Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

abzuhalten, was ihm den Spaß Don Carlo's hätte verrathen können; hier aber war seine Sorgfalt überflüssig, denn Don Carlo hatte bereits überall gewandte Knaben als Wächter ausgestellt, die ihn von fern kommen gesehen und in der Stadt vorgemeldet. So blieb Don Antonio noch Alles verborgen. Er speis'te zu Mittag, wie er an diesem Tage zu thun pflegte, ganz ruhig mit den Waisenkindern, über die er Vormund war,' und nachdem er viel mit ihnen gescherzt und gelacht und alle beschenkt entlassen, begab er sich, ohne das Mindeste von dem Feste zu ahnen, in sein Gemach um -- ein wenig zu nicken.

Hier mochte derselbe wohl ein gutes Stündchen geruht haben, als ihn mitten aus dem süßesten Schlummer ein von der Straße kommendes niemals erhörtes Schreien erweckte. Der brave Mann, der Meinung, wenigstens ein Erdbeben rüttele die Stadt zusammen, sprang erschreckt empor, an das Fenster, und streckte, noch vom Schlafe taumelnd, den Kopf hinaus. Da scholl ihm von allen Seiten ein unermeßliches Gelächter entgegen, während er sich beständig die Augen rieb, zu sehen, was es gebe; denn was er wirklich sah, schien ihm ein Traum, und in der That, Jedermann hätte sich an seiner Stelle die Augen gerieben wie Don Antonio; denn Markt und Straße, Fenster und Balkone, selbst die platten Dächer hoch und niedrig wimmelten überall, überall von Kahlköpfen, die alle nach ihm gewendet, Gläser oder Flaschen in den Händen und Mühen und Hüte schwenkend und

abzuhalten, was ihm den Spaß Don Carlo's hätte verrathen können; hier aber war seine Sorgfalt überflüssig, denn Don Carlo hatte bereits überall gewandte Knaben als Wächter ausgestellt, die ihn von fern kommen gesehen und in der Stadt vorgemeldet. So blieb Don Antonio noch Alles verborgen. Er speis'te zu Mittag, wie er an diesem Tage zu thun pflegte, ganz ruhig mit den Waisenkindern, über die er Vormund war,' und nachdem er viel mit ihnen gescherzt und gelacht und alle beschenkt entlassen, begab er sich, ohne das Mindeste von dem Feste zu ahnen, in sein Gemach um — ein wenig zu nicken.

Hier mochte derselbe wohl ein gutes Stündchen geruht haben, als ihn mitten aus dem süßesten Schlummer ein von der Straße kommendes niemals erhörtes Schreien erweckte. Der brave Mann, der Meinung, wenigstens ein Erdbeben rüttele die Stadt zusammen, sprang erschreckt empor, an das Fenster, und streckte, noch vom Schlafe taumelnd, den Kopf hinaus. Da scholl ihm von allen Seiten ein unermeßliches Gelächter entgegen, während er sich beständig die Augen rieb, zu sehen, was es gebe; denn was er wirklich sah, schien ihm ein Traum, und in der That, Jedermann hätte sich an seiner Stelle die Augen gerieben wie Don Antonio; denn Markt und Straße, Fenster und Balkone, selbst die platten Dächer hoch und niedrig wimmelten überall, überall von Kahlköpfen, die alle nach ihm gewendet, Gläser oder Flaschen in den Händen und Mühen und Hüte schwenkend und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033"/>
abzuhalten, was ihm den Spaß Don Carlo's                hätte verrathen können; hier aber war seine Sorgfalt überflüssig, denn Don Carlo                hatte bereits überall gewandte Knaben als Wächter ausgestellt, die ihn von fern                kommen gesehen und in der Stadt vorgemeldet. So blieb Don Antonio noch Alles                verborgen. Er speis'te zu Mittag, wie er an diesem Tage zu thun pflegte, ganz ruhig                mit den Waisenkindern, über die er Vormund war,' und nachdem er viel mit ihnen                gescherzt und gelacht und alle beschenkt entlassen, begab er sich, ohne das Mindeste                von dem Feste zu ahnen, in sein Gemach um &#x2014; ein wenig zu nicken.</p><lb/>
        <p>Hier mochte derselbe wohl ein gutes Stündchen geruht haben, als ihn mitten aus dem                süßesten Schlummer ein von der Straße kommendes niemals erhörtes Schreien erweckte.                Der brave Mann, der Meinung, wenigstens ein Erdbeben rüttele die Stadt zusammen,                sprang erschreckt empor, an das Fenster, und streckte, noch vom Schlafe taumelnd, den                Kopf hinaus. Da scholl ihm von allen Seiten ein unermeßliches Gelächter entgegen,                während er sich beständig die Augen rieb, zu sehen, was es gebe; denn was er wirklich                sah, schien ihm ein Traum, und in der That, Jedermann hätte sich an seiner Stelle die                Augen gerieben wie Don Antonio; denn Markt und Straße, Fenster und Balkone, selbst                die platten Dächer hoch und niedrig wimmelten überall, überall von Kahlköpfen, die                alle nach ihm gewendet, Gläser oder Flaschen in den Händen und Mühen und Hüte                schwenkend und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0033] abzuhalten, was ihm den Spaß Don Carlo's hätte verrathen können; hier aber war seine Sorgfalt überflüssig, denn Don Carlo hatte bereits überall gewandte Knaben als Wächter ausgestellt, die ihn von fern kommen gesehen und in der Stadt vorgemeldet. So blieb Don Antonio noch Alles verborgen. Er speis'te zu Mittag, wie er an diesem Tage zu thun pflegte, ganz ruhig mit den Waisenkindern, über die er Vormund war,' und nachdem er viel mit ihnen gescherzt und gelacht und alle beschenkt entlassen, begab er sich, ohne das Mindeste von dem Feste zu ahnen, in sein Gemach um — ein wenig zu nicken. Hier mochte derselbe wohl ein gutes Stündchen geruht haben, als ihn mitten aus dem süßesten Schlummer ein von der Straße kommendes niemals erhörtes Schreien erweckte. Der brave Mann, der Meinung, wenigstens ein Erdbeben rüttele die Stadt zusammen, sprang erschreckt empor, an das Fenster, und streckte, noch vom Schlafe taumelnd, den Kopf hinaus. Da scholl ihm von allen Seiten ein unermeßliches Gelächter entgegen, während er sich beständig die Augen rieb, zu sehen, was es gebe; denn was er wirklich sah, schien ihm ein Traum, und in der That, Jedermann hätte sich an seiner Stelle die Augen gerieben wie Don Antonio; denn Markt und Straße, Fenster und Balkone, selbst die platten Dächer hoch und niedrig wimmelten überall, überall von Kahlköpfen, die alle nach ihm gewendet, Gläser oder Flaschen in den Händen und Mühen und Hüte schwenkend und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:47:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:47:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/33
Zitationshilfe: Kopisch, August: Ein Carnevalsfest auf Ischia. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–62. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_karnevalfest_1910/33>, abgerufen am 28.03.2024.