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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Aufgaben.
alles dieses sich auch auf den Zusammenhang theore-
tischer Fragen erstreckt, deren Beantwortung und
Auflösung in einer schicklichen und richtigen Verbin-
dung von Lehrsätzen besteht, die schlechthin theoretisch
sind, (§. 158, 161.) ferner kann man alles hieher
rechnen, was wir im ersten Hauptstücke (§. 26--78)
von Erfindung und Bestimmung der Begriffe gesagt
haben, weil bey der Auflösung theoretischer Fragen
fast immer Begriffe zu bestimmen, zusammen zu setzen,
und in andre zu verwandeln vorkommen, zumal wenn
die Frage selbst schon dieses fordert oder vorgiebt.

§. 444.

Die hier angezognen §. §. enthalten demnach
schon eine gute Menge von Fällen, bey welchen man
sich Fragen vorlegen kann, und zwar besonders dieje-
nigen, wobey die Frage durch logische Wörter
ausgedrückt wird, und der Weg, den man in
Auflösung der Frage zu nehmen hat, sich durch
die bloße Form unsrer Erkenntniß, wo nicht
durchaus bestimmen, doch wenigstens über-
haupt anzeigen läßt.
Die Wissenschaften über-
haupt sind eigentlich nur eine angewandte Ver-
nunftlehre,
eben so, wie es eine angewandte Ma-
thematik
giebt. Man sollte daher allerdings jede
Aufgabe in den Wissenschaften auf bloß logi-
sche Aufgaben reduciren können.
Wir haben
aber noch wenige Beyspiele davon. Jndessen zeigt
doch das oben, (§. 100.) aus der Wolfischen Meta-
physik angeführte, daß die Sache angeht, wenn man
sich die vorgesetzte Aufgabe, und darinn sowohl die
Data als das Quaesitum auf logische Begriffe zu
bringen bemüht. Dieses muß aber immer aus der
Sache selbst gefunden werden, wie man ebenfalls nicht
jeden geometrischen Satz in der angewandten Mathe-

matik

von den Aufgaben.
alles dieſes ſich auch auf den Zuſammenhang theore-
tiſcher Fragen erſtreckt, deren Beantwortung und
Aufloͤſung in einer ſchicklichen und richtigen Verbin-
dung von Lehrſaͤtzen beſteht, die ſchlechthin theoretiſch
ſind, (§. 158, 161.) ferner kann man alles hieher
rechnen, was wir im erſten Hauptſtuͤcke (§. 26—78)
von Erfindung und Beſtimmung der Begriffe geſagt
haben, weil bey der Aufloͤſung theoretiſcher Fragen
faſt immer Begriffe zu beſtimmen, zuſammen zu ſetzen,
und in andre zu verwandeln vorkommen, zumal wenn
die Frage ſelbſt ſchon dieſes fordert oder vorgiebt.

§. 444.

Die hier angezognen §. §. enthalten demnach
ſchon eine gute Menge von Faͤllen, bey welchen man
ſich Fragen vorlegen kann, und zwar beſonders dieje-
nigen, wobey die Frage durch logiſche Woͤrter
ausgedruͤckt wird, und der Weg, den man in
Aufloͤſung der Frage zu nehmen hat, ſich durch
die bloße Form unſrer Erkenntniß, wo nicht
durchaus beſtimmen, doch wenigſtens uͤber-
haupt anzeigen laͤßt.
Die Wiſſenſchaften uͤber-
haupt ſind eigentlich nur eine angewandte Ver-
nunftlehre,
eben ſo, wie es eine angewandte Ma-
thematik
giebt. Man ſollte daher allerdings jede
Aufgabe in den Wiſſenſchaften auf bloß logi-
ſche Aufgaben reduciren koͤnnen.
Wir haben
aber noch wenige Beyſpiele davon. Jndeſſen zeigt
doch das oben, (§. 100.) aus der Wolfiſchen Meta-
phyſik angefuͤhrte, daß die Sache angeht, wenn man
ſich die vorgeſetzte Aufgabe, und darinn ſowohl die
Data als das Quaeſitum auf logiſche Begriffe zu
bringen bemuͤht. Dieſes muß aber immer aus der
Sache ſelbſt gefunden werden, wie man ebenfalls nicht
jeden geometriſchen Satz in der angewandten Mathe-

matik
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[287/0309] von den Aufgaben. alles dieſes ſich auch auf den Zuſammenhang theore- tiſcher Fragen erſtreckt, deren Beantwortung und Aufloͤſung in einer ſchicklichen und richtigen Verbin- dung von Lehrſaͤtzen beſteht, die ſchlechthin theoretiſch ſind, (§. 158, 161.) ferner kann man alles hieher rechnen, was wir im erſten Hauptſtuͤcke (§. 26—78) von Erfindung und Beſtimmung der Begriffe geſagt haben, weil bey der Aufloͤſung theoretiſcher Fragen faſt immer Begriffe zu beſtimmen, zuſammen zu ſetzen, und in andre zu verwandeln vorkommen, zumal wenn die Frage ſelbſt ſchon dieſes fordert oder vorgiebt. §. 444. Die hier angezognen §. §. enthalten demnach ſchon eine gute Menge von Faͤllen, bey welchen man ſich Fragen vorlegen kann, und zwar beſonders dieje- nigen, wobey die Frage durch logiſche Woͤrter ausgedruͤckt wird, und der Weg, den man in Aufloͤſung der Frage zu nehmen hat, ſich durch die bloße Form unſrer Erkenntniß, wo nicht durchaus beſtimmen, doch wenigſtens uͤber- haupt anzeigen laͤßt. Die Wiſſenſchaften uͤber- haupt ſind eigentlich nur eine angewandte Ver- nunftlehre, eben ſo, wie es eine angewandte Ma- thematik giebt. Man ſollte daher allerdings jede Aufgabe in den Wiſſenſchaften auf bloß logi- ſche Aufgaben reduciren koͤnnen. Wir haben aber noch wenige Beyſpiele davon. Jndeſſen zeigt doch das oben, (§. 100.) aus der Wolfiſchen Meta- phyſik angefuͤhrte, daß die Sache angeht, wenn man ſich die vorgeſetzte Aufgabe, und darinn ſowohl die Data als das Quaeſitum auf logiſche Begriffe zu bringen bemuͤht. Dieſes muß aber immer aus der Sache ſelbſt gefunden werden, wie man ebenfalls nicht jeden geometriſchen Satz in der angewandten Mathe- matik

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/309>, abgerufen am 29.03.2024.