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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.

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Ihn, der das heil'ge Lied dem Menschen gab
Zum Trost in seinen Mühen, ihn, der selbst
Rein, schuldlos, makellos, des Reinen nur
Sich annimmt, alles Trugs und Schmutzes Feind.
Es fehlte wenig und ich forderte
Heraus den Gott im rohen Ungestüm,
Zurückzuschleudern die verruchte Brut
In ihr Geklüft', zu rein'gen Licht und Luft
Von ihrer Gegenwart Vorwurf und Quaal.

Nicht so der Schwan. Gross, schweigend und
in Ruh
Der Unschuld tauchete der Herrliche
Hinunter in die Fluth, verzog in ihr
Von Athemzug zu Athemzug, und sieh!
Nur schimmernder, nur reiner noch, denn vor,
Enttauchet' er der Fluth. Hinweggespühlt
War jeder Makel, jedes Schmuzes Spur.
Die dummen Neider sahn ihn, rauschten auf
In ihrer Ohnmacht knirschendem Gefühl,
Und floh'n zum Aas im nächsten Thal zurück.
Der Vogel Gottes aber schwamm getrost,
Voll hohen Anstands, Adels, Majestät,
Doch alles Dünkels, alles Wahnes baar,
Hinab die blauen Fluthen. Angeweht
Von Gottes Hauch, vom letzten rothen Strahl

Ihn, der das heil'ge Lied dem Menschen gab
Zum Trost in seinen Mühen, ihn, der selbst
Rein, schuldlos, makellos, des Reinen nur
Sich annimmt, alles Trugs und Schmutzes Feind.
Es fehlte wenig und ich forderte
Heraus den Gott im rohen Ungestüm,
Zurückzuschleudern die verruchte Brut
In ihr Geklüft', zu rein'gen Licht und Luft
Von ihrer Gegenwart Vorwurf und Quaal.

Nicht so der Schwan. Groſs, schweigend und
in Ruh
Der Unschuld tauchete der Herrliche
Hinunter in die Fluth, verzog in ihr
Von Athemzug zu Athemzug, und sieh!
Nur schimmernder, nur reiner noch, denn vor,
Enttauchet' er der Fluth. Hinweggespühlt
War jeder Makel, jedes Schmuzes Spur.
Die dummen Neider sahn ihn, rauschten auf
In ihrer Ohnmacht knirschendem Gefühl,
Und floh'n zum Aas im nächsten Thal zurück.
Der Vogel Gottes aber schwamm getrost,
Voll hohen Anstands, Adels, Majestät,
Doch alles Dünkels, alles Wahnes baar,
Hinab die blauen Fluthen. Angeweht
Von Gottes Hauch, vom letzten rothen Strahl
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[296/0322] Ihn, der das heil'ge Lied dem Menschen gab Zum Trost in seinen Mühen, ihn, der selbst Rein, schuldlos, makellos, des Reinen nur Sich annimmt, alles Trugs und Schmutzes Feind. Es fehlte wenig und ich forderte Heraus den Gott im rohen Ungestüm, Zurückzuschleudern die verruchte Brut In ihr Geklüft', zu rein'gen Licht und Luft Von ihrer Gegenwart Vorwurf und Quaal. Nicht so der Schwan. Groſs, schweigend und in Ruh Der Unschuld tauchete der Herrliche Hinunter in die Fluth, verzog in ihr Von Athemzug zu Athemzug, und sieh! Nur schimmernder, nur reiner noch, denn vor, Enttauchet' er der Fluth. Hinweggespühlt War jeder Makel, jedes Schmuzes Spur. Die dummen Neider sahn ihn, rauschten auf In ihrer Ohnmacht knirschendem Gefühl, Und floh'n zum Aas im nächsten Thal zurück. Der Vogel Gottes aber schwamm getrost, Voll hohen Anstands, Adels, Majestät, Doch alles Dünkels, alles Wahnes baar, Hinab die blauen Fluthen. Angeweht Von Gottes Hauch, vom letzten rothen Strahl

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/322>, abgerufen am 24.04.2024.