Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Korn, Philipp Anton: Die erste deutsche Frauen-Conferenz in Leipzig. Leipzig, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Ergriffen von der Feierlichkeit des Moments bezwang die Rednerin die innere Rührung ihres edlen Herzens und sprach, getragen von dem Bewußtsein der Erhabenheit des Charakters dieser Versammlung, folgende beherzte Worte:


Verehrte Anwesende!

Wenn ich es wage heute und hier das Wort zu ergreifen ohne das Talent der Rede, ja selbst das dazu geeignete Organ zu besitzen -- so muß ich mich gleich im Voraus mit der Pflicht entschuldigen, die mir meine Stellung als Vorsitzende des Frauenbildungsvereins und des Comites, welches diese Frauenconferenz einberufen, auferlegt.

Allerdings muß ich sagen, dass zu dieser Pflicht auch das Bedürfniß des eignen Herzens kommt, der Drang, Ihnen Allen die Sie hier erschienen sind den tiefgefühltesten Dank dafür zu sagen in meinem eignen Namen, wie im Namen Derer, die sich hier mit mir schon längst zu gleichem Werke verbunden haben!

Vor Allen gilt dieser Dank den auswärtigen Damen, welche sich weder durch die verspätete Jahreszeit, noch durch andere Gründe haben abhalten lassen unsrer Einladung Folge zu leisten. Sie haben durch Ihr Erscheinen hinreichend bewiesen, daß Sie da kein kleinliches Bedenken kennen, wo es gilt sich an ein großes Interesse dahinzugeben. Sie bezeugen dadurch, daß Sie nicht allein unserm Rufe, wie es ja des Weibes edelste Art ist und ewig bleiben soll, sondern vielmehr auch dem Rufe Ihres eigenen Herzens gefolgt sind. Sie fühlten und erkannten längst gleich uns, daß etwas geschehen müsse den Wirkungskreis der deutschen Frauen zu erweitern und Sie sahen sich schon längst nach einem Mittel und Wege dazu um. Darum sind Sie jetzt, wo wir es gewagt haben zu einer gemeinsamen Berathung über diese Mittel und Wege aufzufordern bei uns erschienen -- und schon durch dies Kommen allein beweisen Sie, daß wir auf Ihren ernsten Willen, auf Ihre Begeisterung für unsre Sache zählen können. Denn die Bedenklichen, die Begeisterungslosen, die Unentschiedenen, die Vorsichtigen, Alle die dem beliebten Princip des Abwartens huldigen, jenem Princip, das, wenn es wirklich das herrschende wäre, die Welt zu ewigem Stillstand verdammte -- diese sind natürlich zu Hause geblieben und werden erst später zu uns kommen -- werden kommen da Sie, verehrte Anwesende, ja gekommen sind. Darum Dank Ihnen, daß Sie ein würdiges Beispiel gegeben haben -- Ihr Kommen ist eine muthige That, denn es ist der erste Schritt zu unserm Ziele.

Dank auch Ihnen Allen, verehrte Mitbewohnerinnen unsrer Stadt, die hier erschienen sind, denn auch von Ihnen sind wir

Ergriffen von der Feierlichkeit des Moments bezwang die Rednerin die innere Rührung ihres edlen Herzens und sprach, getragen von dem Bewußtsein der Erhabenheit des Charakters dieser Versammlung, folgende beherzte Worte:


Verehrte Anwesende!

Wenn ich es wage heute und hier das Wort zu ergreifen ohne das Talent der Rede, ja selbst das dazu geeignete Organ zu besitzen — so muß ich mich gleich im Voraus mit der Pflicht entschuldigen, die mir meine Stellung als Vorsitzende des Frauenbildungsvereins und des Comités, welches diese Frauenconferenz einberufen, auferlegt.

Allerdings muß ich sagen, dass zu dieser Pflicht auch das Bedürfniß des eignen Herzens kommt, der Drang, Ihnen Allen die Sie hier erschienen sind den tiefgefühltesten Dank dafür zu sagen in meinem eignen Namen, wie im Namen Derer, die sich hier mit mir schon längst zu gleichem Werke verbunden haben!

Vor Allen gilt dieser Dank den auswärtigen Damen, welche sich weder durch die verspätete Jahreszeit, noch durch andere Gründe haben abhalten lassen unsrer Einladung Folge zu leisten. Sie haben durch Ihr Erscheinen hinreichend bewiesen, daß Sie da kein kleinliches Bedenken kennen, wo es gilt sich an ein großes Interesse dahinzugeben. Sie bezeugen dadurch, daß Sie nicht allein unserm Rufe, wie es ja des Weibes edelste Art ist und ewig bleiben soll, sondern vielmehr auch dem Rufe Ihres eigenen Herzens gefolgt sind. Sie fühlten und erkannten längst gleich uns, daß etwas geschehen müsse den Wirkungskreis der deutschen Frauen zu erweitern und Sie sahen sich schon längst nach einem Mittel und Wege dazu um. Darum sind Sie jetzt, wo wir es gewagt haben zu einer gemeinsamen Berathung über diese Mittel und Wege aufzufordern bei uns erschienen — und schon durch dies Kommen allein beweisen Sie, daß wir auf Ihren ernsten Willen, auf Ihre Begeisterung für unsre Sache zählen können. Denn die Bedenklichen, die Begeisterungslosen, die Unentschiedenen, die Vorsichtigen, Alle die dem beliebten Princip des Abwartens huldigen, jenem Princip, das, wenn es wirklich das herrschende wäre, die Welt zu ewigem Stillstand verdammte — diese sind natürlich zu Hause geblieben und werden erst später zu uns kommen — werden kommen da Sie, verehrte Anwesende, ja gekommen sind. Darum Dank Ihnen, daß Sie ein würdiges Beispiel gegeben haben — Ihr Kommen ist eine muthige That, denn es ist der erste Schritt zu unserm Ziele.

Dank auch Ihnen Allen, verehrte Mitbewohnerinnen unsrer Stadt, die hier erschienen sind, denn auch von Ihnen sind wir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0004" n="4"/>
          <p>Ergriffen von der Feierlichkeit des Moments bezwang die Rednerin die innere Rührung ihres edlen Herzens und sprach, getragen von dem Bewußtsein der Erhabenheit des Charakters dieser Versammlung, folgende beherzte Worte:</p>
          <space dim="vertical"/>
          <p rendition="#c">Verehrte Anwesende!</p>
          <p>Wenn ich es wage heute und hier das Wort zu ergreifen ohne das Talent der Rede, ja selbst das dazu geeignete Organ zu besitzen &#x2014; so muß ich mich gleich im Voraus mit der <hi rendition="#g">Pflicht</hi> entschuldigen, die mir meine Stellung als Vorsitzende des Frauenbildungsvereins und des Comités, welches diese Frauenconferenz einberufen, auferlegt.</p>
          <p>Allerdings muß ich sagen, dass zu dieser Pflicht auch das Bedürfniß des eignen Herzens kommt, der Drang, Ihnen Allen die Sie hier erschienen sind den tiefgefühltesten <hi rendition="#g">Dank</hi> dafür zu sagen in meinem eignen Namen, wie im Namen Derer, die sich hier mit mir schon längst zu gleichem Werke verbunden haben!</p>
          <p>Vor Allen gilt dieser Dank den auswärtigen Damen, welche sich weder durch die verspätete Jahreszeit, noch durch andere Gründe haben abhalten lassen unsrer Einladung Folge zu leisten. Sie haben durch Ihr Erscheinen hinreichend bewiesen, daß Sie da kein kleinliches Bedenken kennen, wo es gilt sich an ein großes Interesse dahinzugeben. Sie bezeugen dadurch, daß Sie nicht allein unserm Rufe, wie es ja des Weibes edelste Art ist und ewig bleiben soll, sondern vielmehr auch dem Rufe <hi rendition="#g">Ihres eigenen Herzens</hi> gefolgt sind. Sie fühlten und erkannten längst gleich uns, daß etwas geschehen müsse den Wirkungskreis der deutschen Frauen zu erweitern und Sie sahen sich schon längst nach einem Mittel und Wege dazu um. Darum sind Sie jetzt, wo wir es gewagt haben zu einer gemeinsamen Berathung über diese Mittel und Wege aufzufordern bei uns erschienen &#x2014; und schon durch dies Kommen allein beweisen Sie, daß wir auf Ihren ernsten Willen, auf Ihre Begeisterung für unsre Sache zählen können. Denn die Bedenklichen, die Begeisterungslosen, die Unentschiedenen, die Vorsichtigen, Alle die dem beliebten Princip des <hi rendition="#g">Abwartens</hi> huldigen, jenem Princip, das, wenn es wirklich das herrschende wäre, die Welt zu ewigem Stillstand verdammte &#x2014; diese sind natürlich zu Hause geblieben und werden erst später zu uns kommen &#x2014; werden kommen da Sie, verehrte Anwesende, ja gekommen sind. Darum Dank Ihnen, daß Sie ein würdiges Beispiel gegeben haben &#x2014; <hi rendition="#g">Ihr Kommen ist eine muthige That</hi>, denn es ist der erste Schritt zu unserm Ziele.</p>
          <p>Dank auch <hi rendition="#g">Ihnen</hi> Allen, verehrte Mitbewohnerinnen unsrer Stadt, die hier erschienen sind, denn auch von Ihnen sind wir
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0004] Ergriffen von der Feierlichkeit des Moments bezwang die Rednerin die innere Rührung ihres edlen Herzens und sprach, getragen von dem Bewußtsein der Erhabenheit des Charakters dieser Versammlung, folgende beherzte Worte: Verehrte Anwesende! Wenn ich es wage heute und hier das Wort zu ergreifen ohne das Talent der Rede, ja selbst das dazu geeignete Organ zu besitzen — so muß ich mich gleich im Voraus mit der Pflicht entschuldigen, die mir meine Stellung als Vorsitzende des Frauenbildungsvereins und des Comités, welches diese Frauenconferenz einberufen, auferlegt. Allerdings muß ich sagen, dass zu dieser Pflicht auch das Bedürfniß des eignen Herzens kommt, der Drang, Ihnen Allen die Sie hier erschienen sind den tiefgefühltesten Dank dafür zu sagen in meinem eignen Namen, wie im Namen Derer, die sich hier mit mir schon längst zu gleichem Werke verbunden haben! Vor Allen gilt dieser Dank den auswärtigen Damen, welche sich weder durch die verspätete Jahreszeit, noch durch andere Gründe haben abhalten lassen unsrer Einladung Folge zu leisten. Sie haben durch Ihr Erscheinen hinreichend bewiesen, daß Sie da kein kleinliches Bedenken kennen, wo es gilt sich an ein großes Interesse dahinzugeben. Sie bezeugen dadurch, daß Sie nicht allein unserm Rufe, wie es ja des Weibes edelste Art ist und ewig bleiben soll, sondern vielmehr auch dem Rufe Ihres eigenen Herzens gefolgt sind. Sie fühlten und erkannten längst gleich uns, daß etwas geschehen müsse den Wirkungskreis der deutschen Frauen zu erweitern und Sie sahen sich schon längst nach einem Mittel und Wege dazu um. Darum sind Sie jetzt, wo wir es gewagt haben zu einer gemeinsamen Berathung über diese Mittel und Wege aufzufordern bei uns erschienen — und schon durch dies Kommen allein beweisen Sie, daß wir auf Ihren ernsten Willen, auf Ihre Begeisterung für unsre Sache zählen können. Denn die Bedenklichen, die Begeisterungslosen, die Unentschiedenen, die Vorsichtigen, Alle die dem beliebten Princip des Abwartens huldigen, jenem Princip, das, wenn es wirklich das herrschende wäre, die Welt zu ewigem Stillstand verdammte — diese sind natürlich zu Hause geblieben und werden erst später zu uns kommen — werden kommen da Sie, verehrte Anwesende, ja gekommen sind. Darum Dank Ihnen, daß Sie ein würdiges Beispiel gegeben haben — Ihr Kommen ist eine muthige That, denn es ist der erste Schritt zu unserm Ziele. Dank auch Ihnen Allen, verehrte Mitbewohnerinnen unsrer Stadt, die hier erschienen sind, denn auch von Ihnen sind wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-14T09:32:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-14T09:32:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-14T09:32:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/korn_frauenconferenz_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/korn_frauenconferenz_1865/4
Zitationshilfe: Korn, Philipp Anton: Die erste deutsche Frauen-Conferenz in Leipzig. Leipzig, 1865, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/korn_frauenconferenz_1865/4>, abgerufen am 28.03.2024.