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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.

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Doch dein Lied verrieth des Herzens Wunde.
Deine Laute girrte süssen Schmerz --
Und in unsrer trunkensten Sekunde
Sankst du liebewimmernd mir ans Herz,
Wandest los dich, flohst und sahst im Fliehen
Auf den Trunknen weinend noch zurück,
Blitze sah ich durch die Thränen sprühen.
Binden Eyde wohl, wie so ein Blick?
Und auch Eyde fehlten nicht dem Bunde.
Lebend, sterbend, schwurst du mein zu seyn,
Kamst in mancher unbelauschten Stunde,
Unsers Bundes dich mit mir zu freun.
In der Mitternächte heil'gem Grauen
Warfst du sorglos dich in meinen Arm.
Schöne Unschuld, rührendes Vertrauen,
Du durchschauerst mich mit süssem Harm.
Aber nun des Argwohns Lauerblicke
Unsers Bundes heilge Nacht durchspähn,
Nun mich Vorurtheil und Stolz und Tücke
Hochverräther, Kirchenräuber schmähn,
Soll ich Wort und Schwur zurück dir geben?
Soll, von dir -- von Licht und Luft verbannt,
Einsam schleichen durch das dunkle Leben?
Einsam irren an des Lethe Strand?
Doch dein Lied verrieth des Herzens Wunde.
Deine Laute girrte süſsen Schmerz —
Und in unsrer trunkensten Sekunde
Sankst du liebewimmernd mir ans Herz,
Wandest los dich, flohst und sahst im Fliehen
Auf den Trunknen weinend noch zurück,
Blitze sah ich durch die Thränen sprühen.
Binden Eyde wohl, wie so ein Blick?
Und auch Eyde fehlten nicht dem Bunde.
Lebend, sterbend, schwurst du mein zu seyn,
Kamst in mancher unbelauschten Stunde,
Unsers Bundes dich mit mir zu freun.
In der Mitternächte heil'gem Grauen
Warfst du sorglos dich in meinen Arm.
Schöne Unschuld, rührendes Vertrauen,
Du durchschauerst mich mit süſsem Harm.
Aber nun des Argwohns Lauerblicke
Unsers Bundes heilge Nacht durchspähn,
Nun mich Vorurtheil und Stolz und Tücke
Hochverräther, Kirchenräuber schmähn,
Soll ich Wort und Schwur zurück dir geben?
Soll, von dir — von Licht und Luft verbannt,
Einsam schleichen durch das dunkle Leben?
Einsam irren an des Lethe Strand?
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[274/0300] Doch dein Lied verrieth des Herzens Wunde. Deine Laute girrte süſsen Schmerz — Und in unsrer trunkensten Sekunde Sankst du liebewimmernd mir ans Herz, Wandest los dich, flohst und sahst im Fliehen Auf den Trunknen weinend noch zurück, Blitze sah ich durch die Thränen sprühen. Binden Eyde wohl, wie so ein Blick? Und auch Eyde fehlten nicht dem Bunde. Lebend, sterbend, schwurst du mein zu seyn, Kamst in mancher unbelauschten Stunde, Unsers Bundes dich mit mir zu freun. In der Mitternächte heil'gem Grauen Warfst du sorglos dich in meinen Arm. Schöne Unschuld, rührendes Vertrauen, Du durchschauerst mich mit süſsem Harm. Aber nun des Argwohns Lauerblicke Unsers Bundes heilge Nacht durchspähn, Nun mich Vorurtheil und Stolz und Tücke Hochverräther, Kirchenräuber schmähn, Soll ich Wort und Schwur zurück dir geben? Soll, von dir — von Licht und Luft verbannt, Einsam schleichen durch das dunkle Leben? Einsam irren an des Lethe Strand?

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/300>, abgerufen am 20.04.2024.