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Korn, Philipp Anton: Die erste deutsche Frauen-Conferenz in Leipzig. Leipzig, 1865.

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die Vereingesetze Preußens und Oesterreichs stellten sie in die Categorie der Lehrlinge und Unmündige!

Vergebens mahnte uns die alte Geschichte an die großartigen Frauencharaktere der biblischen Zeit, umsonst war das Blut der heiligen Frauen geflossen, die als Märtyrerinnen des Glaubens gefallen sind; der Griffel der neueren Geschichte stumpfte sich ab in Aufzeichnung der von Frauen und Jungfrauen verübten patriotischen Heldenthaten, die Stellung der Frauen blieb eine untergeordnete, und - das Frauengeschlecht - schwieg. -

Da brach die neue Zeit heran mit ihrer Gedankenfreiheit, die Presse brach sich Bahn durch die dunkeln Irrgänge des Vorurtheils und des Eigendünkels und der Geist des Menschen wurde entfesselt. Die Zeit des Redens war für das weibliche Geschlecht gekommen; der durchdringende Verstand der Frauen im Allgemeinen und der Beruf vieler einzelner Begabter zum geistigen Schaffen rief eine großartige Frauenliteratur hervor, in welcher die Töchter der großen und gebildeten Nationen im edlen Wetteifer einander zu überbieten suchten.

Die Schriftstellerinnen erkannten bald die mißliche Stellung ihres Geschlechtes, die Stoßseufzer der Französinnen fanden ein getreues Echo im Busen der englischen und deutschen Frauen. Und als die Früchte des ausgestreuten Samens der deutschen Schriftstellerinnen und als das Resultat ihrer rastlosen Bestrebungen auf dem geistigen Gebiete können wir besonders diese erste Frauenversammlung in Leipzig betrachten.

Ich begrüße Sie Töchter Germaniens im Namen der civilisirten Menschheit und sage mir Glück dazu, daß ich vom Schicksal dazu auserkoren wurde den Impuls zu dieser Versammlung zu geben, in welcher der humane Sinn des deutschen Volkes, der Geist der Zeit mit Gottes Hülfe ihre Triumphe feiern werden.

Sie betreten vereint mit den Männern welche Ihre Gesinnungen theilen den Kampfplatz um die Rechte der Frauen zu erkämpfen. Doch die Mittel die hierbei angewendet werden können, sind zweierlei, sie können weiblicher und auch unweiblicher Natur sein, gegen letzeres streubt sich unstreitig Ihr zarter Sinn. In beiden Fällen aber ist der Weg, den Sie betreten, nicht mit Rosen bestreut, sondern wie alle neue Bahnen, die zum Wohl der Menschheit führen, eine dornenvolle.

Alle Rechte, die bisher für die unterdrückte Menschheit erkämpft wurden, mußten mit Gewalt erkämpft werden und es frägt sich, welche Gewalt soll bei der Erkämpfung der Frauenrechte angewandt werden? Geehrte Versammlung! Ich glaube den Ausdruck Ihrer Gesinnungen zu intoniren, wenn ich sage: Nicht der Donner der Geschütze wird unsern Kampf verkündigen, die Schärfe des Schwerdtes

die Vereingesetze Preußens und Oesterreichs stellten sie in die Categorie der Lehrlinge und Unmündige!

Vergebens mahnte uns die alte Geschichte an die großartigen Frauencharaktere der biblischen Zeit, umsonst war das Blut der heiligen Frauen geflossen, die als Märtyrerinnen des Glaubens gefallen sind; der Griffel der neueren Geschichte stumpfte sich ab in Aufzeichnung der von Frauen und Jungfrauen verübten patriotischen Heldenthaten, die Stellung der Frauen blieb eine untergeordnete, und – das Frauengeschlecht – schwieg. –

Da brach die neue Zeit heran mit ihrer Gedankenfreiheit, die Presse brach sich Bahn durch die dunkeln Irrgänge des Vorurtheils und des Eigendünkels und der Geist des Menschen wurde entfesselt. Die Zeit des Redens war für das weibliche Geschlecht gekommen; der durchdringende Verstand der Frauen im Allgemeinen und der Beruf vieler einzelner Begabter zum geistigen Schaffen rief eine großartige Frauenliteratur hervor, in welcher die Töchter der großen und gebildeten Nationen im edlen Wetteifer einander zu überbieten suchten.

Die Schriftstellerinnen erkannten bald die mißliche Stellung ihres Geschlechtes, die Stoßseufzer der Französinnen fanden ein getreues Echo im Busen der englischen und deutschen Frauen. Und als die Früchte des ausgestreuten Samens der deutschen Schriftstellerinnen und als das Resultat ihrer rastlosen Bestrebungen auf dem geistigen Gebiete können wir besonders diese erste Frauenversammlung in Leipzig betrachten.

Ich begrüße Sie Töchter Germaniens im Namen der civilisirten Menschheit und sage mir Glück dazu, daß ich vom Schicksal dazu auserkoren wurde den Impuls zu dieser Versammlung zu geben, in welcher der humane Sinn des deutschen Volkes, der Geist der Zeit mit Gottes Hülfe ihre Triumphe feiern werden.

Sie betreten vereint mit den Männern welche Ihre Gesinnungen theilen den Kampfplatz um die Rechte der Frauen zu erkämpfen. Doch die Mittel die hierbei angewendet werden können, sind zweierlei, sie können weiblicher und auch unweiblicher Natur sein, gegen letzeres streubt sich unstreitig Ihr zarter Sinn. In beiden Fällen aber ist der Weg, den Sie betreten, nicht mit Rosen bestreut, sondern wie alle neue Bahnen, die zum Wohl der Menschheit führen, eine dornenvolle.

Alle Rechte, die bisher für die unterdrückte Menschheit erkämpft wurden, mußten mit Gewalt erkämpft werden und es frägt sich, welche Gewalt soll bei der Erkämpfung der Frauenrechte angewandt werden? Geehrte Versammlung! Ich glaube den Ausdruck Ihrer Gesinnungen zu intoniren, wenn ich sage: Nicht der Donner der Geschütze wird unsern Kampf verkündigen, die Schärfe des Schwerdtes

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          <p>Sie betreten vereint mit den Männern welche Ihre Gesinnungen theilen den Kampfplatz um die Rechte der Frauen zu erkämpfen. Doch die Mittel die hierbei angewendet werden können, sind zweierlei, sie können weiblicher und auch unweiblicher Natur sein, gegen letzeres streubt sich unstreitig Ihr zarter Sinn. In beiden Fällen aber ist der Weg, den Sie betreten, nicht mit Rosen bestreut, sondern wie alle neue Bahnen, die zum Wohl der Menschheit führen, eine dornenvolle.</p>
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[14/0014] die Vereingesetze Preußens und Oesterreichs stellten sie in die Categorie der Lehrlinge und Unmündige! Vergebens mahnte uns die alte Geschichte an die großartigen Frauencharaktere der biblischen Zeit, umsonst war das Blut der heiligen Frauen geflossen, die als Märtyrerinnen des Glaubens gefallen sind; der Griffel der neueren Geschichte stumpfte sich ab in Aufzeichnung der von Frauen und Jungfrauen verübten patriotischen Heldenthaten, die Stellung der Frauen blieb eine untergeordnete, und – das Frauengeschlecht – schwieg. – Da brach die neue Zeit heran mit ihrer Gedankenfreiheit, die Presse brach sich Bahn durch die dunkeln Irrgänge des Vorurtheils und des Eigendünkels und der Geist des Menschen wurde entfesselt. Die Zeit des Redens war für das weibliche Geschlecht gekommen; der durchdringende Verstand der Frauen im Allgemeinen und der Beruf vieler einzelner Begabter zum geistigen Schaffen rief eine großartige Frauenliteratur hervor, in welcher die Töchter der großen und gebildeten Nationen im edlen Wetteifer einander zu überbieten suchten. Die Schriftstellerinnen erkannten bald die mißliche Stellung ihres Geschlechtes, die Stoßseufzer der Französinnen fanden ein getreues Echo im Busen der englischen und deutschen Frauen. Und als die Früchte des ausgestreuten Samens der deutschen Schriftstellerinnen und als das Resultat ihrer rastlosen Bestrebungen auf dem geistigen Gebiete können wir besonders diese erste Frauenversammlung in Leipzig betrachten. Ich begrüße Sie Töchter Germaniens im Namen der civilisirten Menschheit und sage mir Glück dazu, daß ich vom Schicksal dazu auserkoren wurde den Impuls zu dieser Versammlung zu geben, in welcher der humane Sinn des deutschen Volkes, der Geist der Zeit mit Gottes Hülfe ihre Triumphe feiern werden. Sie betreten vereint mit den Männern welche Ihre Gesinnungen theilen den Kampfplatz um die Rechte der Frauen zu erkämpfen. Doch die Mittel die hierbei angewendet werden können, sind zweierlei, sie können weiblicher und auch unweiblicher Natur sein, gegen letzeres streubt sich unstreitig Ihr zarter Sinn. In beiden Fällen aber ist der Weg, den Sie betreten, nicht mit Rosen bestreut, sondern wie alle neue Bahnen, die zum Wohl der Menschheit führen, eine dornenvolle. Alle Rechte, die bisher für die unterdrückte Menschheit erkämpft wurden, mußten mit Gewalt erkämpft werden und es frägt sich, welche Gewalt soll bei der Erkämpfung der Frauenrechte angewandt werden? Geehrte Versammlung! Ich glaube den Ausdruck Ihrer Gesinnungen zu intoniren, wenn ich sage: Nicht der Donner der Geschütze wird unsern Kampf verkündigen, die Schärfe des Schwerdtes

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Zitationshilfe: Korn, Philipp Anton: Die erste deutsche Frauen-Conferenz in Leipzig. Leipzig, 1865, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/korn_frauenconferenz_1865/14>, abgerufen am 28.03.2024.