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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821.

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II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn.
b) Z. B. durch Ermächtigung oder Anreizung zu der Rechts-
verletzung, durch widerrechtliche Verzögerung oder Verwei-
gerung der geforderten Genugthuung, insbesondere wenn
seine Mitglieder Räubereien getrieben, wenn seine Caper
oder FreiCorps Excesse gegen ein nicht feindliches Volk be-
gangen haben, wenn sein Regent als Privatperson den an-
dern Staat beleidigt hat. Schrodt syst. juris gent. p. 49. sqq.
Jo. Pet. de Ludewig diss. de juris gentium laesione. Hal.
1741. 4. Obss. select. Halens. T. VII. obs. 6. 7.
c) Kant's metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, S. 216.
§. 232.
Befugniss dagegen.

Wie jeder einzelne Mensch in dem Natur-
stand, so ist auch jeder Staat im Nothfall be-
fugt
zu verhältnissmäsiger Gewaltthätigkeit, ge-
gen drohende oder wirkliche Rechtsverletzungen,
nicht nur zu Erhaltung und Vertheidigung sei-
ner Rechte, sondern auch zu Genugthuung we-
gen widerrechtlich erlittenen Schadens (§. 43).
Die Gewaltthätigkeit findet statt, gegen die Ge-
sammtheit des beleidigenden Staates unmittelbar,
aber auch wider einzelne, wenn gleich an der
Rechtsverletzung persönlich unschuldige, Mit-
glieder desselben, weil sie Theile der Gesammt-
heit sind, und ihr Vermögen in dem Verhält-
niss zu andern Staaten als Bestandtheil des Ver-
mögens ihres Staates zu betrachten ist a). Da
über Staaten kein Richter gebietet, so ist jeder
von ihnen befugt, selbst Gewalt zu gebrauchen
gegen Beleidigungen, also zu Selbsthülfe b).

a) Grotius, lib. III. c. 2. -- Man s. jedoch unten, §. 246, 251 f.,
u. 256.
II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn.
b) Z. B. durch Ermächtigung oder Anreizung zu der Rechts-
verletzung, durch widerrechtliche Verzögerung oder Verwei-
gerung der geforderten Genugthuung, insbesondere wenn
seine Mitglieder Räubereien getrieben, wenn seine Caper
oder FreiCorps Excesse gegen ein nicht feindliches Volk be-
gangen haben, wenn sein Regent als Privatperson den an-
dern Staat beleidigt hat. Schrodt syst. juris gent. p. 49. sqq.
Jo. Pet. de Ludewig diss. de juris gentium laesione. Hal.
1741. 4. Obss. select. Halens. T. VII. obs. 6. 7.
c) Kant’s metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, S. 216.
§. 232.
Befugniſs dagegen.

Wie jeder einzelne Mensch in dem Natur-
stand, so ist auch jeder Staat im Nothfall be-
fugt
zu verhältniſsmäsiger Gewaltthätigkeit, ge-
gen drohende oder wirkliche Rechtsverletzungen,
nicht nur zu Erhaltung und Vertheidigung sei-
ner Rechte, sondern auch zu Genugthuung we-
gen widerrechtlich erlittenen Schadens (§. 43).
Die Gewaltthätigkeit findet statt, gegen die Ge-
sammtheit des beleidigenden Staates unmittelbar,
aber auch wider einzelne, wenn gleich an der
Rechtsverletzung persönlich unschuldige, Mit-
glieder desselben, weil sie Theile der Gesammt-
heit sind, und ihr Vermögen in dem Verhält-
niſs zu andern Staaten als Bestandtheil des Ver-
mögens ihres Staates zu betrachten ist a). Da
über Staaten kein Richter gebietet, so ist jeder
von ihnen befugt, selbst Gewalt zu gebrauchen
gegen Beleidigungen, also zu Selbsthülfe b).

a) Grotius, lib. III. c. 2. — Man s. jedoch unten, §. 246, 251 f.,
u. 256.
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[378/0010] II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn. b⁾ Z. B. durch Ermächtigung oder Anreizung zu der Rechts- verletzung, durch widerrechtliche Verzögerung oder Verwei- gerung der geforderten Genugthuung, insbesondere wenn seine Mitglieder Räubereien getrieben, wenn seine Caper oder FreiCorps Excesse gegen ein nicht feindliches Volk be- gangen haben, wenn sein Regent als Privatperson den an- dern Staat beleidigt hat. Schrodt syst. juris gent. p. 49. sqq. Jo. Pet. de Ludewig diss. de juris gentium laesione. Hal. 1741. 4. Obss. select. Halens. T. VII. obs. 6. 7. c⁾ Kant’s metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, S. 216. §. 232. Befugniſs dagegen. Wie jeder einzelne Mensch in dem Natur- stand, so ist auch jeder Staat im Nothfall be- fugt zu verhältniſsmäsiger Gewaltthätigkeit, ge- gen drohende oder wirkliche Rechtsverletzungen, nicht nur zu Erhaltung und Vertheidigung sei- ner Rechte, sondern auch zu Genugthuung we- gen widerrechtlich erlittenen Schadens (§. 43). Die Gewaltthätigkeit findet statt, gegen die Ge- sammtheit des beleidigenden Staates unmittelbar, aber auch wider einzelne, wenn gleich an der Rechtsverletzung persönlich unschuldige, Mit- glieder desselben, weil sie Theile der Gesammt- heit sind, und ihr Vermögen in dem Verhält- niſs zu andern Staaten als Bestandtheil des Ver- mögens ihres Staates zu betrachten ist a). Da über Staaten kein Richter gebietet, so ist jeder von ihnen befugt, selbst Gewalt zu gebrauchen gegen Beleidigungen, also zu Selbsthülfe b). a⁾ Grotius, lib. III. c. 2. — Man s. jedoch unten, §. 246, 251 f., u. 256.

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht02_1821/10>, abgerufen am 24.04.2024.