidet. Uebrigens bleibt hiebey faſt immer der Anſtand, ob man alle Arten gefunden. So hat man in dem Thierreiche, in dem Pflanzen- und Stein- reiche in den neuern Zeiten durch aͤmſigeres Aufſuchen das Verzeichniß der Arten weit vollſtaͤndiger gemacht, und mehrere gefunden, als man Vorzeiten haͤtte glau- ben koͤnnen. Es bleiben aber allerdings noch einige zuruͤck. §. 107. Der vierte Fall koͤmmt immer vor, wo man das Ganze uͤberſehen, und ſeine Theile jedes beſonders erkennen kann. Hieher gehoͤren die geographiſchen Eintheilungen der Laͤnder in verſchiedenen Abſichten, die anatomiſche Zergliederung des menſchlichen Leibes, die Abzaͤhlung der Theile jeder Maſchine ꝛc. Man ſieht aber leicht, daß die Art der Eintheilungen von den bisher betrachteten verſchieden iſt, weil die Theile hier bald nichts gemeinſames haben, als daß ſie zuſammen genommen ein Ganzes ausmachen, und das Ganze nur Verhaͤltnißweiſe in den Theilen iſt, und jeder Theil ohne Ruͤckſicht auf das Ganze beſtehen kann. §. 108. Unter dieſen Faͤllen geben die beyden erſten noth- wendig richtige und erwieſene Eintheilungen. Denn bey den Graden iſt der Umfang des Begriffes be- ſtimmt, und der Unterſchied der Arten beruht nur auf den Graden, die man nach den vorgegebenen Ab- ſichten auswaͤhlen kann, um die Arten von einander zu E 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/89>, abgerufen am 29.03.2024.