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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 42. Entschädigung.
schränktem Verlagsrechte trifft der Schaden in jedem Falle
sowohl den Autor als den Verleger, diesen, indem der Absatz
der ihm vertragsmässig zustehenden Auflage durch die Ver-
breitung gehindert wird, jenen, indem auch die weitere Nutzung
des geistigen Eigenthumes durch künftige Auflagen in Folge
des Nachdruckes geschmälert wird.

Es wird in der Regel schwierig sein, den für beide Be-
rechtigte entstandenen Schaden genau festzustellen, während
die Summe des dem gemeinschaftlichen Verlagsunternehmen
erwachsenen Schadens sich nach der Zahl der abgesetzten Nach-
druckexemplare leicht bemessen lässt. Hierzu kommt, dass in
vielen Fällen nach den oben erläuterten Gesetzen der Betrag
der zu leistenden Entschädigung höher bemessen ist, als der
entstandene Schaden, so dass die Entschädigungsforderung zu-
gleich den Character einer Privatstrafe annimmt; und dass
auch in den übrigen Fällen der Betrag der Entschädigung nach
dem Masse des muthmasslich entstandenen Schadens von
dem Richter arbitrirt wird (Gesetz v. 11. Juni 1837 §§. 11 u. 13).
Daher muss auch die Vertheilung dieser Entschädigung zwi-
schen dem Autor und dem Verleger im gegebenen Falle dem
richterlichen Ermessen überlassen werden. Es ist unmöglich,
eine Regel dafür aufzustellen, wie sich unter den verschiedenen
Voraussetzungen der durch den Nachdruck entstandene Schade
auf den Autor und den Verleger vertheilt. Hatte der Nach-
drucker z. B. 500 Exemplare seines Nachdrucks verbreitet, so
ist der dem Autor und dem Verleger zusammen entgangene
Gewinn unbedenklich auf den aus dem Verkaufe ebensovieler
Exemplare zu ziehenden Erlös anzunehmen. Allein wie viel
von diesem Gewinne dem Autor und wie viel dem Verleger
entgehen wird, wenn etwa die dem letztern gehörige Auflage
bis auf 600 Exemplare abgesetzt ist, hängt von ungewissen
künftigen Ereignissen ab. Findet nämlich gar kein weiterer
Absatz statt, so trifft der ganze Verlust den Verleger, während
umgekehrt der ganze Gewinn dem Autor entgeht, wenn der
Verleger den Rest seiner Auflage noch vor dem gewöhnlichen
buchhändlerischen Zahlungstermine absetzt. Die von Jolly1)
und Wächter2) angestellten Untersuchungen über die Verthei-

1) Die Lehre vom Nachdruck S. 278 f.
2) Das Verlagsrecht Th. II S. 686 f.

IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 42. Entschädigung.
schränktem Verlagsrechte trifft der Schaden in jedem Falle
sowohl den Autor als den Verleger, diesen, indem der Absatz
der ihm vertragsmässig zustehenden Auflage durch die Ver-
breitung gehindert wird, jenen, indem auch die weitere Nutzung
des geistigen Eigenthumes durch künftige Auflagen in Folge
des Nachdruckes geschmälert wird.

Es wird in der Regel schwierig sein, den für beide Be-
rechtigte entstandenen Schaden genau festzustellen, während
die Summe des dem gemeinschaftlichen Verlagsunternehmen
erwachsenen Schadens sich nach der Zahl der abgesetzten Nach-
druckexemplare leicht bemessen lässt. Hierzu kommt, dass in
vielen Fällen nach den oben erläuterten Gesetzen der Betrag
der zu leistenden Entschädigung höher bemessen ist, als der
entstandene Schaden, so dass die Entschädigungsforderung zu-
gleich den Character einer Privatstrafe annimmt; und dass
auch in den übrigen Fällen der Betrag der Entschädigung nach
dem Masse des muthmasslich entstandenen Schadens von
dem Richter arbitrirt wird (Gesetz v. 11. Juni 1837 §§. 11 u. 13).
Daher muss auch die Vertheilung dieser Entschädigung zwi-
schen dem Autor und dem Verleger im gegebenen Falle dem
richterlichen Ermessen überlassen werden. Es ist unmöglich,
eine Regel dafür aufzustellen, wie sich unter den verschiedenen
Voraussetzungen der durch den Nachdruck entstandene Schade
auf den Autor und den Verleger vertheilt. Hatte der Nach-
drucker z. B. 500 Exemplare seines Nachdrucks verbreitet, so
ist der dem Autor und dem Verleger zusammen entgangene
Gewinn unbedenklich auf den aus dem Verkaufe ebensovieler
Exemplare zu ziehenden Erlös anzunehmen. Allein wie viel
von diesem Gewinne dem Autor und wie viel dem Verleger
entgehen wird, wenn etwa die dem letztern gehörige Auflage
bis auf 600 Exemplare abgesetzt ist, hängt von ungewissen
künftigen Ereignissen ab. Findet nämlich gar kein weiterer
Absatz statt, so trifft der ganze Verlust den Verleger, während
umgekehrt der ganze Gewinn dem Autor entgeht, wenn der
Verleger den Rest seiner Auflage noch vor dem gewöhnlichen
buchhändlerischen Zahlungstermine absetzt. Die von Jolly1)
und Wächter2) angestellten Untersuchungen über die Verthei-

1) Die Lehre vom Nachdruck S. 278 f.
2) Das Verlagsrecht Th. II S. 686 f.
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[430/0446] IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 42. Entschädigung. schränktem Verlagsrechte trifft der Schaden in jedem Falle sowohl den Autor als den Verleger, diesen, indem der Absatz der ihm vertragsmässig zustehenden Auflage durch die Ver- breitung gehindert wird, jenen, indem auch die weitere Nutzung des geistigen Eigenthumes durch künftige Auflagen in Folge des Nachdruckes geschmälert wird. Es wird in der Regel schwierig sein, den für beide Be- rechtigte entstandenen Schaden genau festzustellen, während die Summe des dem gemeinschaftlichen Verlagsunternehmen erwachsenen Schadens sich nach der Zahl der abgesetzten Nach- druckexemplare leicht bemessen lässt. Hierzu kommt, dass in vielen Fällen nach den oben erläuterten Gesetzen der Betrag der zu leistenden Entschädigung höher bemessen ist, als der entstandene Schaden, so dass die Entschädigungsforderung zu- gleich den Character einer Privatstrafe annimmt; und dass auch in den übrigen Fällen der Betrag der Entschädigung nach dem Masse des muthmasslich entstandenen Schadens von dem Richter arbitrirt wird (Gesetz v. 11. Juni 1837 §§. 11 u. 13). Daher muss auch die Vertheilung dieser Entschädigung zwi- schen dem Autor und dem Verleger im gegebenen Falle dem richterlichen Ermessen überlassen werden. Es ist unmöglich, eine Regel dafür aufzustellen, wie sich unter den verschiedenen Voraussetzungen der durch den Nachdruck entstandene Schade auf den Autor und den Verleger vertheilt. Hatte der Nach- drucker z. B. 500 Exemplare seines Nachdrucks verbreitet, so ist der dem Autor und dem Verleger zusammen entgangene Gewinn unbedenklich auf den aus dem Verkaufe ebensovieler Exemplare zu ziehenden Erlös anzunehmen. Allein wie viel von diesem Gewinne dem Autor und wie viel dem Verleger entgehen wird, wenn etwa die dem letztern gehörige Auflage bis auf 600 Exemplare abgesetzt ist, hängt von ungewissen künftigen Ereignissen ab. Findet nämlich gar kein weiterer Absatz statt, so trifft der ganze Verlust den Verleger, während umgekehrt der ganze Gewinn dem Autor entgeht, wenn der Verleger den Rest seiner Auflage noch vor dem gewöhnlichen buchhändlerischen Zahlungstermine absetzt. Die von Jolly 1) und Wächter 2) angestellten Untersuchungen über die Verthei- 1) Die Lehre vom Nachdruck S. 278 f. 2) Das Verlagsrecht Th. II S. 686 f.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/446>, abgerufen am 23.04.2024.