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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Wegnahme zur Vernichtung.
reproduzirt wird. Ist der Gegenstand des Nachdruckes dage-
gen eine veränderte Reproduction des fremden Werkes, eine
Uebersetzung, ein Kupferstich, ein Klavierauszug u. dgl., so
kann nicht behauptet werden, dass das ausschliessliche Recht
des Autors an dem Originale unmittelbar Eigenthum an der
veränderten Reproduction hervorbringe, da in der letzteren die
geistige Production des Uebersetzers oder des Kupferstechers
sich mit derjenigen des Originalurhebers verbindet. Dasselbe
gilt, wenn Theile einer fremden Schrift in Verbindung mit eige-
nen Arbeiten oder mit Auszügen aus anderen Werken abge-
druckt sind.

Die Confiscation kann in diesen Fällen nicht nach den
Regeln der Eigenthumsklage beurtheilt werden, da auch die
negatorische Klage nur mit der Wirkung angestellt werden
kann, die unbefugte Benutzung des fremden Geistesproductes
zu untersagen. Die negatorische Klage würde also nicht auf
die Herausgabe der unbefugt vervielfältigten Uebersetzung etc.,
sondern nur auf Sicherstellung gegen ihre Verbreitung ge-
richtet werden können.

Hiernach kann die Confiscation ausser dem Falle des un-
veränderten Nachdruckes nur als eine wirkliche Strafe betrach-
tet werden. Der Zweck dieser Strafe ist, die weitere Verbrei-
tung des Nachdrucks unmöglich zu machen. Die Confiscation
des Nachdrucks erscheint daher als eine polizeiliche Präventiv-
massregel des Strafsrechtes, wie sich dieselbe ähnlich in den
Strafen der Confiscation falscher Masse und Gewichte, ver-
fälschter Esswaaren u. dgl. wiederfindet, welche ebenfalls nicht
zum Vortheile der Staatskasse, sondern zum Zwecke der po-
lizeilichen Vernichtung confiscirt werden. Die Confiscation der
Nachdrucks fällt insbesondere unter den Begriff der Confisca-
tion strafbarer Presserzeugnisse, wie solche übereinstimmend in
dem Strafgesetzbuche vom 14. April 1851 §. 19 und in dem
Pressgesetze vom 12. Mai 1851 vorgesehen ist. Letzteres be-
stimmt:

§. 50. Wird in einer Schrift der Thatbestand einer straf-
baren Handlung erkannt, so ist durch das Straf-Urtel die
Vernichtung aller vorfindlichen Exemplare und der dazu be-
stimmten Platten und Formen auszusprechen. Die Vernich-
tung ist auch dann in dem Urtel auszusprechen, wenn zwar
der Angeklagte freigesprochen, in der Schrift jedoch der

Wegnahme zur Vernichtung.
reproduzirt wird. Ist der Gegenstand des Nachdruckes dage-
gen eine veränderte Reproduction des fremden Werkes, eine
Uebersetzung, ein Kupferstich, ein Klavierauszug u. dgl., so
kann nicht behauptet werden, dass das ausschliessliche Recht
des Autors an dem Originale unmittelbar Eigenthum an der
veränderten Reproduction hervorbringe, da in der letzteren die
geistige Production des Uebersetzers oder des Kupferstechers
sich mit derjenigen des Originalurhebers verbindet. Dasselbe
gilt, wenn Theile einer fremden Schrift in Verbindung mit eige-
nen Arbeiten oder mit Auszügen aus anderen Werken abge-
druckt sind.

Die Confiscation kann in diesen Fällen nicht nach den
Regeln der Eigenthumsklage beurtheilt werden, da auch die
negatorische Klage nur mit der Wirkung angestellt werden
kann, die unbefugte Benutzung des fremden Geistesproductes
zu untersagen. Die negatorische Klage würde also nicht auf
die Herausgabe der unbefugt vervielfältigten Uebersetzung etc.,
sondern nur auf Sicherstellung gegen ihre Verbreitung ge-
richtet werden können.

Hiernach kann die Confiscation ausser dem Falle des un-
veränderten Nachdruckes nur als eine wirkliche Strafe betrach-
tet werden. Der Zweck dieser Strafe ist, die weitere Verbrei-
tung des Nachdrucks unmöglich zu machen. Die Confiscation
des Nachdrucks erscheint daher als eine polizeiliche Präventiv-
massregel des Strafsrechtes, wie sich dieselbe ähnlich in den
Strafen der Confiscation falscher Masse und Gewichte, ver-
fälschter Esswaaren u. dgl. wiederfindet, welche ebenfalls nicht
zum Vortheile der Staatskasse, sondern zum Zwecke der po-
lizeilichen Vernichtung confiscirt werden. Die Confiscation der
Nachdrucks fällt insbesondere unter den Begriff der Confisca-
tion strafbarer Presserzeugnisse, wie solche übereinstimmend in
dem Strafgesetzbuche vom 14. April 1851 §. 19 und in dem
Pressgesetze vom 12. Mai 1851 vorgesehen ist. Letzteres be-
stimmt:

§. 50. Wird in einer Schrift der Thatbestand einer straf-
baren Handlung erkannt, so ist durch das Straf-Urtel die
Vernichtung aller vorfindlichen Exemplare und der dazu be-
stimmten Platten und Formen auszusprechen. Die Vernich-
tung ist auch dann in dem Urtel auszusprechen, wenn zwar
der Angeklagte freigesprochen, in der Schrift jedoch der

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[421/0437] Wegnahme zur Vernichtung. reproduzirt wird. Ist der Gegenstand des Nachdruckes dage- gen eine veränderte Reproduction des fremden Werkes, eine Uebersetzung, ein Kupferstich, ein Klavierauszug u. dgl., so kann nicht behauptet werden, dass das ausschliessliche Recht des Autors an dem Originale unmittelbar Eigenthum an der veränderten Reproduction hervorbringe, da in der letzteren die geistige Production des Uebersetzers oder des Kupferstechers sich mit derjenigen des Originalurhebers verbindet. Dasselbe gilt, wenn Theile einer fremden Schrift in Verbindung mit eige- nen Arbeiten oder mit Auszügen aus anderen Werken abge- druckt sind. Die Confiscation kann in diesen Fällen nicht nach den Regeln der Eigenthumsklage beurtheilt werden, da auch die negatorische Klage nur mit der Wirkung angestellt werden kann, die unbefugte Benutzung des fremden Geistesproductes zu untersagen. Die negatorische Klage würde also nicht auf die Herausgabe der unbefugt vervielfältigten Uebersetzung etc., sondern nur auf Sicherstellung gegen ihre Verbreitung ge- richtet werden können. Hiernach kann die Confiscation ausser dem Falle des un- veränderten Nachdruckes nur als eine wirkliche Strafe betrach- tet werden. Der Zweck dieser Strafe ist, die weitere Verbrei- tung des Nachdrucks unmöglich zu machen. Die Confiscation des Nachdrucks erscheint daher als eine polizeiliche Präventiv- massregel des Strafsrechtes, wie sich dieselbe ähnlich in den Strafen der Confiscation falscher Masse und Gewichte, ver- fälschter Esswaaren u. dgl. wiederfindet, welche ebenfalls nicht zum Vortheile der Staatskasse, sondern zum Zwecke der po- lizeilichen Vernichtung confiscirt werden. Die Confiscation der Nachdrucks fällt insbesondere unter den Begriff der Confisca- tion strafbarer Presserzeugnisse, wie solche übereinstimmend in dem Strafgesetzbuche vom 14. April 1851 §. 19 und in dem Pressgesetze vom 12. Mai 1851 vorgesehen ist. Letzteres be- stimmt: §. 50. Wird in einer Schrift der Thatbestand einer straf- baren Handlung erkannt, so ist durch das Straf-Urtel die Vernichtung aller vorfindlichen Exemplare und der dazu be- stimmten Platten und Formen auszusprechen. Die Vernich- tung ist auch dann in dem Urtel auszusprechen, wenn zwar der Angeklagte freigesprochen, in der Schrift jedoch der

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/437>, abgerufen am 25.04.2024.