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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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Beschreibung der Untersuchungsmethode.
sich Fuchsin am besten, für andere passen wieder mehr die Me¬
thylfarben. Unter diesen letzteren herrscht eine solche Verschie¬
denheit in der färbenden Kraft, dass die Schnitte in der einen
Lösung wenige Minuten, in einer anderen mehrere Stunden bleiben
müssen. Es bleibt dem gegenüber nichts weiter übrig, als eine
grössere Menge Schnitte auf einmal in Arbeit zu nehmen und den
geeignetsten Farbstoff, sowie die Zeitdauer der Färbung auszu¬
probiren. Nach einiger Uebung wird man gewiss mit wenigen
Versuchen den geeignetsten Modus gefunden haben. Auf die Stärke
der Essigsäurelösung kommt nicht viel an. Man nehme am besten
eine wenige Procente starke Lösung und lasse sie nicht zu lange
einwirken. Die übrigen Manipulationen, also Entwässern, Auf¬
hellen und Einlegen sind genau dieselben, wie bei der Herstellung
anderer mikroskopischer Präparate. Ein zu langes Verweilen der
Schnitte im Alkohol und im Nelkenöl ist zu vermeiden, weil sonst
die Farbstoffe durch diese Flüssigkeiten ausgelaugt werden.

In den Präparaten, die in dieser Weise behandelt sind, er¬
blickt man nur die Kerne der Zellen und die Bakterien gefärbt.
Letztere nehmen sämmtlich die Anilinfärbung an und zwar fällt
die Färbung so stark aus, dass die einzelnen Bakterien bedeutend
besser zu erkennen sind, als nach Hämatoxylinfärbung. In mit
Anilinfärbung behandelten Präparaten ist es deswegen sehr leicht,
einzelne grosse Bakterien, z. B. die Milzbrandbacillen, mit voller
Sicherheit in den verschiedensten Geweben zu erkennen. Sobald
aber kleinere Bakterien in Frage kommen, dann wird allerdings
das Resultat unsicher und lässt schliesslich bei ganz kleinen For¬
men vollständig in Stich.

Um nun zu verstehen, woher es kommt, dass kleine Objecte
trotz intensiver Färbung in thierischen Geweben schwierig oder
gar nicht zu unterscheiden sind, muss man sich das Zustande¬
kommen des mikroskopischen Bildes klar machen; doch soll der
Einfachheit halber nur der hier vorliegende Fall, nämlich ein aus
thierischem Gewebe stammender in Canadabalsam nach gewöhn¬
licher Manier eingelegter Schnitt in Betracht gezogen werden.

Wenn sämmtliche Bestandteile dieses Gewebes farblos wären
und dasselbe Brechungsvermögen hätten wie der Canadabalsam,
dann würde von dem Gewebe gar nichts zu sehen sein. Das ist
nun aber nicht der Fall. Fasern, Kerne und manche andere
Theile des Gewebes differiren in ihrem Lichtbrechungsvermögen
vom Canadabalsam und erzeugen durch Diffraction der durch¬

Beschreibung der Untersuchungsmethode.
sich Fuchsin am besten, für andere passen wieder mehr die Me¬
thylfarben. Unter diesen letzteren herrscht eine solche Verschie¬
denheit in der färbenden Kraft, dass die Schnitte in der einen
Lösung wenige Minuten, in einer anderen mehrere Stunden bleiben
müssen. Es bleibt dem gegenüber nichts weiter übrig, als eine
grössere Menge Schnitte auf einmal in Arbeit zu nehmen und den
geeignetsten Farbstoff, sowie die Zeitdauer der Färbung auszu¬
probiren. Nach einiger Uebung wird man gewiss mit wenigen
Versuchen den geeignetsten Modus gefunden haben. Auf die Stärke
der Essigsäurelösung kommt nicht viel an. Man nehme am besten
eine wenige Procente starke Lösung und lasse sie nicht zu lange
einwirken. Die übrigen Manipulationen, also Entwässern, Auf¬
hellen und Einlegen sind genau dieselben, wie bei der Herstellung
anderer mikroskopischer Präparate. Ein zu langes Verweilen der
Schnitte im Alkohol und im Nelkenöl ist zu vermeiden, weil sonst
die Farbstoffe durch diese Flüssigkeiten ausgelaugt werden.

In den Präparaten, die in dieser Weise behandelt sind, er¬
blickt man nur die Kerne der Zellen und die Bakterien gefärbt.
Letztere nehmen sämmtlich die Anilinfärbung an und zwar fällt
die Färbung so stark aus, dass die einzelnen Bakterien bedeutend
besser zu erkennen sind, als nach Hämatoxylinfärbung. In mit
Anilinfärbung behandelten Präparaten ist es deswegen sehr leicht,
einzelne grosse Bakterien, z. B. die Milzbrandbacillen, mit voller
Sicherheit in den verschiedensten Geweben zu erkennen. Sobald
aber kleinere Bakterien in Frage kommen, dann wird allerdings
das Resultat unsicher und lässt schliesslich bei ganz kleinen For¬
men vollständig in Stich.

Um nun zu verstehen, woher es kommt, dass kleine Objecte
trotz intensiver Färbung in thierischen Geweben schwierig oder
gar nicht zu unterscheiden sind, muss man sich das Zustande¬
kommen des mikroskopischen Bildes klar machen; doch soll der
Einfachheit halber nur der hier vorliegende Fall, nämlich ein aus
thierischem Gewebe stammender in Canadabalsam nach gewöhn¬
licher Manier eingelegter Schnitt in Betracht gezogen werden.

Wenn sämmtliche Bestandteile dieses Gewebes farblos wären
und dasselbe Brechungsvermögen hätten wie der Canadabalsam,
dann würde von dem Gewebe gar nichts zu sehen sein. Das ist
nun aber nicht der Fall. Fasern, Kerne und manche andere
Theile des Gewebes differiren in ihrem Lichtbrechungsvermögen
vom Canadabalsam und erzeugen durch Diffraction der durch¬

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[31/0041] Beschreibung der Untersuchungsmethode. sich Fuchsin am besten, für andere passen wieder mehr die Me¬ thylfarben. Unter diesen letzteren herrscht eine solche Verschie¬ denheit in der färbenden Kraft, dass die Schnitte in der einen Lösung wenige Minuten, in einer anderen mehrere Stunden bleiben müssen. Es bleibt dem gegenüber nichts weiter übrig, als eine grössere Menge Schnitte auf einmal in Arbeit zu nehmen und den geeignetsten Farbstoff, sowie die Zeitdauer der Färbung auszu¬ probiren. Nach einiger Uebung wird man gewiss mit wenigen Versuchen den geeignetsten Modus gefunden haben. Auf die Stärke der Essigsäurelösung kommt nicht viel an. Man nehme am besten eine wenige Procente starke Lösung und lasse sie nicht zu lange einwirken. Die übrigen Manipulationen, also Entwässern, Auf¬ hellen und Einlegen sind genau dieselben, wie bei der Herstellung anderer mikroskopischer Präparate. Ein zu langes Verweilen der Schnitte im Alkohol und im Nelkenöl ist zu vermeiden, weil sonst die Farbstoffe durch diese Flüssigkeiten ausgelaugt werden. In den Präparaten, die in dieser Weise behandelt sind, er¬ blickt man nur die Kerne der Zellen und die Bakterien gefärbt. Letztere nehmen sämmtlich die Anilinfärbung an und zwar fällt die Färbung so stark aus, dass die einzelnen Bakterien bedeutend besser zu erkennen sind, als nach Hämatoxylinfärbung. In mit Anilinfärbung behandelten Präparaten ist es deswegen sehr leicht, einzelne grosse Bakterien, z. B. die Milzbrandbacillen, mit voller Sicherheit in den verschiedensten Geweben zu erkennen. Sobald aber kleinere Bakterien in Frage kommen, dann wird allerdings das Resultat unsicher und lässt schliesslich bei ganz kleinen For¬ men vollständig in Stich. Um nun zu verstehen, woher es kommt, dass kleine Objecte trotz intensiver Färbung in thierischen Geweben schwierig oder gar nicht zu unterscheiden sind, muss man sich das Zustande¬ kommen des mikroskopischen Bildes klar machen; doch soll der Einfachheit halber nur der hier vorliegende Fall, nämlich ein aus thierischem Gewebe stammender in Canadabalsam nach gewöhn¬ licher Manier eingelegter Schnitt in Betracht gezogen werden. Wenn sämmtliche Bestandteile dieses Gewebes farblos wären und dasselbe Brechungsvermögen hätten wie der Canadabalsam, dann würde von dem Gewebe gar nichts zu sehen sein. Das ist nun aber nicht der Fall. Fasern, Kerne und manche andere Theile des Gewebes differiren in ihrem Lichtbrechungsvermögen vom Canadabalsam und erzeugen durch Diffraction der durch¬

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/41>, abgerufen am 24.04.2024.