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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Sechste Vorlesung.
Inhalte vieler thierischer Zellen, so erscheint gewiss die Annahme,
dass solche Bewegungen bei der Dotterzerklüftung wie bei der Zel-
lentheilung überhaupt eine Rolle spielen und dass die Kerne es sind,
die immer nach ihrer Theilung in zwei diese Bewegungen veranlassen,
als nicht ganz unberechtigt, um so mehr wenn man weiss, welche
Bedeutung die Kerne überhaupt für das Zellenleben besitzen.

Erste Entwick-
lung des Säuge-
thiereies nach
der Furchung.
Ich halte es nun für zweckmässig, bevor wir zur Betrachtung
der partiellen Furchung weiter gehen, Ihnen noch einige Entwick-
lungsstadien des Säugethiereies zu schildern. Wir haben die Dot-
terfurchung bis zur Bildung eines Haufens kleiner Kugeln mit einer
mehr glatten Oberfläche verfolgt. Im nächsten Stadium nun, so-
bald das gefurchte Ei in den Uterus gelangt ist, wandeln sich alle
oberflächlichen Furchungskugeln in Zellen um, erhalten deutliche
Membranen, vergrössern sich und bilden so ein schönes Zellenge-
webe, ähnlich einem einfachen Pflasterepithel, so dass dann inner-
Keimblase.halb der Dotterhaut eine Blase sich befindet, welche aus Einer
Schicht polygonaler mosaikartig angeordneter Zellen besteht (Fig. 8).

[Abbildung] Fig. 8.
Diese Blase wurde zuerst von v. Baer,
dann auch von Coste bestimmter ge-
sehen und von letzterem mit dem Namen
Vesicule blastodermique, Keimblase,
bezeichnet. Die erste genauere Be-
schreibung derselben vom Kaninchen
und Hunde verdanken wir jedoch Bi-
schoff
, und wenn es ihm auch beim
Meerschweinchen und Rehe nicht ge-
lang, ihre Entwicklung genau zu ver-
folgen, so dass -- sicherlich mit Un-
recht -- über seine früheren Aufstel-
lungen Zweifel in ihm aufstiegen, so ist er doch der Erste, der die
Entwicklung dieser wichtigen Blase aus den Furchungskugeln und
ihre Zusammensetzung aufgehellt und durch schöne Abbildungen
versinnlicht hat. Ausserdem hat auch Coste die Keimblase genauer
verfolgt und in seinen Tafeln dargestellt. Im Innern der Keimblase
befindet sich Flüssigkeit und an einer Stelle ein Rest von Furchungs-
kugeln (Fig. 8), die zuerst eine halbkuglig vorspringende Masse,
[Abbildung]

Fig. 8. Kaninchenei aus dem Uterus, von circa 0,011 Par. Zoll Grösse, das
innerhalb der Zona pellucida die einschichtige Keimblase und im Innern dersel-
ben einen Rest nicht verbrauchter Furchungskugeln zeigt. Nach Bischoff.

Sechste Vorlesung.
Inhalte vieler thierischer Zellen, so erscheint gewiss die Annahme,
dass solche Bewegungen bei der Dotterzerklüftung wie bei der Zel-
lentheilung überhaupt eine Rolle spielen und dass die Kerne es sind,
die immer nach ihrer Theilung in zwei diese Bewegungen veranlassen,
als nicht ganz unberechtigt, um so mehr wenn man weiss, welche
Bedeutung die Kerne überhaupt für das Zellenleben besitzen.

Erste Entwick-
lung des Säuge-
thiereies nach
der Furchung.
Ich halte es nun für zweckmässig, bevor wir zur Betrachtung
der partiellen Furchung weiter gehen, Ihnen noch einige Entwick-
lungsstadien des Säugethiereies zu schildern. Wir haben die Dot-
terfurchung bis zur Bildung eines Haufens kleiner Kugeln mit einer
mehr glatten Oberfläche verfolgt. Im nächsten Stadium nun, so-
bald das gefurchte Ei in den Uterus gelangt ist, wandeln sich alle
oberflächlichen Furchungskugeln in Zellen um, erhalten deutliche
Membranen, vergrössern sich und bilden so ein schönes Zellenge-
webe, ähnlich einem einfachen Pflasterepithel, so dass dann inner-
Keimblase.halb der Dotterhaut eine Blase sich befindet, welche aus Einer
Schicht polygonaler mosaikartig angeordneter Zellen besteht (Fig. 8).

[Abbildung] Fig. 8.
Diese Blase wurde zuerst von v. Baer,
dann auch von Coste bestimmter ge-
sehen und von letzterem mit dem Namen
Vésicule blastodermique, Keimblase,
bezeichnet. Die erste genauere Be-
schreibung derselben vom Kaninchen
und Hunde verdanken wir jedoch Bi-
schoff
, und wenn es ihm auch beim
Meerschweinchen und Rehe nicht ge-
lang, ihre Entwicklung genau zu ver-
folgen, so dass — sicherlich mit Un-
recht — über seine früheren Aufstel-
lungen Zweifel in ihm aufstiegen, so ist er doch der Erste, der die
Entwicklung dieser wichtigen Blase aus den Furchungskugeln und
ihre Zusammensetzung aufgehellt und durch schöne Abbildungen
versinnlicht hat. Ausserdem hat auch Coste die Keimblase genauer
verfolgt und in seinen Tafeln dargestellt. Im Innern der Keimblase
befindet sich Flüssigkeit und an einer Stelle ein Rest von Furchungs-
kugeln (Fig. 8), die zuerst eine halbkuglig vorspringende Masse,
[Abbildung]

Fig. 8. Kaninchenei aus dem Uterus, von circa 0,011 Par. Zoll Grösse, das
innerhalb der Zona pellucida die einschichtige Keimblase und im Innern dersel-
ben einen Rest nicht verbrauchter Furchungskugeln zeigt. Nach Bischoff.

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[34/0050] Sechste Vorlesung. Inhalte vieler thierischer Zellen, so erscheint gewiss die Annahme, dass solche Bewegungen bei der Dotterzerklüftung wie bei der Zel- lentheilung überhaupt eine Rolle spielen und dass die Kerne es sind, die immer nach ihrer Theilung in zwei diese Bewegungen veranlassen, als nicht ganz unberechtigt, um so mehr wenn man weiss, welche Bedeutung die Kerne überhaupt für das Zellenleben besitzen. Ich halte es nun für zweckmässig, bevor wir zur Betrachtung der partiellen Furchung weiter gehen, Ihnen noch einige Entwick- lungsstadien des Säugethiereies zu schildern. Wir haben die Dot- terfurchung bis zur Bildung eines Haufens kleiner Kugeln mit einer mehr glatten Oberfläche verfolgt. Im nächsten Stadium nun, so- bald das gefurchte Ei in den Uterus gelangt ist, wandeln sich alle oberflächlichen Furchungskugeln in Zellen um, erhalten deutliche Membranen, vergrössern sich und bilden so ein schönes Zellenge- webe, ähnlich einem einfachen Pflasterepithel, so dass dann inner- halb der Dotterhaut eine Blase sich befindet, welche aus Einer Schicht polygonaler mosaikartig angeordneter Zellen besteht (Fig. 8). [Abbildung Fig. 8.] Diese Blase wurde zuerst von v. Baer, dann auch von Coste bestimmter ge- sehen und von letzterem mit dem Namen Vésicule blastodermique, Keimblase, bezeichnet. Die erste genauere Be- schreibung derselben vom Kaninchen und Hunde verdanken wir jedoch Bi- schoff, und wenn es ihm auch beim Meerschweinchen und Rehe nicht ge- lang, ihre Entwicklung genau zu ver- folgen, so dass — sicherlich mit Un- recht — über seine früheren Aufstel- lungen Zweifel in ihm aufstiegen, so ist er doch der Erste, der die Entwicklung dieser wichtigen Blase aus den Furchungskugeln und ihre Zusammensetzung aufgehellt und durch schöne Abbildungen versinnlicht hat. Ausserdem hat auch Coste die Keimblase genauer verfolgt und in seinen Tafeln dargestellt. Im Innern der Keimblase befindet sich Flüssigkeit und an einer Stelle ein Rest von Furchungs- kugeln (Fig. 8), die zuerst eine halbkuglig vorspringende Masse, [Abbildung Fig. 8. Kaninchenei aus dem Uterus, von circa 0,011 Par. Zoll Grösse, das innerhalb der Zona pellucida die einschichtige Keimblase und im Innern dersel- ben einen Rest nicht verbrauchter Furchungskugeln zeigt. Nach Bischoff.] Erste Entwick- lung des Säuge- thiereies nach der Furchung. Keimblase.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/50>, abgerufen am 19.04.2024.