Indem ich aber von jenem Esprit de con¬ duite rede, der uns leiten muß, bey unserm Umgange mit Menschen aller Gattung; so will ich nicht etwa ein Complimentirbuch schreiben, sondern einige Resultate aus den Erfahrungen ziehn, die ich gesammlet habe, während einer nicht kurzen Reihe von Jahren, in welchen ich mich unter Menschen aller Arten und Stände umhertreiben lassen, und oft in der Stille beob¬ achtet habe. -- Kein vollständiges System, aber Bruchstücke, vielleicht nicht zu verwer¬ fende Materialien, Stoff zu weiterm Nach¬ denken.
In keinem Lande in Europa ist es viel¬ leicht so schwer, im Umgange mit Menschen aus allen Classen, Gegenden und Ständen allgemeinen Beyfall einzuerndten, in jedem dieser Cirkel wie zu Hause zu seyn, ohne Zwang, ohne Falschheit, ohne sich verdächtig zu machen und ohne selbst dabey zu leiden, auf den Fürsten wie auf den Edelmann und Bür¬ ger, auf den Kaufmann wie auf den Geistli¬ chen nach Gefallen zu würken, als in unserm teutschen Vaterlande, denn nirgends vielleicht herrscht zu gleicher Zeit eine so große Mannig¬
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Indem ich aber von jenem Eſprit de con¬ duite rede, der uns leiten muß, bey unſerm Umgange mit Menſchen aller Gattung; ſo will ich nicht etwa ein Complimentirbuch ſchreiben, ſondern einige Reſultate aus den Erfahrungen ziehn, die ich geſammlet habe, waͤhrend einer nicht kurzen Reihe von Jahren, in welchen ich mich unter Menſchen aller Arten und Staͤnde umhertreiben laſſen, und oft in der Stille beob¬ achtet habe. — Kein vollſtaͤndiges Syſtem, aber Bruchſtuͤcke, vielleicht nicht zu verwer¬ fende Materialien, Stoff zu weiterm Nach¬ denken.
In keinem Lande in Europa iſt es viel¬ leicht ſo ſchwer, im Umgange mit Menſchen aus allen Claſſen, Gegenden und Staͤnden allgemeinen Beyfall einzuerndten, in jedem dieſer Cirkel wie zu Hauſe zu ſeyn, ohne Zwang, ohne Falſchheit, ohne ſich verdaͤchtig zu machen und ohne ſelbſt dabey zu leiden, auf den Fuͤrſten wie auf den Edelmann und Buͤr¬ ger, auf den Kaufmann wie auf den Geiſtli¬ chen nach Gefallen zu wuͤrken, als in unſerm teutſchen Vaterlande, denn nirgends vielleicht herrſcht zu gleicher Zeit eine ſo große Mannig¬
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Indem ich aber von jenem Eſprit de con¬
duite rede, der uns leiten muß, bey unſerm
Umgange mit Menſchen aller Gattung; ſo will
ich nicht etwa ein Complimentirbuch ſchreiben,
ſondern einige Reſultate aus den Erfahrungen
ziehn, die ich geſammlet habe, waͤhrend einer
nicht kurzen Reihe von Jahren, in welchen ich
mich unter Menſchen aller Arten und Staͤnde
umhertreiben laſſen, und oft in der Stille beob¬
achtet habe. — Kein vollſtaͤndiges Syſtem,
aber Bruchſtuͤcke, vielleicht nicht zu verwer¬
fende Materialien, Stoff zu weiterm Nach¬
denken.
In keinem Lande in Europa iſt es viel¬
leicht ſo ſchwer, im Umgange mit Menſchen
aus allen Claſſen, Gegenden und Staͤnden
allgemeinen Beyfall einzuerndten, in jedem
dieſer Cirkel wie zu Hauſe zu ſeyn, ohne
Zwang, ohne Falſchheit, ohne ſich verdaͤchtig
zu machen und ohne ſelbſt dabey zu leiden, auf
den Fuͤrſten wie auf den Edelmann und Buͤr¬
ger, auf den Kaufmann wie auf den Geiſtli¬
chen nach Gefallen zu wuͤrken, als in unſerm
teutſchen Vaterlande, denn nirgends vielleicht
herrſcht zu gleicher Zeit eine ſo große Mannig¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/39>, abgerufen am 29.03.2024.
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