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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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Heimat und Familie.

Meine Wiege stand zu Zweibrücken, der alten Herzogsstadt im westricher Hügellande der Rheinpfalz, am Zusammenfluss des Schwarz- und Hornbaches gelegen, die zum Erbache vereinigt ihre Wasser in die eine Stunde entfernte Blies ergiessen. In meiner Jugend zählte Zweibrücken 7000 Einwohner und war wesentlich Beamten- und Handwerkerstadt mit kleinen Anfängen von Industrie. Eine Garnison (5. bayr. chevauxlegers-Regiment) und das der Reformationszeit entstammende Gymnasium illustre Bipontinum beeinflussten nicht unbedeutend das Leben des Städtchens, welches geistig rege und als angenehm berühmt war. Allerdings soll es auch etwas locker gewesen sein, weshalb Zweibrücken den Namen Klein-Paris führte. Ich habe davon nichts verspürt, denn das Leben im Elternhause war einfach und fest geregelt. Aber die Stadt, ihre Umgebung, ihr geistiges und gesellschaftliches Leben und Regen gaben mir viel Anregung und Unterhaltung in meiner Jugend. Viel mehr als die Jugend habe ich dort nicht zugebracht.

Mein Vater Johann-Peter Krieger war bei allen Ständen in Zweibrücken hochangesehen. Als ich am 27. Mai 1830 geboren wurde, stand er im 34. Lebensjahre (geb. 27. Juli 1796) und war Professor am Gymnasium, Ordinarius der 5. Klasse (Unter-Sekunda).

Er war der Sohn eines Schuhmachers, früh verwaist, aber wegen besonderer Begabung durch Gönner zum Studium veranlasst, hatte das Stipendium Bernhardinum in Utrecht bekommen und studierte dort Theologie und Philologie, zog auch 1815 als holländischer freiwilliger Jäger gegen Napoleon I ins Feld ohne jedoch in ein Treffen zu kommen. Nach seiner Rückkehr von der Universität trat er zunächst als Philologe in Tätigkeit und übernahm das Amt eines Studienlehrers am Gymnasium in Zweibrücken. Erst 1834 trat

Heimat und Familie.

Meine Wiege stand zu Zweibrücken, der alten Herzogsstadt im westricher Hügellande der Rheinpfalz, am Zusammenfluss des Schwarz- und Hornbaches gelegen, die zum Erbache vereinigt ihre Wasser in die eine Stunde entfernte Blies ergiessen. In meiner Jugend zählte Zweibrücken 7000 Einwohner und war wesentlich Beamten- und Handwerkerstadt mit kleinen Anfängen von Industrie. Eine Garnison (5. bayr. chevauxlegers-Regiment) und das der Reformationszeit entstammende Gymnasium illustre Bipontinum beeinflussten nicht unbedeutend das Leben des Städtchens, welches geistig rege und als angenehm berühmt war. Allerdings soll es auch etwas locker gewesen sein, weshalb Zweibrücken den Namen Klein-Paris führte. Ich habe davon nichts verspürt, denn das Leben im Elternhause war einfach und fest geregelt. Aber die Stadt, ihre Umgebung, ihr geistiges und gesellschaftliches Leben und Regen gaben mir viel Anregung und Unterhaltung in meiner Jugend. Viel mehr als die Jugend habe ich dort nicht zugebracht.

Mein Vater Johann-Peter Krieger war bei allen Ständen in Zweibrücken hochangesehen. Als ich am 27. Mai 1830 geboren wurde, stand er im 34. Lebensjahre (geb. 27. Juli 1796) und war Professor am Gymnasium, Ordinarius der 5. Klasse (Unter-Sekunda).

Er war der Sohn eines Schuhmachers, früh verwaist, aber wegen besonderer Begabung durch Gönner zum Studium veranlasst, hatte das Stipendium Bernhardinum in Utrecht bekommen und studierte dort Theologie und Philologie, zog auch 1815 als holländischer freiwilliger Jäger gegen Napoleon I ins Feld ohne jedoch in ein Treffen zu kommen. Nach seiner Rückkehr von der Universität trat er zunächst als Philologe in Tätigkeit und übernahm das Amt eines Studienlehrers am Gymnasium in Zweibrücken. Erst 1834 trat

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[0001] Heimat und Familie. Meine Wiege stand zu Zweibrücken, der alten Herzogsstadt im westricher Hügellande der Rheinpfalz, am Zusammenfluss des Schwarz- und Hornbaches gelegen, die zum Erbache vereinigt ihre Wasser in die eine Stunde entfernte Blies ergiessen. In meiner Jugend zählte Zweibrücken 7000 Einwohner und war wesentlich Beamten- und Handwerkerstadt mit kleinen Anfängen von Industrie. Eine Garnison (5. bayr. chevauxlegers-Regiment) und das der Reformationszeit entstammende Gymnasium illustre Bipontinum beeinflussten nicht unbedeutend das Leben des Städtchens, welches geistig rege und als angenehm berühmt war. Allerdings soll es auch etwas locker gewesen sein, weshalb Zweibrücken den Namen Klein-Paris führte. Ich habe davon nichts verspürt, denn das Leben im Elternhause war einfach und fest geregelt. Aber die Stadt, ihre Umgebung, ihr geistiges und gesellschaftliches Leben und Regen gaben mir viel Anregung und Unterhaltung in meiner Jugend. Viel mehr als die Jugend habe ich dort nicht zugebracht. Mein Vater Johann-Peter Krieger war bei allen Ständen in Zweibrücken hochangesehen. Als ich am 27. Mai 1830 geboren wurde, stand er im 34. Lebensjahre (geb. 27. Juli 1796) und war Professor am Gymnasium, Ordinarius der 5. Klasse (Unter-Sekunda). Er war der Sohn eines Schuhmachers, früh verwaist, aber wegen besonderer Begabung durch Gönner zum Studium veranlasst, hatte das Stipendium Bernhardinum in Utrecht bekommen und studierte dort Theologie und Philologie, zog auch 1815 als holländischer freiwilliger Jäger gegen Napoleon I ins Feld ohne jedoch in ein Treffen zu kommen. Nach seiner Rückkehr von der Universität trat er zunächst als Philologe in Tätigkeit und übernahm das Amt eines Studienlehrers am Gymnasium in Zweibrücken. Erst 1834 trat

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/1>, abgerufen am 29.03.2024.