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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.

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Wenn die Länge der Zwischenzeiten thatsächlich für die Ge-
staltung jeder folgenden Reihe von Bedeutung war, so musste sich
diese Wirkung um so stärker geltend machen, je weniger eingeübt
die Associationen noch waren. Da die erste mehr als 24 stündige
Pause sich zwischen den 7. und 8. Versuch einschob, so würden wir
gerade für diese letztere Reihe einen besonders deutlichen Nachlass
des Uebungseffectes erwarten dürfen. In der That hat der Versuch
8 fast durchweg höhere Werthe aufzuweisen, als 7, während bei 11
wenigstens die Hälfte und bei 14 mehr als die Hälfte der Beobachtungs-
zahlen niedriger liegen, als in den vorhergehenden Normalreihen.

Auf diese Weise beginnt das ursprünglich anscheinend so wider-
spruchsvolle Ergebniss dieser Versuche sich doch mehr und mehr den
Erfahrungen Dehio's über die Theewirkung anzunähern, ein neuer
Beweis dafür, wie ungemein schwierig es ist, bei diesen Untersuchungen
die vielfachen Fehlerquellen zu vermeiden und die gewonnenen Zahlen
richtig zu deuten. Unbedingt vergleichbar mit den Normalreihen,
welche stets dem vorangehenden Versuche nach 24 Stunden folgten,
ist nur der Versuch 14, der eine nach 20--30 Minuten auftretende
und dann bis zum Schlusse wachsende Verkürzung der Zahlen zeigt,
ganz analog den einfachen Associationsreihen Dehio's. Alle übrigen
Theeversuche sind unter verhältnissmässig viel ungünstigeren Be-
dingungen angestellt worden, als die voraufgehenden und noch mehr
die ihnen folgenden Normalreihen. Erstere schlossen sich stets nach
24 Stunden an die nächstfrüheren Alkoholreihen an, während den
Theeversuchen (mit Ausnahme von 5) eine 48 stündige Pause voran-
ging. Die späteren Normalreihen aber waren durch den zwischen-
geschobenen Alkoholversuch bereits im Sinne einer weiteren Uebungs-
verkürzung beeinflusst. Wenn trotzdem in der Reihe 16 noch Werthe
beobachtet werden, die niedriger sind, als diejenigen des Versuches 17,
so werden wir denselben eine relativ grosse Bedeutung beilegen und
sie nicht ohne Weiteres als zufällige Vorkommnisse betrachten dürfen.
Freilich begegnet uns auch zwischen den Reihen 7 und 10 ein ähn-
liches Verhältniss, insofern hier viermal grössere Mittel vorkommen,
als dort. Allein wir haben auch früher bereits gesehen, dass die
letztere Reihe in später Abendstunde gewonnen wurde und somit wegen
stärkerer Ermüdung längere Werthe ergeben konnte.

Vergleichen wir endlich noch die Theeversuche mit den in Tabelle
XV wiedergegebenen Alkoholreihen, so ergiebt sich, dass die Alkohol-
reihen der letzten Versuchsperiode sowol in ihren Gesammtmitteln wie
in den einzelnen Werthen weit über den ihnen folgenden und ebenso

8*

Wenn die Länge der Zwischenzeiten thatsächlich für die Ge-
staltung jeder folgenden Reihe von Bedeutung war, so musste sich
diese Wirkung um so stärker geltend machen, je weniger eingeübt
die Associationen noch waren. Da die erste mehr als 24 stündige
Pause sich zwischen den 7. und 8. Versuch einschob, so würden wir
gerade für diese letztere Reihe einen besonders deutlichen Nachlass
des Uebungseffectes erwarten dürfen. In der That hat der Versuch
8 fast durchweg höhere Werthe aufzuweisen, als 7, während bei 11
wenigstens die Hälfte und bei 14 mehr als die Hälfte der Beobachtungs-
zahlen niedriger liegen, als in den vorhergehenden Normalreihen.

Auf diese Weise beginnt das ursprünglich anscheinend so wider-
spruchsvolle Ergebniss dieser Versuche sich doch mehr und mehr den
Erfahrungen Dehio’s über die Theewirkung anzunähern, ein neuer
Beweis dafür, wie ungemein schwierig es ist, bei diesen Untersuchungen
die vielfachen Fehlerquellen zu vermeiden und die gewonnenen Zahlen
richtig zu deuten. Unbedingt vergleichbar mit den Normalreihen,
welche stets dem vorangehenden Versuche nach 24 Stunden folgten,
ist nur der Versuch 14, der eine nach 20—30 Minuten auftretende
und dann bis zum Schlusse wachsende Verkürzung der Zahlen zeigt,
ganz analog den einfachen Associationsreihen Dehio’s. Alle übrigen
Theeversuche sind unter verhältnissmässig viel ungünstigeren Be-
dingungen angestellt worden, als die voraufgehenden und noch mehr
die ihnen folgenden Normalreihen. Erstere schlossen sich stets nach
24 Stunden an die nächstfrüheren Alkoholreihen an, während den
Theeversuchen (mit Ausnahme von 5) eine 48 stündige Pause voran-
ging. Die späteren Normalreihen aber waren durch den zwischen-
geschobenen Alkoholversuch bereits im Sinne einer weiteren Uebungs-
verkürzung beeinflusst. Wenn trotzdem in der Reihe 16 noch Werthe
beobachtet werden, die niedriger sind, als diejenigen des Versuches 17,
so werden wir denselben eine relativ grosse Bedeutung beilegen und
sie nicht ohne Weiteres als zufällige Vorkommnisse betrachten dürfen.
Freilich begegnet uns auch zwischen den Reihen 7 und 10 ein ähn-
liches Verhältniss, insofern hier viermal grössere Mittel vorkommen,
als dort. Allein wir haben auch früher bereits gesehen, dass die
letztere Reihe in später Abendstunde gewonnen wurde und somit wegen
stärkerer Ermüdung längere Werthe ergeben konnte.

Vergleichen wir endlich noch die Theeversuche mit den in Tabelle
XV wiedergegebenen Alkoholreihen, so ergiebt sich, dass die Alkohol-
reihen der letzten Versuchsperiode sowol in ihren Gesammtmitteln wie
in den einzelnen Werthen weit über den ihnen folgenden und ebenso

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[115/0131] Wenn die Länge der Zwischenzeiten thatsächlich für die Ge- staltung jeder folgenden Reihe von Bedeutung war, so musste sich diese Wirkung um so stärker geltend machen, je weniger eingeübt die Associationen noch waren. Da die erste mehr als 24 stündige Pause sich zwischen den 7. und 8. Versuch einschob, so würden wir gerade für diese letztere Reihe einen besonders deutlichen Nachlass des Uebungseffectes erwarten dürfen. In der That hat der Versuch 8 fast durchweg höhere Werthe aufzuweisen, als 7, während bei 11 wenigstens die Hälfte und bei 14 mehr als die Hälfte der Beobachtungs- zahlen niedriger liegen, als in den vorhergehenden Normalreihen. Auf diese Weise beginnt das ursprünglich anscheinend so wider- spruchsvolle Ergebniss dieser Versuche sich doch mehr und mehr den Erfahrungen Dehio’s über die Theewirkung anzunähern, ein neuer Beweis dafür, wie ungemein schwierig es ist, bei diesen Untersuchungen die vielfachen Fehlerquellen zu vermeiden und die gewonnenen Zahlen richtig zu deuten. Unbedingt vergleichbar mit den Normalreihen, welche stets dem vorangehenden Versuche nach 24 Stunden folgten, ist nur der Versuch 14, der eine nach 20—30 Minuten auftretende und dann bis zum Schlusse wachsende Verkürzung der Zahlen zeigt, ganz analog den einfachen Associationsreihen Dehio’s. Alle übrigen Theeversuche sind unter verhältnissmässig viel ungünstigeren Be- dingungen angestellt worden, als die voraufgehenden und noch mehr die ihnen folgenden Normalreihen. Erstere schlossen sich stets nach 24 Stunden an die nächstfrüheren Alkoholreihen an, während den Theeversuchen (mit Ausnahme von 5) eine 48 stündige Pause voran- ging. Die späteren Normalreihen aber waren durch den zwischen- geschobenen Alkoholversuch bereits im Sinne einer weiteren Uebungs- verkürzung beeinflusst. Wenn trotzdem in der Reihe 16 noch Werthe beobachtet werden, die niedriger sind, als diejenigen des Versuches 17, so werden wir denselben eine relativ grosse Bedeutung beilegen und sie nicht ohne Weiteres als zufällige Vorkommnisse betrachten dürfen. Freilich begegnet uns auch zwischen den Reihen 7 und 10 ein ähn- liches Verhältniss, insofern hier viermal grössere Mittel vorkommen, als dort. Allein wir haben auch früher bereits gesehen, dass die letztere Reihe in später Abendstunde gewonnen wurde und somit wegen stärkerer Ermüdung längere Werthe ergeben konnte. Vergleichen wir endlich noch die Theeversuche mit den in Tabelle XV wiedergegebenen Alkoholreihen, so ergiebt sich, dass die Alkohol- reihen der letzten Versuchsperiode sowol in ihren Gesammtmitteln wie in den einzelnen Werthen weit über den ihnen folgenden und ebenso 8*

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Zitationshilfe: Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/131>, abgerufen am 24.04.2024.