Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

diesen Gegenstand, der, wie begreiflich, um sosehr von den erstaunten Offizieren besprochen wurde, so erfuhr es auch Woldemar, der diesen Nachmittag die Verdeckswache gehabt, nur von feinen Gefährten. Zwei Tage nachher wurde in See gestochen. Die Sache schien vergessen.

Kurze Zeit hernach, als Holger sinnend auf dem Verdeck auf und nieder ging, gesellte sich John zu ihm, von dem beide Freunde, ohne doch die äußere Artigkeit bei Seite zu setzen, sich etwas zurückgezogen hatten, welches er aber nicht bemerkt zu haben schien. Nach einigen gleichgültigen Worten sagte er auf einmal mit einem sonderbaren stechenden Blick, der zwischen Furcht und Neugier schwankte: Es freut mich, daß der Chef den Ring wiedergefunden hat, obgleich ich nicht begreife, warum er es verschweigt, da doch die Nachricht von seinem Verluste wie ein Lauffeuer herumlief.

Wiedergefunden? wie so? fragte Holger unbefangen.

Sollte das nicht der Fall sein? erwiderte John verwundert. Ich kann mir es wenigstens nicht anders denken, weil ich ihn heute und gestern in Woldemar's Obhut gesehen. Ihm schien das Kleinod sehr am Herzen zu liegen. -- Nun, du weißt, daß nur eine Wand von Segeltuch unsere Gemächer trennt, und er kann es ja doch nur von dem Capitän haben, weil es in seinen Händen ist. Auch du weißt nichts davon! Hm!

diesen Gegenstand, der, wie begreiflich, um sosehr von den erstaunten Offizieren besprochen wurde, so erfuhr es auch Woldemar, der diesen Nachmittag die Verdeckswache gehabt, nur von feinen Gefährten. Zwei Tage nachher wurde in See gestochen. Die Sache schien vergessen.

Kurze Zeit hernach, als Holger sinnend auf dem Verdeck auf und nieder ging, gesellte sich John zu ihm, von dem beide Freunde, ohne doch die äußere Artigkeit bei Seite zu setzen, sich etwas zurückgezogen hatten, welches er aber nicht bemerkt zu haben schien. Nach einigen gleichgültigen Worten sagte er auf einmal mit einem sonderbaren stechenden Blick, der zwischen Furcht und Neugier schwankte: Es freut mich, daß der Chef den Ring wiedergefunden hat, obgleich ich nicht begreife, warum er es verschweigt, da doch die Nachricht von seinem Verluste wie ein Lauffeuer herumlief.

Wiedergefunden? wie so? fragte Holger unbefangen.

Sollte das nicht der Fall sein? erwiderte John verwundert. Ich kann mir es wenigstens nicht anders denken, weil ich ihn heute und gestern in Woldemar's Obhut gesehen. Ihm schien das Kleinod sehr am Herzen zu liegen. — Nun, du weißt, daß nur eine Wand von Segeltuch unsere Gemächer trennt, und er kann es ja doch nur von dem Capitän haben, weil es in seinen Händen ist. Auch du weißt nichts davon! Hm!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039"/>
diesen Gegenstand, der, wie begreiflich, um      sosehr von den erstaunten Offizieren besprochen wurde, so erfuhr es auch Woldemar, der diesen      Nachmittag die Verdeckswache gehabt, nur von feinen Gefährten. Zwei Tage nachher wurde in See      gestochen. Die Sache schien vergessen.</p><lb/>
        <p>Kurze Zeit hernach, als Holger sinnend auf dem Verdeck auf und nieder ging, gesellte sich      John zu ihm, von dem beide Freunde, ohne doch die äußere Artigkeit bei Seite zu setzen, sich      etwas zurückgezogen hatten, welches er aber nicht bemerkt zu haben schien. Nach einigen      gleichgültigen Worten sagte er auf einmal mit einem sonderbaren stechenden Blick, der zwischen      Furcht und Neugier schwankte: Es freut mich, daß der Chef den Ring wiedergefunden hat, obgleich      ich nicht begreife, warum er es verschweigt, da doch die Nachricht von seinem Verluste wie ein      Lauffeuer herumlief.</p><lb/>
        <p>Wiedergefunden? wie so? fragte Holger unbefangen.</p><lb/>
        <p>Sollte das nicht der Fall sein? erwiderte John verwundert. Ich kann mir es wenigstens nicht      anders denken, weil ich ihn heute und gestern in Woldemar's Obhut gesehen. Ihm schien das      Kleinod sehr am Herzen zu liegen. &#x2014; Nun, du weißt, daß nur eine Wand von Segeltuch unsere      Gemächer trennt, und er kann es ja doch nur von dem Capitän haben, weil es in seinen Händen      ist. Auch du weißt nichts davon! Hm!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0039] diesen Gegenstand, der, wie begreiflich, um sosehr von den erstaunten Offizieren besprochen wurde, so erfuhr es auch Woldemar, der diesen Nachmittag die Verdeckswache gehabt, nur von feinen Gefährten. Zwei Tage nachher wurde in See gestochen. Die Sache schien vergessen. Kurze Zeit hernach, als Holger sinnend auf dem Verdeck auf und nieder ging, gesellte sich John zu ihm, von dem beide Freunde, ohne doch die äußere Artigkeit bei Seite zu setzen, sich etwas zurückgezogen hatten, welches er aber nicht bemerkt zu haben schien. Nach einigen gleichgültigen Worten sagte er auf einmal mit einem sonderbaren stechenden Blick, der zwischen Furcht und Neugier schwankte: Es freut mich, daß der Chef den Ring wiedergefunden hat, obgleich ich nicht begreife, warum er es verschweigt, da doch die Nachricht von seinem Verluste wie ein Lauffeuer herumlief. Wiedergefunden? wie so? fragte Holger unbefangen. Sollte das nicht der Fall sein? erwiderte John verwundert. Ich kann mir es wenigstens nicht anders denken, weil ich ihn heute und gestern in Woldemar's Obhut gesehen. Ihm schien das Kleinod sehr am Herzen zu liegen. — Nun, du weißt, daß nur eine Wand von Segeltuch unsere Gemächer trennt, und er kann es ja doch nur von dem Capitän haben, weil es in seinen Händen ist. Auch du weißt nichts davon! Hm!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/39
Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/39>, abgerufen am 16.04.2024.