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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Aufgaben.
sieht demnach, daß man im Abstrahiren allgemeiner
Sätze aus specialern, desto leichter fortkömmt, je besser
man die eigenen Merkmaale der Begriffe des specia-
lern Satzes kennt. Man kann nämlich dadurch
den specialen Satz von allen Nebenumständen frey
machen, und ihn auf das Wesentliche bringen, und
sodann läßt sich sehen, ob die Aussage des Satzes
unter die eigenen Merkmaale seiner Begriffe gehöre,
oder sich auf ihre höhere Gattung erstrecke? Jm
ersten Fall läßt sich von dem Subject keine Bestim-
mung mehr wegnehmen, daher ist der Satz identisch.
Jm andern Fall aber kann er allgemeiner gemacht
werden, weil der Grund seiner Wahrheit nicht in den
eigenen Merkmaalen des Subjectes, sondern in dem
Begriffe seiner Gattung liegt. Man kann hiebey
noch anmerken, daß in der Mathesi adplicata die
algebraischen Formeln solche abstrahirte Sätze sind,
oder daß die Reduction jeder Aufgaben auf pur logi-
sche (§. 444 seqq.) ebenfalls durch eine solche Ab-
straction geschehe.

§. 508.

Das Abstrahiren allgemeiner Sätze ist von dem
Abstrahiren einzelener Begriffe, (18.) in mehrern Ab-
sichten verschieden. Letzteres besteht nur darinn, daß
man aus einem Begriff eines oder mehrere seiner
Merkmaale herausnehme, und sie besonders als Be-
griffe ansehe. Dieses kann nun nach allen mögli-
chen Combinationen seiner Merkmaale geschehen, so
fern diese nicht schon in einander enthalten sind. (§. 43,
44.) Bey dem Abstrahiren der Sätze kömmt dieses
zwar auch vor, und man thut es so wohl bey dem
Subject als bey dem Prädicat, hingegen muß man
überdies noch ausmachen, ob, wiefern, oder unter
welchen Bedingungen die abstrahirten Merkmaale

des
X 2

von den Aufgaben.
ſieht demnach, daß man im Abſtrahiren allgemeiner
Saͤtze aus ſpecialern, deſto leichter fortkoͤmmt, je beſſer
man die eigenen Merkmaale der Begriffe des ſpecia-
lern Satzes kennt. Man kann naͤmlich dadurch
den ſpecialen Satz von allen Nebenumſtaͤnden frey
machen, und ihn auf das Weſentliche bringen, und
ſodann laͤßt ſich ſehen, ob die Ausſage des Satzes
unter die eigenen Merkmaale ſeiner Begriffe gehoͤre,
oder ſich auf ihre hoͤhere Gattung erſtrecke? Jm
erſten Fall laͤßt ſich von dem Subject keine Beſtim-
mung mehr wegnehmen, daher iſt der Satz identiſch.
Jm andern Fall aber kann er allgemeiner gemacht
werden, weil der Grund ſeiner Wahrheit nicht in den
eigenen Merkmaalen des Subjectes, ſondern in dem
Begriffe ſeiner Gattung liegt. Man kann hiebey
noch anmerken, daß in der Matheſi adplicata die
algebraiſchen Formeln ſolche abſtrahirte Saͤtze ſind,
oder daß die Reduction jeder Aufgaben auf pur logi-
ſche (§. 444 ſeqq.) ebenfalls durch eine ſolche Ab-
ſtraction geſchehe.

§. 508.

Das Abſtrahiren allgemeiner Saͤtze iſt von dem
Abſtrahiren einzelener Begriffe, (18.) in mehrern Ab-
ſichten verſchieden. Letzteres beſteht nur darinn, daß
man aus einem Begriff eines oder mehrere ſeiner
Merkmaale herausnehme, und ſie beſonders als Be-
griffe anſehe. Dieſes kann nun nach allen moͤgli-
chen Combinationen ſeiner Merkmaale geſchehen, ſo
fern dieſe nicht ſchon in einander enthalten ſind. (§. 43,
44.) Bey dem Abſtrahiren der Saͤtze koͤmmt dieſes
zwar auch vor, und man thut es ſo wohl bey dem
Subject als bey dem Praͤdicat, hingegen muß man
uͤberdies noch ausmachen, ob, wiefern, oder unter
welchen Bedingungen die abſtrahirten Merkmaale

des
X 2
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[323/0345] von den Aufgaben. ſieht demnach, daß man im Abſtrahiren allgemeiner Saͤtze aus ſpecialern, deſto leichter fortkoͤmmt, je beſſer man die eigenen Merkmaale der Begriffe des ſpecia- lern Satzes kennt. Man kann naͤmlich dadurch den ſpecialen Satz von allen Nebenumſtaͤnden frey machen, und ihn auf das Weſentliche bringen, und ſodann laͤßt ſich ſehen, ob die Ausſage des Satzes unter die eigenen Merkmaale ſeiner Begriffe gehoͤre, oder ſich auf ihre hoͤhere Gattung erſtrecke? Jm erſten Fall laͤßt ſich von dem Subject keine Beſtim- mung mehr wegnehmen, daher iſt der Satz identiſch. Jm andern Fall aber kann er allgemeiner gemacht werden, weil der Grund ſeiner Wahrheit nicht in den eigenen Merkmaalen des Subjectes, ſondern in dem Begriffe ſeiner Gattung liegt. Man kann hiebey noch anmerken, daß in der Matheſi adplicata die algebraiſchen Formeln ſolche abſtrahirte Saͤtze ſind, oder daß die Reduction jeder Aufgaben auf pur logi- ſche (§. 444 ſeqq.) ebenfalls durch eine ſolche Ab- ſtraction geſchehe. §. 508. Das Abſtrahiren allgemeiner Saͤtze iſt von dem Abſtrahiren einzelener Begriffe, (18.) in mehrern Ab- ſichten verſchieden. Letzteres beſteht nur darinn, daß man aus einem Begriff eines oder mehrere ſeiner Merkmaale herausnehme, und ſie beſonders als Be- griffe anſehe. Dieſes kann nun nach allen moͤgli- chen Combinationen ſeiner Merkmaale geſchehen, ſo fern dieſe nicht ſchon in einander enthalten ſind. (§. 43, 44.) Bey dem Abſtrahiren der Saͤtze koͤmmt dieſes zwar auch vor, und man thut es ſo wohl bey dem Subject als bey dem Praͤdicat, hingegen muß man uͤberdies noch ausmachen, ob, wiefern, oder unter welchen Bedingungen die abſtrahirten Merkmaale des X 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/345>, abgerufen am 18.04.2024.