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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XV. Hauptstück.
angesehen werden könne, daß aber, was man da-
durch versteht, immer müsse bewiesen werden, und
daß der Unterschied, den wir oben (§. 254-267.)
zwischen Indiuiduis und allgemeinen Begriffen ge-
macht haben, sich hier nothwendig äußere und vor-
komme. Denn ist A ein Indiuiduum, so ist es durch-
aus bestimmet, und es lassen sich demselben keine
Bestimmungen mehr zusetzen, dafern nicht einige von
denen, die es hat, weggenommen werden, (§. 259.).
Wenn es demnach nicht B ist, so hat es nothwendig sol-
che Bestimmungen, die mit B nicht zugleich seyn kön-
nen, und die demnach Nicht - B sind. Jn diesem
Falle kann man demnach nicht nur sagen, es ist kein
Grund da, warum A sollte B seyn, sondern viel po-
sitiver, es sind Gründe da, warum es nicht B ist,
und so lange es unverändert bleiben soll, nicht B seyn
kann. Jm andern Falle, wenn ein Indiuiduum
wirklich B ist, kömmt die Redensart, es ist kein
Grund da, warum es nicht sollte B seyn, nur als-
dann vor, wenn man nicht weiß, daß es B sey.
Denn da muß man seine übrigen Merkmale sämmt-
lich vor sich haben, und B mit jedem derselben und
mit allen zusammen genommen vergleichen. Kann
man diese Abzählung und Vergleichung vollständig
machen, so wird man nicht nur finden, daß B den
übrigen Bestimmungen nicht widerspricht, und folg-
lich in der That kein Grund da sey, warum es nicht
in dem Indiuiduo seyn sollte, weil ein Indiuiduum
alle Bestimmungen hat, die es zugleich haben kann:
sondern man kann hiebey viel kürzer gehen, weil in
dem Indiuiduo, wegen des durchgängigen Zusam-
menhanges und gemeinsamen Bandes, die Bestim-
mung B nothwendig von den übrigen Bestimmungen
erfordert, vorausgesetzt oder nach sich gezogen wird,

(§. 468.).

XV. Hauptſtuͤck.
angeſehen werden koͤnne, daß aber, was man da-
durch verſteht, immer muͤſſe bewieſen werden, und
daß der Unterſchied, den wir oben (§. 254-267.)
zwiſchen Indiuiduis und allgemeinen Begriffen ge-
macht haben, ſich hier nothwendig aͤußere und vor-
komme. Denn iſt A ein Indiuiduum, ſo iſt es durch-
aus beſtimmet, und es laſſen ſich demſelben keine
Beſtimmungen mehr zuſetzen, dafern nicht einige von
denen, die es hat, weggenommen werden, (§. 259.).
Wenn es demnach nicht B iſt, ſo hat es nothwendig ſol-
che Beſtimmungen, die mit B nicht zugleich ſeyn koͤn-
nen, und die demnach Nicht - B ſind. Jn dieſem
Falle kann man demnach nicht nur ſagen, es iſt kein
Grund da, warum A ſollte B ſeyn, ſondern viel po-
ſitiver, es ſind Gruͤnde da, warum es nicht B iſt,
und ſo lange es unveraͤndert bleiben ſoll, nicht B ſeyn
kann. Jm andern Falle, wenn ein Indiuiduum
wirklich B iſt, koͤmmt die Redensart, es iſt kein
Grund da, warum es nicht ſollte B ſeyn, nur als-
dann vor, wenn man nicht weiß, daß es B ſey.
Denn da muß man ſeine uͤbrigen Merkmale ſaͤmmt-
lich vor ſich haben, und B mit jedem derſelben und
mit allen zuſammen genommen vergleichen. Kann
man dieſe Abzaͤhlung und Vergleichung vollſtaͤndig
machen, ſo wird man nicht nur finden, daß B den
uͤbrigen Beſtimmungen nicht widerſpricht, und folg-
lich in der That kein Grund da ſey, warum es nicht
in dem Indiuiduo ſeyn ſollte, weil ein Indiuiduum
alle Beſtimmungen hat, die es zugleich haben kann:
ſondern man kann hiebey viel kuͤrzer gehen, weil in
dem Indiuiduo, wegen des durchgaͤngigen Zuſam-
menhanges und gemeinſamen Bandes, die Beſtim-
mung B nothwendig von den uͤbrigen Beſtimmungen
erfordert, vorausgeſetzt oder nach ſich gezogen wird,

(§. 468.).
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[94/0102] XV. Hauptſtuͤck. angeſehen werden koͤnne, daß aber, was man da- durch verſteht, immer muͤſſe bewieſen werden, und daß der Unterſchied, den wir oben (§. 254-267.) zwiſchen Indiuiduis und allgemeinen Begriffen ge- macht haben, ſich hier nothwendig aͤußere und vor- komme. Denn iſt A ein Indiuiduum, ſo iſt es durch- aus beſtimmet, und es laſſen ſich demſelben keine Beſtimmungen mehr zuſetzen, dafern nicht einige von denen, die es hat, weggenommen werden, (§. 259.). Wenn es demnach nicht B iſt, ſo hat es nothwendig ſol- che Beſtimmungen, die mit B nicht zugleich ſeyn koͤn- nen, und die demnach Nicht - B ſind. Jn dieſem Falle kann man demnach nicht nur ſagen, es iſt kein Grund da, warum A ſollte B ſeyn, ſondern viel po- ſitiver, es ſind Gruͤnde da, warum es nicht B iſt, und ſo lange es unveraͤndert bleiben ſoll, nicht B ſeyn kann. Jm andern Falle, wenn ein Indiuiduum wirklich B iſt, koͤmmt die Redensart, es iſt kein Grund da, warum es nicht ſollte B ſeyn, nur als- dann vor, wenn man nicht weiß, daß es B ſey. Denn da muß man ſeine uͤbrigen Merkmale ſaͤmmt- lich vor ſich haben, und B mit jedem derſelben und mit allen zuſammen genommen vergleichen. Kann man dieſe Abzaͤhlung und Vergleichung vollſtaͤndig machen, ſo wird man nicht nur finden, daß B den uͤbrigen Beſtimmungen nicht widerſpricht, und folg- lich in der That kein Grund da ſey, warum es nicht in dem Indiuiduo ſeyn ſollte, weil ein Indiuiduum alle Beſtimmungen hat, die es zugleich haben kann: ſondern man kann hiebey viel kuͤrzer gehen, weil in dem Indiuiduo, wegen des durchgaͤngigen Zuſam- menhanges und gemeinſamen Bandes, die Beſtim- mung B nothwendig von den uͤbrigen Beſtimmungen erfordert, vorausgeſetzt oder nach ſich gezogen wird, (§. 468.).

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/102>, abgerufen am 29.03.2024.