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Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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warf sogar mit Allem, was man erlangen konnte, nach jenem Dache, bis die Lärmtrompeter lachend auseinander liefen, deren Harmonie ganz allein in der Meinung bestanden hatte: je toller der Lärm, je besser der Tusch. Sie hatten sich dazu nicht allein aller Arten verbogener und verdorbener Blechinstrumente bedient, sondern zum Theil auf Gießkannen, Dachrinnen und mächtigen gewundenen Seemuscheln ein Geheul hervorgebracht, wie man es sonst wohl nur in den afrikanischen Wildnissen zu hören bekommt. Der Nordoststurm, welcher bereits mit großer Heftigkeit über jenes Dach herwehte, hatte das Schariwari durch seine Schwingungen noch viel mißlautender gemacht, so daß Jedermann zufrieden war, es beseitigt zu wissen. Nun erst gewann Don Antonio Muße, die versammelten Schwärme der immerwährend jubelnden Kahlköpfe genauer zu betrachten. Er bemerkte nun erst, daß fast Niemand in gewöhnlicher Tracht zu sehen war. Alle hatten sich mehr oder minder phantastisch vermummt. Einige stellten uralte Waldgötter vor, besonders häufig aber sah er Männer in Toga, oder vielmehr in reinliche Tisch- und Betttücher eingehüllte Leute, die gewaltig wichtige Mienen annahmen oder anzunehmen bemüht waren. An alten Priestern und Philosophen war ebenfalls kein Mangel; denn zu seinen Füßen zankten sich allein zwanzig Sokratesse, von denen jeder behauptete, ganz allein der echte Sokrates zu sein, weil er zuerst diesen Einfall gehabt. Don Antonio ward von allem Dem sehr ergötzt und nickte

warf sogar mit Allem, was man erlangen konnte, nach jenem Dache, bis die Lärmtrompeter lachend auseinander liefen, deren Harmonie ganz allein in der Meinung bestanden hatte: je toller der Lärm, je besser der Tusch. Sie hatten sich dazu nicht allein aller Arten verbogener und verdorbener Blechinstrumente bedient, sondern zum Theil auf Gießkannen, Dachrinnen und mächtigen gewundenen Seemuscheln ein Geheul hervorgebracht, wie man es sonst wohl nur in den afrikanischen Wildnissen zu hören bekommt. Der Nordoststurm, welcher bereits mit großer Heftigkeit über jenes Dach herwehte, hatte das Schariwari durch seine Schwingungen noch viel mißlautender gemacht, so daß Jedermann zufrieden war, es beseitigt zu wissen. Nun erst gewann Don Antonio Muße, die versammelten Schwärme der immerwährend jubelnden Kahlköpfe genauer zu betrachten. Er bemerkte nun erst, daß fast Niemand in gewöhnlicher Tracht zu sehen war. Alle hatten sich mehr oder minder phantastisch vermummt. Einige stellten uralte Waldgötter vor, besonders häufig aber sah er Männer in Toga, oder vielmehr in reinliche Tisch- und Betttücher eingehüllte Leute, die gewaltig wichtige Mienen annahmen oder anzunehmen bemüht waren. An alten Priestern und Philosophen war ebenfalls kein Mangel; denn zu seinen Füßen zankten sich allein zwanzig Sokratesse, von denen jeder behauptete, ganz allein der echte Sokrates zu sein, weil er zuerst diesen Einfall gehabt. Don Antonio ward von allem Dem sehr ergötzt und nickte

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:47:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/35>, abgerufen am 25.04.2024.