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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.
diöcisch). In jedem Falle werden sowohl männliche Staubblätter s, deren Beutel die
Bildungsstätte der Pollenzellen sind, als auch weibliche Fruchtblätter (Carpelle), die zu
dem Fruchtknoten (Ovarium) verwachsen, gebildet. Der obere Theil des Frucht-
knotens trägt die Narbe n, welche durch den Griffelkanal mit der Fruchtknotenhöhle in
[Abbildung] Fig. 8.

Blühendes Haferährchen. -- 1--3 Blüthchen;
h1, h2 Hüllblätter (glumae), b äußere oder untere Spelze
(palea) v innere oder obere Spelze (Vorblatt). Rechts
oben einzelne Haferblüthe: p Saftschüppchen (Perigon),
s Staubgefäße, n zwei Narben des Fruchtknotens.

Verbindung steht. In der Fruchtknoten-
höhle entwickeln sich die Samenknospen,
Fig. 9, welche aus einem Knospenkerne
bestehen, der bis auf eine Stelle den
Knospenmund(Mikrophyle m) von Knos-
penhüllen (Integumenten) b, g umgeben
ist. Im Parenchyme des Knospenkernes
bildet sich eine größere Zelle, der Keim-
sack oder Embryosack, e, in welchem
an seiner Spitze, der Kernwarze, durch
freie Zellbildung (S. 6) zwei Keim-
bläschen entstehen. Während der Be-
fruchtung gelangen die verstäubten, reifen
Pollenkörner auf die Narbe, der aus
der Pollenzelle auswachsende Pollen-
schlauch, Fig. 10 p, dringt im Griffel-
kanal bis zu den Samenknospen und
befruchtet durch die Microphyle die
Keimbläschen. Aus dem einen be-
fruchteten Keimbläschen entwickelt sich durch Tochterzellbildung der Embryo, dessen
Zellen sich bei fortschreitender Ausbildung des Samens als Keimachse, Radicula,
Plumula und Cotyledon differenziren. Zur selben Zeit entwickelt sich aus den übrigen
[Abbildung] Fig. 9.

Samenknospe der
Runkelrübe. (Beta vulgaris) nach
Schacht (30/1). -- a Knospenkern
(nucleus), b innere, g äußere
Knospenhülle, d Kernwarze, e
Embryosack, m Mikrophyle, r
Raphe (Samennaht, Gefäß-
bündel des Knospenträgers).

Theilen des Keimsackes gleichfalls durch freie Zellbildung
das Endosperm, welches in dem endospermfreien Samen von
dem heranwachsenden Keime aufgesaugt und verdrängt wird.

In Betreff des Stoffwechsels der reifenden Pflanze
kann bemerkt werden, daß die Blüthen in viel größerer
Menge als die Blätter Sauerstoff einathmen und dafür
Kohlensäure ausathmen. Diese Respiration ist im Anfange
der Blüthenentfaltung am intensivsten und nimmt mit zu-
nehmender Ausreifung der Früchte immer mehr ab.

Damit die bei der Ausbildung des Samens eintretende
Stoffwanderung unterhalten werden kann, bedarf die reifende
Pflanze eine bedeutende Wärmemenge. Unter dem Einflusse
der letzteren vollzieht sich die Stoffwanderung in denselben
Gewebeformen und unter denselben Stoffveränderungen nur in
umgekehrter Reihenfolge, wie bei der Keimung die Wanderung
des Stoffes aus den Reservestoffbehältern zu den wachsenden Gewebetheilen stattfindet.

Allgemeine Ackerbaulehre.
diöciſch). In jedem Falle werden ſowohl männliche Staubblätter s, deren Beutel die
Bildungsſtätte der Pollenzellen ſind, als auch weibliche Fruchtblätter (Carpelle), die zu
dem Fruchtknoten (Ovarium) verwachſen, gebildet. Der obere Theil des Frucht-
knotens trägt die Narbe n, welche durch den Griffelkanal mit der Fruchtknotenhöhle in
[Abbildung] Fig. 8.

Blühendes Haferährchen. — 1—3 Blüthchen;
h1, h2 Hüllblätter (glumae), b äußere oder untere Spelze
(palea) v innere oder obere Spelze (Vorblatt). Rechts
oben einzelne Haferblüthe: p Saftſchüppchen (Perigon),
s Staubgefäße, n zwei Narben des Fruchtknotens.

Verbindung ſteht. In der Fruchtknoten-
höhle entwickeln ſich die Samenknospen,
Fig. 9, welche aus einem Knospenkerne
beſtehen, der bis auf eine Stelle den
Knospenmund(Mikrophyle m) von Knos-
penhüllen (Integumenten) β, γ umgeben
iſt. Im Parenchyme des Knospenkernes
bildet ſich eine größere Zelle, der Keim-
ſack oder Embryoſack, ε, in welchem
an ſeiner Spitze, der Kernwarze, durch
freie Zellbildung (S. 6) zwei Keim-
bläschen entſtehen. Während der Be-
fruchtung gelangen die verſtäubten, reifen
Pollenkörner auf die Narbe, der aus
der Pollenzelle auswachſende Pollen-
ſchlauch, Fig. 10 π, dringt im Griffel-
kanal bis zu den Samenknospen und
befruchtet durch die Microphyle die
Keimbläschen. Aus dem einen be-
fruchteten Keimbläschen entwickelt ſich durch Tochterzellbildung der Embryo, deſſen
Zellen ſich bei fortſchreitender Ausbildung des Samens als Keimachſe, Radicula,
Plumula und Cotyledon differenziren. Zur ſelben Zeit entwickelt ſich aus den übrigen
[Abbildung] Fig. 9.

Samenknospe der
Runkelrübe. (Beta vulgaris) nach
Schacht (30/1). — α Knospenkern
(nucleus), β innere, γ äußere
Knospenhülle, δ Kernwarze, ε
Embryoſack, m Mikrophyle, r
Raphe (Samennaht, Gefäß-
bündel des Knospenträgers).

Theilen des Keimſackes gleichfalls durch freie Zellbildung
das Endoſperm, welches in dem endoſpermfreien Samen von
dem heranwachſenden Keime aufgeſaugt und verdrängt wird.

In Betreff des Stoffwechſels der reifenden Pflanze
kann bemerkt werden, daß die Blüthen in viel größerer
Menge als die Blätter Sauerſtoff einathmen und dafür
Kohlenſäure ausathmen. Dieſe Reſpiration iſt im Anfange
der Blüthenentfaltung am intenſivſten und nimmt mit zu-
nehmender Ausreifung der Früchte immer mehr ab.

Damit die bei der Ausbildung des Samens eintretende
Stoffwanderung unterhalten werden kann, bedarf die reifende
Pflanze eine bedeutende Wärmemenge. Unter dem Einfluſſe
der letzteren vollzieht ſich die Stoffwanderung in denſelben
Gewebeformen und unter denſelben Stoffveränderungen nur in
umgekehrter Reihenfolge, wie bei der Keimung die Wanderung
des Stoffes aus den Reſerveſtoffbehältern zu den wachſenden Gewebetheilen ſtattfindet.

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[26/0044] Allgemeine Ackerbaulehre. diöciſch). In jedem Falle werden ſowohl männliche Staubblätter s, deren Beutel die Bildungsſtätte der Pollenzellen ſind, als auch weibliche Fruchtblätter (Carpelle), die zu dem Fruchtknoten (Ovarium) verwachſen, gebildet. Der obere Theil des Frucht- knotens trägt die Narbe n, welche durch den Griffelkanal mit der Fruchtknotenhöhle in [Abbildung Fig. 8. Blühendes Haferährchen. — 1—3 Blüthchen; h1, h2 Hüllblätter (glumae), b äußere oder untere Spelze (palea) v innere oder obere Spelze (Vorblatt). Rechts oben einzelne Haferblüthe: p Saftſchüppchen (Perigon), s Staubgefäße, n zwei Narben des Fruchtknotens.] Verbindung ſteht. In der Fruchtknoten- höhle entwickeln ſich die Samenknospen, Fig. 9, welche aus einem Knospenkerne beſtehen, der bis auf eine Stelle den Knospenmund(Mikrophyle m) von Knos- penhüllen (Integumenten) β, γ umgeben iſt. Im Parenchyme des Knospenkernes bildet ſich eine größere Zelle, der Keim- ſack oder Embryoſack, ε, in welchem an ſeiner Spitze, der Kernwarze, durch freie Zellbildung (S. 6) zwei Keim- bläschen entſtehen. Während der Be- fruchtung gelangen die verſtäubten, reifen Pollenkörner auf die Narbe, der aus der Pollenzelle auswachſende Pollen- ſchlauch, Fig. 10 π, dringt im Griffel- kanal bis zu den Samenknospen und befruchtet durch die Microphyle die Keimbläschen. Aus dem einen be- fruchteten Keimbläschen entwickelt ſich durch Tochterzellbildung der Embryo, deſſen Zellen ſich bei fortſchreitender Ausbildung des Samens als Keimachſe, Radicula, Plumula und Cotyledon differenziren. Zur ſelben Zeit entwickelt ſich aus den übrigen [Abbildung Fig. 9. Samenknospe der Runkelrübe. (Beta vulgaris) nach Schacht (30/1). — α Knospenkern (nucleus), β innere, γ äußere Knospenhülle, δ Kernwarze, ε Embryoſack, m Mikrophyle, r Raphe (Samennaht, Gefäß- bündel des Knospenträgers).] Theilen des Keimſackes gleichfalls durch freie Zellbildung das Endoſperm, welches in dem endoſpermfreien Samen von dem heranwachſenden Keime aufgeſaugt und verdrängt wird. In Betreff des Stoffwechſels der reifenden Pflanze kann bemerkt werden, daß die Blüthen in viel größerer Menge als die Blätter Sauerſtoff einathmen und dafür Kohlenſäure ausathmen. Dieſe Reſpiration iſt im Anfange der Blüthenentfaltung am intenſivſten und nimmt mit zu- nehmender Ausreifung der Früchte immer mehr ab. Damit die bei der Ausbildung des Samens eintretende Stoffwanderung unterhalten werden kann, bedarf die reifende Pflanze eine bedeutende Wärmemenge. Unter dem Einfluſſe der letzteren vollzieht ſich die Stoffwanderung in denſelben Gewebeformen und unter denſelben Stoffveränderungen nur in umgekehrter Reihenfolge, wie bei der Keimung die Wanderung des Stoffes aus den Reſerveſtoffbehältern zu den wachſenden Gewebetheilen ſtattfindet.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/44>, abgerufen am 29.03.2024.