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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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III. Hauptstück,
dadurch entstehen oder entstehen können, mit einan-
der combinirt, und den Erfolg, den sie herfürbringen,
bestimmt. Jst dieser Erfolg erheblich, so läßt er
sich sodann in Form einer Frage vortragen, und diese
nebst der Auflösung und ihrem Beweise, wird sodann
die völlige Form einer Aufgabe haben. Diese Art
Aufgaben synthetisch zu finden, ist in allen Theilen der
Mathematik sehr üblich, und kömmt häufig vor.

§. 171.

Kehrt man hingegen diese Ordnung um, indem
man bey dem gesuchten anfängt, und aus seiner Na-
tur herleitet, in welche einfachere Handlungen die, so
die Aufgabe vorgiebt, aufgelöset werden kann, bis
man endlich auf solche kömmt, die entweder an sich
möglich, und daher Postulata sind, oder die durch
vorhergehende Aufgaben möglich gemacht worden; so
wird eine solche Auflösung analytisch genennt. Da
diese umgekehrte Ordnung das eigentliche Geschäffte
der Algeber in ihrem ganzen Umfange ist, so hat sie
eben daher den Namen der Analytik bekommen. Die
analytischen Aufgaben sind immer von der Art, daß,
wenn man das Gesuchte hätte, alles übrige daraus
synthetisch und leicht könnte gefunden werden. Und
dieses ist auch der Grund, warum man bey dem Ge-
suchten anfängt, und dabey sieht, wie sich das übrige
daraus finden ließe. Hat man dieses gethan, so
kömmt die ganze Sache auf den Rückweg an. Und
wenn dieser gefunden ist, so ist auch die analytische
Auflösung gefunden.

§. 172.

Bey der analytischen Auflösung der Aufgaben,
und vornehmlich bey ihrer Erfindung, kommen gewisse
Begriffe vor, die wir hier noch anzeigen wollen, weil
sie in der Vernunftlehre betrachtet zu werden ver-

dienen.

III. Hauptſtuͤck,
dadurch entſtehen oder entſtehen koͤnnen, mit einan-
der combinirt, und den Erfolg, den ſie herfuͤrbringen,
beſtimmt. Jſt dieſer Erfolg erheblich, ſo laͤßt er
ſich ſodann in Form einer Frage vortragen, und dieſe
nebſt der Aufloͤſung und ihrem Beweiſe, wird ſodann
die voͤllige Form einer Aufgabe haben. Dieſe Art
Aufgaben ſynthetiſch zu finden, iſt in allen Theilen der
Mathematik ſehr uͤblich, und koͤmmt haͤufig vor.

§. 171.

Kehrt man hingegen dieſe Ordnung um, indem
man bey dem geſuchten anfaͤngt, und aus ſeiner Na-
tur herleitet, in welche einfachere Handlungen die, ſo
die Aufgabe vorgiebt, aufgeloͤſet werden kann, bis
man endlich auf ſolche koͤmmt, die entweder an ſich
moͤglich, und daher Poſtulata ſind, oder die durch
vorhergehende Aufgaben moͤglich gemacht worden; ſo
wird eine ſolche Aufloͤſung analytiſch genennt. Da
dieſe umgekehrte Ordnung das eigentliche Geſchaͤffte
der Algeber in ihrem ganzen Umfange iſt, ſo hat ſie
eben daher den Namen der Analytik bekommen. Die
analytiſchen Aufgaben ſind immer von der Art, daß,
wenn man das Geſuchte haͤtte, alles uͤbrige daraus
ſynthetiſch und leicht koͤnnte gefunden werden. Und
dieſes iſt auch der Grund, warum man bey dem Ge-
ſuchten anfaͤngt, und dabey ſieht, wie ſich das uͤbrige
daraus finden ließe. Hat man dieſes gethan, ſo
koͤmmt die ganze Sache auf den Ruͤckweg an. Und
wenn dieſer gefunden iſt, ſo iſt auch die analytiſche
Aufloͤſung gefunden.

§. 172.

Bey der analytiſchen Aufloͤſung der Aufgaben,
und vornehmlich bey ihrer Erfindung, kommen gewiſſe
Begriffe vor, die wir hier noch anzeigen wollen, weil
ſie in der Vernunftlehre betrachtet zu werden ver-

dienen.
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[108/0130] III. Hauptſtuͤck, dadurch entſtehen oder entſtehen koͤnnen, mit einan- der combinirt, und den Erfolg, den ſie herfuͤrbringen, beſtimmt. Jſt dieſer Erfolg erheblich, ſo laͤßt er ſich ſodann in Form einer Frage vortragen, und dieſe nebſt der Aufloͤſung und ihrem Beweiſe, wird ſodann die voͤllige Form einer Aufgabe haben. Dieſe Art Aufgaben ſynthetiſch zu finden, iſt in allen Theilen der Mathematik ſehr uͤblich, und koͤmmt haͤufig vor. §. 171. Kehrt man hingegen dieſe Ordnung um, indem man bey dem geſuchten anfaͤngt, und aus ſeiner Na- tur herleitet, in welche einfachere Handlungen die, ſo die Aufgabe vorgiebt, aufgeloͤſet werden kann, bis man endlich auf ſolche koͤmmt, die entweder an ſich moͤglich, und daher Poſtulata ſind, oder die durch vorhergehende Aufgaben moͤglich gemacht worden; ſo wird eine ſolche Aufloͤſung analytiſch genennt. Da dieſe umgekehrte Ordnung das eigentliche Geſchaͤffte der Algeber in ihrem ganzen Umfange iſt, ſo hat ſie eben daher den Namen der Analytik bekommen. Die analytiſchen Aufgaben ſind immer von der Art, daß, wenn man das Geſuchte haͤtte, alles uͤbrige daraus ſynthetiſch und leicht koͤnnte gefunden werden. Und dieſes iſt auch der Grund, warum man bey dem Ge- ſuchten anfaͤngt, und dabey ſieht, wie ſich das uͤbrige daraus finden ließe. Hat man dieſes gethan, ſo koͤmmt die ganze Sache auf den Ruͤckweg an. Und wenn dieſer gefunden iſt, ſo iſt auch die analytiſche Aufloͤſung gefunden. §. 172. Bey der analytiſchen Aufloͤſung der Aufgaben, und vornehmlich bey ihrer Erfindung, kommen gewiſſe Begriffe vor, die wir hier noch anzeigen wollen, weil ſie in der Vernunftlehre betrachtet zu werden ver- dienen.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/130>, abgerufen am 29.03.2024.