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Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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einen guten Meerfisch, bei dem man weniger auf die Gräten achtet als auf das Fleisch. Endlich hatte des Solon Zettel: ein Ragout, worin die Zunge das eine Stück nicht geringer schätzt, wie das andre. Ein achter Thron, ziemlich in der Mitte des Bogens, war noch unbesetzt und ohne Wahlspruch. Ein großer Vorhang daneben schien einen neunten Thron zu verbergen. Schon eine Weile stand Don Antonio so da und harrete der Dinge, die da kommen sollten. Der Herold und die vier Geschorenen hatten ihn bereits verlassen. Niemand sprach zu ihm. Alles war todtenstill. Der Sturm, welcher draußen tobte, verhüllte die untergehende Sonne mit schwarzem Gewölk, und Dunkelheit erhub sich. Da fuhr es plötzlich um alle Wände des alten Saales wie ein feuriger Drache wild daher, und vierzig große Wachsfackeln brannten auf einmal entzündet. Zuerst erschrak die ganze Versammlung und Don Antonio mit; aber als ein Pulvergeruch und Dampf sich verbreitete, brach die vorher stumme Menge in ein schlecht verhaltenes Gelächter und theilweises Husten aus, welches jedoch bald ein dumpf donnernder Paukenwirbel verschlang, bei dem Niemand merken konnte, wo er herkam. Da ging plötzlich unter lautem Trompetenschall der Vorhang des neunten Thrones auf, und Don Carlo stand vor demselben phantastisch als Pythagoras gekleidet, in einem Purpurgewande mit goldnem Diadem auf dem Haupte, wohinter ein Feuerrad zischend seine bunten Wirbel von Funken warf. Bravo! schrie Alles. Aber der Herold

einen guten Meerfisch, bei dem man weniger auf die Gräten achtet als auf das Fleisch. Endlich hatte des Solon Zettel: ein Ragout, worin die Zunge das eine Stück nicht geringer schätzt, wie das andre. Ein achter Thron, ziemlich in der Mitte des Bogens, war noch unbesetzt und ohne Wahlspruch. Ein großer Vorhang daneben schien einen neunten Thron zu verbergen. Schon eine Weile stand Don Antonio so da und harrete der Dinge, die da kommen sollten. Der Herold und die vier Geschorenen hatten ihn bereits verlassen. Niemand sprach zu ihm. Alles war todtenstill. Der Sturm, welcher draußen tobte, verhüllte die untergehende Sonne mit schwarzem Gewölk, und Dunkelheit erhub sich. Da fuhr es plötzlich um alle Wände des alten Saales wie ein feuriger Drache wild daher, und vierzig große Wachsfackeln brannten auf einmal entzündet. Zuerst erschrak die ganze Versammlung und Don Antonio mit; aber als ein Pulvergeruch und Dampf sich verbreitete, brach die vorher stumme Menge in ein schlecht verhaltenes Gelächter und theilweises Husten aus, welches jedoch bald ein dumpf donnernder Paukenwirbel verschlang, bei dem Niemand merken konnte, wo er herkam. Da ging plötzlich unter lautem Trompetenschall der Vorhang des neunten Thrones auf, und Don Carlo stand vor demselben phantastisch als Pythagoras gekleidet, in einem Purpurgewande mit goldnem Diadem auf dem Haupte, wohinter ein Feuerrad zischend seine bunten Wirbel von Funken warf. Bravo! schrie Alles. Aber der Herold

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:47:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/38>, abgerufen am 19.04.2024.