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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 44. Prozess.

Der Strafrichter ist übrigens nicht befugt, den Entschädi-
gungsanspruch zum besondern Verfahren zu verweisen, sondern
er muss sich auf Antrag des Verletzten der Entscheidung
über denselben unterziehen. Auch wenn der Angeklagte im
Laufe des Verfahrens stirbt, muss er sich der Entscheidung
über die beantragte Confiscation und Entschädigung unter-
ziehen1).

Ist mit dem Strafantrage des Verletzten der Antrag auf
Zuerkennung einer Entschädigung verbunden worden, so steht
selbstredend der Verfolgung dieses Entschädigungsanspruches
im Wege der Civilklage nun der Einwand der Rechtshängigkeit
oder der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen.

Hat aber keine Adhäsion stattgefunden, so wird zweifel-
haft, in wie weit die Entscheidung des Strafrichters für die
später erfolgende Entscheidung im Civilprozesse über den Ent-
schädigungsanspuch massgebend ist.

Das Obertribunal hat bekanntlich nach längerem Schwan-
ken durch den Plenarbeschluss vom 15. Dezember 1856 (Justiz-
Min. Blatt. 1857 S. 59) den Grundsatz angenommen:

Nach Preussischem Rechte ist die Entscheidung des Straf-
richters über eine zur Untersuchung gekommene strafbare
Handlung für den Civilrichter, welcher über einen Entschä-
digungsanspruch zu entscheiden hat, in seiner Beurtheilung
der Beweisfrage hinsichtlich der zur Begründung dieses An-
spruchs dienenden Thatsachen insoweit nicht massgebend,
als besondere gesetzliche Bestimmungen nicht das Gegentheil
rechtfertigen.

In Bezug auf das Vergehen des Nachdrucks ist dagegen
in einer früheren Entscheidung vom 11. September 1846 (Ent-
scheidungen Bd. 13 S. 134 folgender Grundsatz angenommen:

Die von Seiten des Strafrichters erfolgte Freisprechung von
der Beschuldigung unerlaubten Nachdrucks oder unerlaubter
Vervielfältigung, wenn sie deshalb erfolgt ist, weil der ob-
jective
Thatbestand des Vergehens nicht feststeht, befreit
den Angeklagten auch von dem Entschädigungsanspruche;
und der Civilrichter ist nicht befugt, die vorgedachte als

1) Erkenntniss des Obertribunales vom 24. October 1864 (Justiz-
Ministerialblatt 1865 S. 2. -- Goltdammers Archiv Bd. 13 S. 35).
IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 44. Prozess.

Der Strafrichter ist übrigens nicht befugt, den Entschädi-
gungsanspruch zum besondern Verfahren zu verweisen, sondern
er muss sich auf Antrag des Verletzten der Entscheidung
über denselben unterziehen. Auch wenn der Angeklagte im
Laufe des Verfahrens stirbt, muss er sich der Entscheidung
über die beantragte Confiscation und Entschädigung unter-
ziehen1).

Ist mit dem Strafantrage des Verletzten der Antrag auf
Zuerkennung einer Entschädigung verbunden worden, so steht
selbstredend der Verfolgung dieses Entschädigungsanspruches
im Wege der Civilklage nun der Einwand der Rechtshängigkeit
oder der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen.

Hat aber keine Adhäsion stattgefunden, so wird zweifel-
haft, in wie weit die Entscheidung des Strafrichters für die
später erfolgende Entscheidung im Civilprozesse über den Ent-
schädigungsanspuch massgebend ist.

Das Obertribunal hat bekanntlich nach längerem Schwan-
ken durch den Plenarbeschluss vom 15. Dezember 1856 (Justiz-
Min. Blatt. 1857 S. 59) den Grundsatz angenommen:

Nach Preussischem Rechte ist die Entscheidung des Straf-
richters über eine zur Untersuchung gekommene strafbare
Handlung für den Civilrichter, welcher über einen Entschä-
digungsanspruch zu entscheiden hat, in seiner Beurtheilung
der Beweisfrage hinsichtlich der zur Begründung dieses An-
spruchs dienenden Thatsachen insoweit nicht massgebend,
als besondere gesetzliche Bestimmungen nicht das Gegentheil
rechtfertigen.

In Bezug auf das Vergehen des Nachdrucks ist dagegen
in einer früheren Entscheidung vom 11. September 1846 (Ent-
scheidungen Bd. 13 S. 134 folgender Grundsatz angenommen:

Die von Seiten des Strafrichters erfolgte Freisprechung von
der Beschuldigung unerlaubten Nachdrucks oder unerlaubter
Vervielfältigung, wenn sie deshalb erfolgt ist, weil der ob-
jective
Thatbestand des Vergehens nicht feststeht, befreit
den Angeklagten auch von dem Entschädigungsanspruche;
und der Civilrichter ist nicht befugt, die vorgedachte als

1) Erkenntniss des Obertribunales vom 24. October 1864 (Justiz-
Ministerialblatt 1865 S. 2. — Goltdammers Archiv Bd. 13 S. 35).
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[438/0454] IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 44. Prozess. Der Strafrichter ist übrigens nicht befugt, den Entschädi- gungsanspruch zum besondern Verfahren zu verweisen, sondern er muss sich auf Antrag des Verletzten der Entscheidung über denselben unterziehen. Auch wenn der Angeklagte im Laufe des Verfahrens stirbt, muss er sich der Entscheidung über die beantragte Confiscation und Entschädigung unter- ziehen 1). Ist mit dem Strafantrage des Verletzten der Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung verbunden worden, so steht selbstredend der Verfolgung dieses Entschädigungsanspruches im Wege der Civilklage nun der Einwand der Rechtshängigkeit oder der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen. Hat aber keine Adhäsion stattgefunden, so wird zweifel- haft, in wie weit die Entscheidung des Strafrichters für die später erfolgende Entscheidung im Civilprozesse über den Ent- schädigungsanspuch massgebend ist. Das Obertribunal hat bekanntlich nach längerem Schwan- ken durch den Plenarbeschluss vom 15. Dezember 1856 (Justiz- Min. Blatt. 1857 S. 59) den Grundsatz angenommen: Nach Preussischem Rechte ist die Entscheidung des Straf- richters über eine zur Untersuchung gekommene strafbare Handlung für den Civilrichter, welcher über einen Entschä- digungsanspruch zu entscheiden hat, in seiner Beurtheilung der Beweisfrage hinsichtlich der zur Begründung dieses An- spruchs dienenden Thatsachen insoweit nicht massgebend, als besondere gesetzliche Bestimmungen nicht das Gegentheil rechtfertigen. In Bezug auf das Vergehen des Nachdrucks ist dagegen in einer früheren Entscheidung vom 11. September 1846 (Ent- scheidungen Bd. 13 S. 134 folgender Grundsatz angenommen: Die von Seiten des Strafrichters erfolgte Freisprechung von der Beschuldigung unerlaubten Nachdrucks oder unerlaubter Vervielfältigung, wenn sie deshalb erfolgt ist, weil der ob- jective Thatbestand des Vergehens nicht feststeht, befreit den Angeklagten auch von dem Entschädigungsanspruche; und der Civilrichter ist nicht befugt, die vorgedachte als 1) Erkenntniss des Obertribunales vom 24. October 1864 (Justiz- Ministerialblatt 1865 S. 2. — Goltdammers Archiv Bd. 13 S. 35).

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/454>, abgerufen am 24.04.2024.