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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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Diz alte moere
Bat ein tihtoere
An ein buch schriben;
Des en kund' ez niht beliben,
Ez en si ouch noch davon bekant,
Wie die von Burgondenlant
Bi ir ziten und bi ir tagen
Mit eren heten sich betragen.

So lautet die Stelle in der Sanct-Galler Handschrift: 26) die erste Hohenemser weicht nicht allein in den letzten
Worten ab, sondern wiederhohlt in den ersten auch nur
das Zeugniß von dem Lateinischen Buche:
Dizze vil alte moere
Het' ein schriboere
Wilen an ein buch geschriben,
Latine; des n' ist ez niht beliben etc.

wonach es scheinen möchte, der Dichter der Klage habe
selbst das Lateinische Werk gelesen. Dagegen führt er selbst,
dem wir doch mehr als dem Hohenemser Überarbeiter glau-
ben müssen, dieses niemahls bestimmt an, wohl aber kom-
men bei ihm ein Paar nicht darauf passende Ausdrücke
vor (Z. 84):
Als uns du aventure giht,
und (Z. 4529):
Uns seit der tihtoere,
Der uns tihte diz moere 27).

In anderen Stellen sagt er (Z. 56), wie am Anfange und
Ende:
Diz moer' im grozer tugende giht;
dann (Z. 291), auch wieder wie dort:

Diz alte mœre
Bat ein tihtœre
An ein bůch ſchriben;
Des en kund’ ez niht beliben,
Ez en ſi oͧch noch davon bekant,
Wie die von Burgondenlant
Bi ir ziten und bi ir tagen
Mit eren heten ſich betragen.

So lautet die Stelle in der Sanct-Galler Handſchrift: 26) die erſte Hohenemſer weicht nicht allein in den letzten
Worten ab, ſondern wiederhohlt in den erſten auch nur
das Zeugniß von dem Lateiniſchen Buche:
Dizze vil alte mœre
Het’ ein ſchribœre
Wilen an ein bůch geſchriben,
Latine; des n’ iſt ez niht beliben ꝛc.

wonach es ſcheinen möchte, der Dichter der Klage habe
ſelbſt das Lateiniſche Werk geleſen. Dagegen führt er ſelbſt,
dem wir doch mehr als dem Hohenemſer Überarbeiter glau-
ben müſſen, dieſes niemahls beſtimmt an, wohl aber kom-
men bei ihm ein Paar nicht darauf paſſende Ausdrücke
vor (Z. 84):
Als uns du̓ aventu̓re giht,
und (Z. 4529):
Uns ſeit der tihtœre,
Der uns tihte diz mœre 27).

In anderen Stellen ſagt er (Z. 56), wie am Anfange und
Ende:
Diz mœr’ im grozer tugende giht;
dann (Z. 291), auch wieder wie dort:

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[34/0042] Diz alte mœre Bat ein tihtœre An ein bůch ſchriben; Des en kund’ ez niht beliben, Ez en ſi oͧch noch davon bekant, Wie die von Burgondenlant Bi ir ziten und bi ir tagen Mit eren heten ſich betragen. So lautet die Stelle in der Sanct-Galler Handſchrift: ²⁶⁾ die erſte Hohenemſer weicht nicht allein in den letzten Worten ab, ſondern wiederhohlt in den erſten auch nur das Zeugniß von dem Lateiniſchen Buche: Dizze vil alte mœre Het’ ein ſchribœre Wilen an ein bůch geſchriben, Latine; des n’ iſt ez niht beliben ꝛc. wonach es ſcheinen möchte, der Dichter der Klage habe ſelbſt das Lateiniſche Werk geleſen. Dagegen führt er ſelbſt, dem wir doch mehr als dem Hohenemſer Überarbeiter glau- ben müſſen, dieſes niemahls beſtimmt an, wohl aber kom- men bei ihm ein Paar nicht darauf paſſende Ausdrücke vor (Z. 84): Als uns du̓ aventu̓re giht, und (Z. 4529): Uns ſeit der tihtœre, Der uns tihte diz mœre ²⁷⁾ . In anderen Stellen ſagt er (Z. 56), wie am Anfange und Ende: Diz mœr’ im grozer tugende giht; dann (Z. 291), auch wieder wie dort:

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/42>, abgerufen am 25.04.2024.