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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XIII. Hauptstück.
die Versuche mit Penduln angestellet hat, ihrer Masse
oder Jnertie proportional sey, hergeleitet, ihre in-
nere Dichtigkeit müsse gleich, und hingegen von der
innern Dichtigkeit derjenigen Materie, welche die
Schwere verursacht, ganz verschieden seyn, und die
Gründe, die zu diesem Beweise gebraucht werden,
lassen sich eben nicht so leicht wankend machen.

§. 393.

Kann aber bey verschiedenem Solidem die innere
Dichtigkeit von 0 bis in das Unendliche gehen, so
haben wir nur einen Schritt mehr zu thun, um zu
setzen, daß die innere Dichtigkeit bey einerley Soli-
dem sowohl beständig als veränderlich, und zwar der-
gestalt veränderlich seyn könne, daß sie entweder jedem
äußerm Drucke nachgiebt, oder wenn derselbe auf-
hört, sich wiederum herstellet. Jm ersten Falle sind
die soliden Theilchen ihrer Natur nach hart, im an-
dern Falle schlechthin weich, im dritten aber elastisch.
Den elastischen wird man auf dieses hin, eine innere
Kraft sich auszudehnen, nicht absprechen können, und
sollte man auch diese Kraft nicht in etwas Materiel-
lem, sondern in etwas Geistigem bestehen machen.
Wir betrachten hier bloß die Gedenkbarkeit und Mög-
lichkeit, ohne zu sehen, ob solche solide Theilchen
in der wirklichen Welt vorkommen. So viel ist
gewiß, daß, wenn die Luft, z. E. aus Theilchen be-
stünde, die eine innere veränderliche Dichtigkeit und
Elasticität hätten, die Elasticität der Luft keiner fer-
nern Erklärung bedürfte. Und eben so würde auch
die Elasticität der Materie der Wärme, des Lichtes etc.
ohne andern Mechanismum begreiflich seyn, und selbst
der Begriff der bewegenden und drückenden Kräfte
dadurch faßlicher werden. Jst aber die Elasticität

eines

XIII. Hauptſtuͤck.
die Verſuche mit Penduln angeſtellet hat, ihrer Maſſe
oder Jnertie proportional ſey, hergeleitet, ihre in-
nere Dichtigkeit muͤſſe gleich, und hingegen von der
innern Dichtigkeit derjenigen Materie, welche die
Schwere verurſacht, ganz verſchieden ſeyn, und die
Gruͤnde, die zu dieſem Beweiſe gebraucht werden,
laſſen ſich eben nicht ſo leicht wankend machen.

§. 393.

Kann aber bey verſchiedenem Solidem die innere
Dichtigkeit von 0 bis in das Unendliche gehen, ſo
haben wir nur einen Schritt mehr zu thun, um zu
ſetzen, daß die innere Dichtigkeit bey einerley Soli-
dem ſowohl beſtaͤndig als veraͤnderlich, und zwar der-
geſtalt veraͤnderlich ſeyn koͤnne, daß ſie entweder jedem
aͤußerm Drucke nachgiebt, oder wenn derſelbe auf-
hoͤrt, ſich wiederum herſtellet. Jm erſten Falle ſind
die ſoliden Theilchen ihrer Natur nach hart, im an-
dern Falle ſchlechthin weich, im dritten aber elaſtiſch.
Den elaſtiſchen wird man auf dieſes hin, eine innere
Kraft ſich auszudehnen, nicht abſprechen koͤnnen, und
ſollte man auch dieſe Kraft nicht in etwas Materiel-
lem, ſondern in etwas Geiſtigem beſtehen machen.
Wir betrachten hier bloß die Gedenkbarkeit und Moͤg-
lichkeit, ohne zu ſehen, ob ſolche ſolide Theilchen
in der wirklichen Welt vorkommen. So viel iſt
gewiß, daß, wenn die Luft, z. E. aus Theilchen be-
ſtuͤnde, die eine innere veraͤnderliche Dichtigkeit und
Elaſticitaͤt haͤtten, die Elaſticitaͤt der Luft keiner fer-
nern Erklaͤrung beduͤrfte. Und eben ſo wuͤrde auch
die Elaſticitaͤt der Materie der Waͤrme, des Lichtes ꝛc.
ohne andern Mechaniſmum begreiflich ſeyn, und ſelbſt
der Begriff der bewegenden und druͤckenden Kraͤfte
dadurch faßlicher werden. Jſt aber die Elaſticitaͤt

eines
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[20/0028] XIII. Hauptſtuͤck. die Verſuche mit Penduln angeſtellet hat, ihrer Maſſe oder Jnertie proportional ſey, hergeleitet, ihre in- nere Dichtigkeit muͤſſe gleich, und hingegen von der innern Dichtigkeit derjenigen Materie, welche die Schwere verurſacht, ganz verſchieden ſeyn, und die Gruͤnde, die zu dieſem Beweiſe gebraucht werden, laſſen ſich eben nicht ſo leicht wankend machen. §. 393. Kann aber bey verſchiedenem Solidem die innere Dichtigkeit von 0 bis in das Unendliche gehen, ſo haben wir nur einen Schritt mehr zu thun, um zu ſetzen, daß die innere Dichtigkeit bey einerley Soli- dem ſowohl beſtaͤndig als veraͤnderlich, und zwar der- geſtalt veraͤnderlich ſeyn koͤnne, daß ſie entweder jedem aͤußerm Drucke nachgiebt, oder wenn derſelbe auf- hoͤrt, ſich wiederum herſtellet. Jm erſten Falle ſind die ſoliden Theilchen ihrer Natur nach hart, im an- dern Falle ſchlechthin weich, im dritten aber elaſtiſch. Den elaſtiſchen wird man auf dieſes hin, eine innere Kraft ſich auszudehnen, nicht abſprechen koͤnnen, und ſollte man auch dieſe Kraft nicht in etwas Materiel- lem, ſondern in etwas Geiſtigem beſtehen machen. Wir betrachten hier bloß die Gedenkbarkeit und Moͤg- lichkeit, ohne zu ſehen, ob ſolche ſolide Theilchen in der wirklichen Welt vorkommen. So viel iſt gewiß, daß, wenn die Luft, z. E. aus Theilchen be- ſtuͤnde, die eine innere veraͤnderliche Dichtigkeit und Elaſticitaͤt haͤtten, die Elaſticitaͤt der Luft keiner fer- nern Erklaͤrung beduͤrfte. Und eben ſo wuͤrde auch die Elaſticitaͤt der Materie der Waͤrme, des Lichtes ꝛc. ohne andern Mechaniſmum begreiflich ſeyn, und ſelbſt der Begriff der bewegenden und druͤckenden Kraͤfte dadurch faßlicher werden. Jſt aber die Elaſticitaͤt eines

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/28>, abgerufen am 29.03.2024.