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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Wegnahme zur Vernichtung.
sein muss, um die Confiscation zu begründen, war in den an-
geführten Fällen auf Seiten des Herausgebers unzweifelhaft fest-
gestellt1).

Im Gegensatze zu §. 50 des Pressgesetzes, welches die
Vernichtung der confiscirten Presserzeugnisse unbedingt anord-
net, gibt §. 12 des Gesetzes vom 12. Juni 1837 dem Beschä-
digten das Recht, die Ueberlassung der confiscirten Nachdrucks-
exemplare zu verlangen, ohne dass dabei unterschieden wird,
ob ihm nach dem Obigen ein Eigenthumsanspruch auf die un-
befugt vervielfältigten Exemplare zusteht oder nicht, also sowohl
für die Fälle des partiellen und veränderten, als des unver-
änderten Nachdrucks. Dieses Recht wird im §. 30 sogar auf
die zur Nachbildung der Kunstwerke gemachten Vorrichtungen
(Platten, Formen, Steine u. s. w.) ausgedehnt2).

Diese singulairen und kaum gerechtfertigten Bestimmungen
sind daraus hervorgegangen, dass der Gesetzgeber die verschie-
denen Fälle der Confiscation und die nach der Verschieden-
heit des Rechtsgrundes wesentlich verschiedenen Wirkungen
der Wegnahme nicht unterschieden hat. Während bei der
einfachen Reproduction eines Buches oder einer Lithographie
sowohl die juristische Consequenz als auch der Massstab der
Billigkeit dahin führt, dem Verlagsberechtigten das Eigenthum
der unbefugt vervielfältigten Exemplare zuzusprechen, fehlt es
an jeder Art der Begründung für diesen Anspruch, wenn es
sich um einen theilweisen Nachdruck, um eine Uebersetzung
oder um die unbefugte Nachbildung eines bisher nicht verviel-
fältigten Kunstwerkes handelt. Man setze z. B. den Fall, dass
der Eigenthümer eines Gemäldes, dessen Urheber sich das
Recht der Vervielfältigung vor der Veräusserung gemäss §. 28
des Gesetzes vom 11. Juni 1837 vorbehalten hat, einen Ku-
pferstecher veranlasst, dasselbe durch den Stich zu vervielfäl-

1) Auch nach dem Bundesbeschlusse vom 9. November 1837 Art. 4
und den oben S. 419 Note 1 angeführten deutschen Landesgesetzgebungen
muss die Confiscation des Nachdrucks der richtigen Meinung nach als
eine gegen jeden Besitzer verkäuflicher Exemplare stattfindende Mass-
regel betrachtet werden. Wächter, Das Verlagsrecht Th. II. S. 660 f.
2) Der Bundesbeschluss vom 9. November 1837 ordnet dagegen
im Art. 4 sachgemässer nur die Beschlagnahme der zur Nachbil-
dung gemachten Vorrichtungen (Platten, Steine u. s. w.) an.

Wegnahme zur Vernichtung.
sein muss, um die Confiscation zu begründen, war in den an-
geführten Fällen auf Seiten des Herausgebers unzweifelhaft fest-
gestellt1).

Im Gegensatze zu §. 50 des Pressgesetzes, welches die
Vernichtung der confiscirten Presserzeugnisse unbedingt anord-
net, gibt §. 12 des Gesetzes vom 12. Juni 1837 dem Beschä-
digten das Recht, die Ueberlassung der confiscirten Nachdrucks-
exemplare zu verlangen, ohne dass dabei unterschieden wird,
ob ihm nach dem Obigen ein Eigenthumsanspruch auf die un-
befugt vervielfältigten Exemplare zusteht oder nicht, also sowohl
für die Fälle des partiellen und veränderten, als des unver-
änderten Nachdrucks. Dieses Recht wird im §. 30 sogar auf
die zur Nachbildung der Kunstwerke gemachten Vorrichtungen
(Platten, Formen, Steine u. s. w.) ausgedehnt2).

Diese singulairen und kaum gerechtfertigten Bestimmungen
sind daraus hervorgegangen, dass der Gesetzgeber die verschie-
denen Fälle der Confiscation und die nach der Verschieden-
heit des Rechtsgrundes wesentlich verschiedenen Wirkungen
der Wegnahme nicht unterschieden hat. Während bei der
einfachen Reproduction eines Buches oder einer Lithographie
sowohl die juristische Consequenz als auch der Massstab der
Billigkeit dahin führt, dem Verlagsberechtigten das Eigenthum
der unbefugt vervielfältigten Exemplare zuzusprechen, fehlt es
an jeder Art der Begründung für diesen Anspruch, wenn es
sich um einen theilweisen Nachdruck, um eine Uebersetzung
oder um die unbefugte Nachbildung eines bisher nicht verviel-
fältigten Kunstwerkes handelt. Man setze z. B. den Fall, dass
der Eigenthümer eines Gemäldes, dessen Urheber sich das
Recht der Vervielfältigung vor der Veräusserung gemäss §. 28
des Gesetzes vom 11. Juni 1837 vorbehalten hat, einen Ku-
pferstecher veranlasst, dasselbe durch den Stich zu vervielfäl-

1) Auch nach dem Bundesbeschlusse vom 9. November 1837 Art. 4
und den oben S. 419 Note 1 angeführten deutschen Landesgesetzgebungen
muss die Confiscation des Nachdrucks der richtigen Meinung nach als
eine gegen jeden Besitzer verkäuflicher Exemplare stattfindende Mass-
regel betrachtet werden. Wächter, Das Verlagsrecht Th. II. S. 660 f.
2) Der Bundesbeschluss vom 9. November 1837 ordnet dagegen
im Art. 4 sachgemässer nur die Beschlagnahme der zur Nachbil-
dung gemachten Vorrichtungen (Platten, Steine u. s. w.) an.
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[423/0439] Wegnahme zur Vernichtung. sein muss, um die Confiscation zu begründen, war in den an- geführten Fällen auf Seiten des Herausgebers unzweifelhaft fest- gestellt 1). Im Gegensatze zu §. 50 des Pressgesetzes, welches die Vernichtung der confiscirten Presserzeugnisse unbedingt anord- net, gibt §. 12 des Gesetzes vom 12. Juni 1837 dem Beschä- digten das Recht, die Ueberlassung der confiscirten Nachdrucks- exemplare zu verlangen, ohne dass dabei unterschieden wird, ob ihm nach dem Obigen ein Eigenthumsanspruch auf die un- befugt vervielfältigten Exemplare zusteht oder nicht, also sowohl für die Fälle des partiellen und veränderten, als des unver- änderten Nachdrucks. Dieses Recht wird im §. 30 sogar auf die zur Nachbildung der Kunstwerke gemachten Vorrichtungen (Platten, Formen, Steine u. s. w.) ausgedehnt 2). Diese singulairen und kaum gerechtfertigten Bestimmungen sind daraus hervorgegangen, dass der Gesetzgeber die verschie- denen Fälle der Confiscation und die nach der Verschieden- heit des Rechtsgrundes wesentlich verschiedenen Wirkungen der Wegnahme nicht unterschieden hat. Während bei der einfachen Reproduction eines Buches oder einer Lithographie sowohl die juristische Consequenz als auch der Massstab der Billigkeit dahin führt, dem Verlagsberechtigten das Eigenthum der unbefugt vervielfältigten Exemplare zuzusprechen, fehlt es an jeder Art der Begründung für diesen Anspruch, wenn es sich um einen theilweisen Nachdruck, um eine Uebersetzung oder um die unbefugte Nachbildung eines bisher nicht verviel- fältigten Kunstwerkes handelt. Man setze z. B. den Fall, dass der Eigenthümer eines Gemäldes, dessen Urheber sich das Recht der Vervielfältigung vor der Veräusserung gemäss §. 28 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 vorbehalten hat, einen Ku- pferstecher veranlasst, dasselbe durch den Stich zu vervielfäl- 1) Auch nach dem Bundesbeschlusse vom 9. November 1837 Art. 4 und den oben S. 419 Note 1 angeführten deutschen Landesgesetzgebungen muss die Confiscation des Nachdrucks der richtigen Meinung nach als eine gegen jeden Besitzer verkäuflicher Exemplare stattfindende Mass- regel betrachtet werden. Wächter, Das Verlagsrecht Th. II. S. 660 f. 2) Der Bundesbeschluss vom 9. November 1837 ordnet dagegen im Art. 4 sachgemässer nur die Beschlagnahme der zur Nachbil- dung gemachten Vorrichtungen (Platten, Steine u. s. w.) an.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/439>, abgerufen am 29.03.2024.