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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.

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kohol ist somit, ganz wie unter normalen Verhältnissen, die Häufig-
keit der neu gebildeten Klangassociationen erheblich geringer, ihre
Festigkeit dagegen ein wenig grösser. Hinsichtlich der zweiten Klasse
von äusseren Associationen, die wir früher näher gekennzeichnet haben,
der sprachlichen Reminiscenzen, liegt die Sache etwas anders. Unter den
neuen Associationen der Theereihen spielen diese letzteren eine verschwin-
dend geringe Rolle, da sie nur in 4,7 % beobachtet wurden, während
ihre Gesammtzahl mit 20,6 % sich ganz dem Verhalten der Normal-
reihen (20,9 %) annähert. Die Neubildung von Reminiscenzen hat
während der Theereihen in noch viel geringerem Masse stattgefunden,
als in den Alkohol- oder gar in den Normalversuchen; die einmal
vorhandenen derartigen Associationen wurden dagegen mit grosser
Zähigkeit festgehalten. Wie ich indessen schon früher angedeutet
habe, ist dieses Ergebniss sicher nicht als reine Theewirkung aufzu-
fassen, sondern zum Theil, vielleicht sogar ausschliesslich, wol durch
die zeitliche Aufeinanderfolge der Versuchsreihen bedingt.

Berücksichtigen wir in den Normalreihen nur die Zahl der von
einander verschiedenen Vorstellungen ohne die Wiederholungen
derselben Verbindungen, so ergiebt sich, dass schon in der ersten Reihe un-
gefähr ebensoviel Reminiscenzen auftraten, als in sämmtlichen späteren
Reihen zusammengenommen, während z. B. die Zahl der neuen Klang-
associationen hier 21 Mal so gross war, als diejenige der ersten Reihe.
Trotzdem war der Procentsatz der Reminiscenzen unter sämmtlichen
überhaupt gelieferten Associationen, alle Wiederholungen mit einge-
schlossen, nur unbedeutend geringer, als ihr Verhältniss in der ersten
Reihe. Daraus ergiebt sich, dass einmal die überhaupt zur associa-
tiven Verwerthung kommenden Reminiscenzen ein gewisses Ueberge-
wicht über die sonstigen zu Gebote stehenden Verknüpfungen haben,
da sie sofort und von vornherein sich eindrängen. Späterhin werden
ja auch alle sonstigen Associationen durch die besonderen Versuchs-
bedingungen selbst zu allmählich sich immer mehr festigenden Reminis-
cenzen, und damit verlieren jene präformirten Verbindungen den an-
fänglichen Vorsprung. Andererseits aber besitzen diese letzteren schon
im Anfange jene Festigkeit, welche die übrigen Glieder der Reihe
erst während des Versuches erwerben; sie kehren in stereotyper Weise
jedesmal wieder und erleiden daher durch den immer stärker sich
ausprägenden Mangel an Nachwuchs in ihrer Gesammthäufigkeit nur
eine unerhebliche Einbusse.

Unter diesen Umständen ist der Procentsatz der neu auftretenden
Reminiscenzen für zeitlich weiter auseinander liegende Reihen über-

kohol ist somit, ganz wie unter normalen Verhältnissen, die Häufig-
keit der neu gebildeten Klangassociationen erheblich geringer, ihre
Festigkeit dagegen ein wenig grösser. Hinsichtlich der zweiten Klasse
von äusseren Associationen, die wir früher näher gekennzeichnet haben,
der sprachlichen Reminiscenzen, liegt die Sache etwas anders. Unter den
neuen Associationen der Theereihen spielen diese letzteren eine verschwin-
dend geringe Rolle, da sie nur in 4,7 % beobachtet wurden, während
ihre Gesammtzahl mit 20,6 % sich ganz dem Verhalten der Normal-
reihen (20,9 %) annähert. Die Neubildung von Reminiscenzen hat
während der Theereihen in noch viel geringerem Masse stattgefunden,
als in den Alkohol- oder gar in den Normalversuchen; die einmal
vorhandenen derartigen Associationen wurden dagegen mit grosser
Zähigkeit festgehalten. Wie ich indessen schon früher angedeutet
habe, ist dieses Ergebniss sicher nicht als reine Theewirkung aufzu-
fassen, sondern zum Theil, vielleicht sogar ausschliesslich, wol durch
die zeitliche Aufeinanderfolge der Versuchsreihen bedingt.

Berücksichtigen wir in den Normalreihen nur die Zahl der von
einander verschiedenen Vorstellungen ohne die Wiederholungen
derselben Verbindungen, so ergiebt sich, dass schon in der ersten Reihe un-
gefähr ebensoviel Reminiscenzen auftraten, als in sämmtlichen späteren
Reihen zusammengenommen, während z. B. die Zahl der neuen Klang-
associationen hier 21 Mal so gross war, als diejenige der ersten Reihe.
Trotzdem war der Procentsatz der Reminiscenzen unter sämmtlichen
überhaupt gelieferten Associationen, alle Wiederholungen mit einge-
schlossen, nur unbedeutend geringer, als ihr Verhältniss in der ersten
Reihe. Daraus ergiebt sich, dass einmal die überhaupt zur associa-
tiven Verwerthung kommenden Reminiscenzen ein gewisses Ueberge-
wicht über die sonstigen zu Gebote stehenden Verknüpfungen haben,
da sie sofort und von vornherein sich eindrängen. Späterhin werden
ja auch alle sonstigen Associationen durch die besonderen Versuchs-
bedingungen selbst zu allmählich sich immer mehr festigenden Reminis-
cenzen, und damit verlieren jene präformirten Verbindungen den an-
fänglichen Vorsprung. Andererseits aber besitzen diese letzteren schon
im Anfange jene Festigkeit, welche die übrigen Glieder der Reihe
erst während des Versuches erwerben; sie kehren in stereotyper Weise
jedesmal wieder und erleiden daher durch den immer stärker sich
ausprägenden Mangel an Nachwuchs in ihrer Gesammthäufigkeit nur
eine unerhebliche Einbusse.

Unter diesen Umständen ist der Procentsatz der neu auftretenden
Reminiscenzen für zeitlich weiter auseinander liegende Reihen über-

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[122/0138] kohol ist somit, ganz wie unter normalen Verhältnissen, die Häufig- keit der neu gebildeten Klangassociationen erheblich geringer, ihre Festigkeit dagegen ein wenig grösser. Hinsichtlich der zweiten Klasse von äusseren Associationen, die wir früher näher gekennzeichnet haben, der sprachlichen Reminiscenzen, liegt die Sache etwas anders. Unter den neuen Associationen der Theereihen spielen diese letzteren eine verschwin- dend geringe Rolle, da sie nur in 4,7 % beobachtet wurden, während ihre Gesammtzahl mit 20,6 % sich ganz dem Verhalten der Normal- reihen (20,9 %) annähert. Die Neubildung von Reminiscenzen hat während der Theereihen in noch viel geringerem Masse stattgefunden, als in den Alkohol- oder gar in den Normalversuchen; die einmal vorhandenen derartigen Associationen wurden dagegen mit grosser Zähigkeit festgehalten. Wie ich indessen schon früher angedeutet habe, ist dieses Ergebniss sicher nicht als reine Theewirkung aufzu- fassen, sondern zum Theil, vielleicht sogar ausschliesslich, wol durch die zeitliche Aufeinanderfolge der Versuchsreihen bedingt. Berücksichtigen wir in den Normalreihen nur die Zahl der von einander verschiedenen Vorstellungen ohne die Wiederholungen derselben Verbindungen, so ergiebt sich, dass schon in der ersten Reihe un- gefähr ebensoviel Reminiscenzen auftraten, als in sämmtlichen späteren Reihen zusammengenommen, während z. B. die Zahl der neuen Klang- associationen hier 21 Mal so gross war, als diejenige der ersten Reihe. Trotzdem war der Procentsatz der Reminiscenzen unter sämmtlichen überhaupt gelieferten Associationen, alle Wiederholungen mit einge- schlossen, nur unbedeutend geringer, als ihr Verhältniss in der ersten Reihe. Daraus ergiebt sich, dass einmal die überhaupt zur associa- tiven Verwerthung kommenden Reminiscenzen ein gewisses Ueberge- wicht über die sonstigen zu Gebote stehenden Verknüpfungen haben, da sie sofort und von vornherein sich eindrängen. Späterhin werden ja auch alle sonstigen Associationen durch die besonderen Versuchs- bedingungen selbst zu allmählich sich immer mehr festigenden Reminis- cenzen, und damit verlieren jene präformirten Verbindungen den an- fänglichen Vorsprung. Andererseits aber besitzen diese letzteren schon im Anfange jene Festigkeit, welche die übrigen Glieder der Reihe erst während des Versuches erwerben; sie kehren in stereotyper Weise jedesmal wieder und erleiden daher durch den immer stärker sich ausprägenden Mangel an Nachwuchs in ihrer Gesammthäufigkeit nur eine unerhebliche Einbusse. Unter diesen Umständen ist der Procentsatz der neu auftretenden Reminiscenzen für zeitlich weiter auseinander liegende Reihen über-

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Zitationshilfe: Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/138>, abgerufen am 28.03.2024.