Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Verhältnisse.
lativen Bewegung unter sich keine Aenderung
hervorbringe, und folglich, wo man nur letz-
tere zu betrachten hat, aus der Betrachtung
weggelassen werden könne.
Ein solches System
ist in der Newtonschen Theorie der Schwere das
Sonnensystem. Man setzet bey demselben den ge-
meinsamen Mittelpunct der Schwere in Ruhe, wenn
man nur die Lage der Planeten und Cometen unter
sich betrachtet. Man kann auch zeigen, daß dieses
statt habe, wenn die zu diesem Systeme gehörenden
Weltkörper von der Ruhe an angefangen haben, durch
ihre bloße Schwere sich in Bewegung zu setzen, und
wenn ihre Schwere gegen andere außer diesem Sy-
steme befindliche Körper = 0 gesetzet werden kann.
Haben sie aber nicht von der Ruhe angefangen, son-
dern jeder ist nach einer bestimmten Richtung und
Geschwindigkeit in Bewegung gesetzet worden, so kann
man aus der Theorie der Schwere leicht zeigen, daß
der gemeinsame Mittelpunct der Schwere nicht an-
ders in Ruhe seyn kann, als wenn wenigstens einem
dieser Körper eine solche Richtung und Geschwindig-
keit gegeben worden, die bis auf unendlich kleine Zah-
len zu der Richtung, Geschwindigkeit, Lage und Größe
der sämmtlichen übrigen Körper des Systems so pro-
portionirt ist, daß der gemeinsame Mittelpunct der
Schwere in Ruhe bleibe. Wo dieses nicht geschehen,
da geht dieser Mittelpunct in gerader Linie fort, und
wird von derselben nur dann abgelenkt, wenn das
Sonnensystem gegen andere Weltkörper eine Schwere
hat. Da überhaupt das Solide natürlicher Weise
oder für sich in Ruhe ist, so kann auch ohne äußere
Kraft, und bloß aus der Wirkung der Kräfte, die
in den Theilen des Systems sind, keine gemeinsame
geradelinichte Bewegung des ganzen Systems ent-

stehen,

Verhaͤltniſſe.
lativen Bewegung unter ſich keine Aenderung
hervorbringe, und folglich, wo man nur letz-
tere zu betrachten hat, aus der Betrachtung
weggelaſſen werden koͤnne.
Ein ſolches Syſtem
iſt in der Newtonſchen Theorie der Schwere das
Sonnenſyſtem. Man ſetzet bey demſelben den ge-
meinſamen Mittelpunct der Schwere in Ruhe, wenn
man nur die Lage der Planeten und Cometen unter
ſich betrachtet. Man kann auch zeigen, daß dieſes
ſtatt habe, wenn die zu dieſem Syſteme gehoͤrenden
Weltkoͤrper von der Ruhe an angefangen haben, durch
ihre bloße Schwere ſich in Bewegung zu ſetzen, und
wenn ihre Schwere gegen andere außer dieſem Sy-
ſteme befindliche Koͤrper = 0 geſetzet werden kann.
Haben ſie aber nicht von der Ruhe angefangen, ſon-
dern jeder iſt nach einer beſtimmten Richtung und
Geſchwindigkeit in Bewegung geſetzet worden, ſo kann
man aus der Theorie der Schwere leicht zeigen, daß
der gemeinſame Mittelpunct der Schwere nicht an-
ders in Ruhe ſeyn kann, als wenn wenigſtens einem
dieſer Koͤrper eine ſolche Richtung und Geſchwindig-
keit gegeben worden, die bis auf unendlich kleine Zah-
len zu der Richtung, Geſchwindigkeit, Lage und Groͤße
der ſaͤmmtlichen uͤbrigen Koͤrper des Syſtems ſo pro-
portionirt iſt, daß der gemeinſame Mittelpunct der
Schwere in Ruhe bleibe. Wo dieſes nicht geſchehen,
da geht dieſer Mittelpunct in gerader Linie fort, und
wird von derſelben nur dann abgelenkt, wenn das
Sonnenſyſtem gegen andere Weltkoͤrper eine Schwere
hat. Da uͤberhaupt das Solide natuͤrlicher Weiſe
oder fuͤr ſich in Ruhe iſt, ſo kann auch ohne aͤußere
Kraft, und bloß aus der Wirkung der Kraͤfte, die
in den Theilen des Syſtems ſind, keine gemeinſame
geradelinichte Bewegung des ganzen Syſtems ent-

ſtehen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0053" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">lativen Bewegung unter &#x017F;ich keine Aenderung<lb/>
hervorbringe, und folglich, wo man nur letz-<lb/>
tere zu betrachten hat, aus der Betrachtung<lb/>
weggela&#x017F;&#x017F;en werden ko&#x0364;nne.</hi> Ein &#x017F;olches Sy&#x017F;tem<lb/>
i&#x017F;t in der Newton&#x017F;chen Theorie der Schwere das<lb/>
Sonnen&#x017F;y&#x017F;tem. Man &#x017F;etzet bey dem&#x017F;elben den ge-<lb/>
mein&#x017F;amen Mittelpunct der Schwere in Ruhe, wenn<lb/>
man nur die Lage der Planeten und Cometen unter<lb/>
&#x017F;ich betrachtet. Man kann auch zeigen, daß die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;tatt habe, wenn die zu die&#x017F;em Sy&#x017F;teme geho&#x0364;renden<lb/>
Weltko&#x0364;rper von der Ruhe an angefangen haben, durch<lb/>
ihre bloße Schwere &#x017F;ich in Bewegung zu &#x017F;etzen, und<lb/>
wenn ihre Schwere gegen andere außer die&#x017F;em Sy-<lb/>
&#x017F;teme befindliche Ko&#x0364;rper = 0 ge&#x017F;etzet werden kann.<lb/>
Haben &#x017F;ie aber nicht von der Ruhe angefangen, &#x017F;on-<lb/>
dern jeder i&#x017F;t nach einer be&#x017F;timmten Richtung und<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit in Bewegung ge&#x017F;etzet worden, &#x017F;o kann<lb/>
man aus der Theorie der Schwere leicht zeigen, daß<lb/>
der gemein&#x017F;ame Mittelpunct der Schwere nicht an-<lb/>
ders in Ruhe &#x017F;eyn kann, als wenn wenig&#x017F;tens einem<lb/>
die&#x017F;er Ko&#x0364;rper eine &#x017F;olche Richtung und Ge&#x017F;chwindig-<lb/>
keit gegeben worden, die bis auf unendlich kleine Zah-<lb/>
len zu der Richtung, Ge&#x017F;chwindigkeit, Lage und Gro&#x0364;ße<lb/>
der &#x017F;a&#x0364;mmtlichen u&#x0364;brigen Ko&#x0364;rper des Sy&#x017F;tems &#x017F;o pro-<lb/>
portionirt i&#x017F;t, daß der gemein&#x017F;ame Mittelpunct der<lb/>
Schwere in Ruhe bleibe. Wo die&#x017F;es nicht ge&#x017F;chehen,<lb/>
da geht die&#x017F;er Mittelpunct in gerader Linie fort, und<lb/>
wird von der&#x017F;elben nur dann abgelenkt, wenn das<lb/>
Sonnen&#x017F;y&#x017F;tem gegen andere Weltko&#x0364;rper eine Schwere<lb/>
hat. Da u&#x0364;berhaupt das Solide natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e<lb/>
oder fu&#x0364;r &#x017F;ich in Ruhe i&#x017F;t, &#x017F;o kann auch ohne a&#x0364;ußere<lb/>
Kraft, und bloß aus der Wirkung der Kra&#x0364;fte, die<lb/>
in den Theilen des Sy&#x017F;tems &#x017F;ind, keine gemein&#x017F;ame<lb/>
geradelinichte Bewegung des ganzen Sy&#x017F;tems ent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tehen,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0053] Verhaͤltniſſe. lativen Bewegung unter ſich keine Aenderung hervorbringe, und folglich, wo man nur letz- tere zu betrachten hat, aus der Betrachtung weggelaſſen werden koͤnne. Ein ſolches Syſtem iſt in der Newtonſchen Theorie der Schwere das Sonnenſyſtem. Man ſetzet bey demſelben den ge- meinſamen Mittelpunct der Schwere in Ruhe, wenn man nur die Lage der Planeten und Cometen unter ſich betrachtet. Man kann auch zeigen, daß dieſes ſtatt habe, wenn die zu dieſem Syſteme gehoͤrenden Weltkoͤrper von der Ruhe an angefangen haben, durch ihre bloße Schwere ſich in Bewegung zu ſetzen, und wenn ihre Schwere gegen andere außer dieſem Sy- ſteme befindliche Koͤrper = 0 geſetzet werden kann. Haben ſie aber nicht von der Ruhe angefangen, ſon- dern jeder iſt nach einer beſtimmten Richtung und Geſchwindigkeit in Bewegung geſetzet worden, ſo kann man aus der Theorie der Schwere leicht zeigen, daß der gemeinſame Mittelpunct der Schwere nicht an- ders in Ruhe ſeyn kann, als wenn wenigſtens einem dieſer Koͤrper eine ſolche Richtung und Geſchwindig- keit gegeben worden, die bis auf unendlich kleine Zah- len zu der Richtung, Geſchwindigkeit, Lage und Groͤße der ſaͤmmtlichen uͤbrigen Koͤrper des Syſtems ſo pro- portionirt iſt, daß der gemeinſame Mittelpunct der Schwere in Ruhe bleibe. Wo dieſes nicht geſchehen, da geht dieſer Mittelpunct in gerader Linie fort, und wird von derſelben nur dann abgelenkt, wenn das Sonnenſyſtem gegen andere Weltkoͤrper eine Schwere hat. Da uͤberhaupt das Solide natuͤrlicher Weiſe oder fuͤr ſich in Ruhe iſt, ſo kann auch ohne aͤußere Kraft, und bloß aus der Wirkung der Kraͤfte, die in den Theilen des Syſtems ſind, keine gemeinſame geradelinichte Bewegung des ganzen Syſtems ent- ſtehen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/53
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/53>, abgerufen am 29.03.2024.