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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Landesgesetzgebungen.
besondere den von dem Börsenvereine der deutschen Buch-
händler ausgearbeiteten Entwurf eines für ganz Deutschland
zu erlassenden Nachdruckgesetzes in der Sitzung der Bundes-
versammlung vom 23. Januar 1862 ein mit dem Antrage, die
Regelung der Nachdrucksfrage durch ein allgemeines Gesetz
einzuleiten und hierzu eine Commission zu ernennen. 1) Preussen
widersprach diesem Antrage hauptsächlich aus politischen Mo-
tiven, weil es die Uebergriffe des deutschen Bundes in seiner
damaligen Verfassung auf das Gebiet der Gesetzgebung grund-
sätzlich bekämpfte. Es erklärte zugleich, dass ein Bedürfniss
zur Abänderung der Preussischen Landesgesetzgebung nicht
vorliege und dass die in dem vorgelegten Entwurfe enthaltenen
Abänderungen den erheblichsten Bedenken unterliegen. 2) Die
Bundesversammlung beschloss am 16. October 1862 gleichwohl
die Bildung einer Commission zur Berathung eines inzwischen
von Oesterreich eingebrachten neuen Gesetzentwurfes und aus
den Berathungen dieser Commission, an welcher sich Preussen
nicht betheiligte, ging der im October 1864 von der Bundes-
versammlung angenommene Gesetzentwurf 3) hervor, welcher
zur Mittheilung an die Regierungen gelangte, dann aber durch
die im Jahre 1866 erfolgte Auflösung des deutschen Bundes
seine Erledigung fand.

In England und Frankreich wurde die Gesetzge-
bung zum Schutze des literarischen und artistischen Eigen-
thumes in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts theils durch
Verlängerung der Schutzfristen, theils durch formelle Verän-
derungen mehrfach verbessert. In England trat an die Stelle
der früheren Gesetze das Statut vom 1. Juli 1842 (5 & 6 Vic-
toria cap. 45), neben welchem nur die auf das artistische Ei-
genthum, auf öffentliche Vorlesungen und dramatische Auffüh-
rungen bezüglichen älteren Statute in Kraft blieben. In Frank-
reich dagegen blieben zwar die in den Revolutionsjahren 1792
und 1793 erlassenen Decrete als Grundlage der Gesetzgebung
über das geistige Eigenthum bestehen. Sie wurden jedoch

1) Protokolle v. 1862 S. 31.
2) Protokolle S. 53 f.
3) Abgedruckt in der Kritischen Vierteljahrsschrift Bd. VII S.
314 f., ferner in Schletters Jahrbüchern der deutschen Rechtswissen-
schaft Bd. X S. 248 f.

Landesgesetzgebungen.
besondere den von dem Börsenvereine der deutschen Buch-
händler ausgearbeiteten Entwurf eines für ganz Deutschland
zu erlassenden Nachdruckgesetzes in der Sitzung der Bundes-
versammlung vom 23. Januar 1862 ein mit dem Antrage, die
Regelung der Nachdrucksfrage durch ein allgemeines Gesetz
einzuleiten und hierzu eine Commission zu ernennen. 1) Preussen
widersprach diesem Antrage hauptsächlich aus politischen Mo-
tiven, weil es die Uebergriffe des deutschen Bundes in seiner
damaligen Verfassung auf das Gebiet der Gesetzgebung grund-
sätzlich bekämpfte. Es erklärte zugleich, dass ein Bedürfniss
zur Abänderung der Preussischen Landesgesetzgebung nicht
vorliege und dass die in dem vorgelegten Entwurfe enthaltenen
Abänderungen den erheblichsten Bedenken unterliegen. 2) Die
Bundesversammlung beschloss am 16. October 1862 gleichwohl
die Bildung einer Commission zur Berathung eines inzwischen
von Oesterreich eingebrachten neuen Gesetzentwurfes und aus
den Berathungen dieser Commission, an welcher sich Preussen
nicht betheiligte, ging der im October 1864 von der Bundes-
versammlung angenommene Gesetzentwurf 3) hervor, welcher
zur Mittheilung an die Regierungen gelangte, dann aber durch
die im Jahre 1866 erfolgte Auflösung des deutschen Bundes
seine Erledigung fand.

In England und Frankreich wurde die Gesetzge-
bung zum Schutze des literarischen und artistischen Eigen-
thumes in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts theils durch
Verlängerung der Schutzfristen, theils durch formelle Verän-
derungen mehrfach verbessert. In England trat an die Stelle
der früheren Gesetze das Statut vom 1. Juli 1842 (5 & 6 Vic-
toria cap. 45), neben welchem nur die auf das artistische Ei-
genthum, auf öffentliche Vorlesungen und dramatische Auffüh-
rungen bezüglichen älteren Statute in Kraft blieben. In Frank-
reich dagegen blieben zwar die in den Revolutionsjahren 1792
und 1793 erlassenen Decrete als Grundlage der Gesetzgebung
über das geistige Eigenthum bestehen. Sie wurden jedoch

1) Protokolle v. 1862 S. 31.
2) Protokolle S. 53 f.
3) Abgedruckt in der Kritischen Vierteljahrsschrift Bd. VII S.
314 f., ferner in Schletters Jahrbüchern der deutschen Rechtswissen-
schaft Bd. X S. 248 f.
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[57/0073] Landesgesetzgebungen. besondere den von dem Börsenvereine der deutschen Buch- händler ausgearbeiteten Entwurf eines für ganz Deutschland zu erlassenden Nachdruckgesetzes in der Sitzung der Bundes- versammlung vom 23. Januar 1862 ein mit dem Antrage, die Regelung der Nachdrucksfrage durch ein allgemeines Gesetz einzuleiten und hierzu eine Commission zu ernennen. 1) Preussen widersprach diesem Antrage hauptsächlich aus politischen Mo- tiven, weil es die Uebergriffe des deutschen Bundes in seiner damaligen Verfassung auf das Gebiet der Gesetzgebung grund- sätzlich bekämpfte. Es erklärte zugleich, dass ein Bedürfniss zur Abänderung der Preussischen Landesgesetzgebung nicht vorliege und dass die in dem vorgelegten Entwurfe enthaltenen Abänderungen den erheblichsten Bedenken unterliegen. 2) Die Bundesversammlung beschloss am 16. October 1862 gleichwohl die Bildung einer Commission zur Berathung eines inzwischen von Oesterreich eingebrachten neuen Gesetzentwurfes und aus den Berathungen dieser Commission, an welcher sich Preussen nicht betheiligte, ging der im October 1864 von der Bundes- versammlung angenommene Gesetzentwurf 3) hervor, welcher zur Mittheilung an die Regierungen gelangte, dann aber durch die im Jahre 1866 erfolgte Auflösung des deutschen Bundes seine Erledigung fand. In England und Frankreich wurde die Gesetzge- bung zum Schutze des literarischen und artistischen Eigen- thumes in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts theils durch Verlängerung der Schutzfristen, theils durch formelle Verän- derungen mehrfach verbessert. In England trat an die Stelle der früheren Gesetze das Statut vom 1. Juli 1842 (5 & 6 Vic- toria cap. 45), neben welchem nur die auf das artistische Ei- genthum, auf öffentliche Vorlesungen und dramatische Auffüh- rungen bezüglichen älteren Statute in Kraft blieben. In Frank- reich dagegen blieben zwar die in den Revolutionsjahren 1792 und 1793 erlassenen Decrete als Grundlage der Gesetzgebung über das geistige Eigenthum bestehen. Sie wurden jedoch 1) Protokolle v. 1862 S. 31. 2) Protokolle S. 53 f. 3) Abgedruckt in der Kritischen Vierteljahrsschrift Bd. VII S. 314 f., ferner in Schletters Jahrbüchern der deutschen Rechtswissen- schaft Bd. X S. 248 f.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/73>, abgerufen am 29.03.2024.