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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 41. Confiscation.
W. auch nicht ohne Erlaubniss des Klägers das Werk nach dem
Modelle für sich bilden; noch kann es den Gläubigern gestattet
sein, dasselbe zum Gegenstande ihrer Befriedigung zu machen und
zu diesem Zwecke zum Verkauf zu bringen."

In der hier im Auszuge wiedergegebenen Ausführung
ist offenbar nur der eine Entscheidungsgrund unter verschie-
denen Gesichtspuncten wiederholt, dass das geistige Eigenthum
des Künstlers an der Form das Sacheigenthum an dem me-
chanisch vervielfältigten Exemplare nach sich zieht. Denn
ohne diese Thesis lässt sich der Uebergang des Eigenthumes
an der aus fremdem Material durch fremde Arbeit hergestell-
ten Sache ohne Besitzübergabe schlechterdings nicht construi-
ren, mag man nun den Vertrag über die Anfertigung derselben
als Werksverdingung oder als Vertrag über zu leistende Ar-
beiten betrachten. Deshalb ist auch der Umstand, dass es
sich um eine vertragsmässige, nicht um eine unbefugte Ver-
vielfältigung handelte, für den Eigenthumsübergang keineswe-
ges entscheidend. Auch das unbefugt vervielfältigte Werk
muss vielmehr Eigenthum des Künstlers werden, da auch hier
das verwandte Material "nur als die Nebensache erscheint,
welche mit der fremden Form als der Hauptsache in Verbin-
dung gebracht ist"1). Ferner trifft der letzte Grund, dass nach
den Nachdruckgesetzen nur der Künstler befugt ist, aus dem
Verkaufe des vervielfältigten Werkes eine vermögensrechtliche
Nutzung zu ziehen, bei der unbefugten Vervielfältigung erst
recht zu. Noch mehr aber als bei der unbefugten Nachbil-
dung von Kunstwerken leuchtet beim Nachdruck von Schriften
ein, dass die vervielfältigten Exemplare, wenn sie überhaupt
in den Verkehr eintreten sollen, Eigenthum des Autors werden
müssen, da das verwandte Druckpapier lediglich als Träger
des fremden geistigen Productes erscheint. Es ist daher eine

1) Es bedarf nicht der Bemerkung, dass es unzulässig ist, die
Form des Kunstwerkes als eine Sache zu bezeichnen. Es liegt daher
nicht ein Eigenthumserwerb durch Verbindung, sondern durch Form-
gebung (Specification) vor. Die verwendete Bronze wird dadurch, dass
sie in die Form des Kunstwerkes gebracht wird, zu einer neuen Sache
gestaltet, deren Eigenthum dem Urheber des Kunstwerkes gehört.
Ebenso wird beim Nachdruck das Druckpapier in ein Buch verwandelt,
an welchem die Gesetze kein anderes Eigenthum als das des Verlags-
berechtigten zulassen.

IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 41. Confiscation.
W. auch nicht ohne Erlaubniss des Klägers das Werk nach dem
Modelle für sich bilden; noch kann es den Gläubigern gestattet
sein, dasselbe zum Gegenstande ihrer Befriedigung zu machen und
zu diesem Zwecke zum Verkauf zu bringen.«

In der hier im Auszuge wiedergegebenen Ausführung
ist offenbar nur der eine Entscheidungsgrund unter verschie-
denen Gesichtspuncten wiederholt, dass das geistige Eigenthum
des Künstlers an der Form das Sacheigenthum an dem me-
chanisch vervielfältigten Exemplare nach sich zieht. Denn
ohne diese Thesis lässt sich der Uebergang des Eigenthumes
an der aus fremdem Material durch fremde Arbeit hergestell-
ten Sache ohne Besitzübergabe schlechterdings nicht construi-
ren, mag man nun den Vertrag über die Anfertigung derselben
als Werksverdingung oder als Vertrag über zu leistende Ar-
beiten betrachten. Deshalb ist auch der Umstand, dass es
sich um eine vertragsmässige, nicht um eine unbefugte Ver-
vielfältigung handelte, für den Eigenthumsübergang keineswe-
ges entscheidend. Auch das unbefugt vervielfältigte Werk
muss vielmehr Eigenthum des Künstlers werden, da auch hier
das verwandte Material »nur als die Nebensache erscheint,
welche mit der fremden Form als der Hauptsache in Verbin-
dung gebracht ist«1). Ferner trifft der letzte Grund, dass nach
den Nachdruckgesetzen nur der Künstler befugt ist, aus dem
Verkaufe des vervielfältigten Werkes eine vermögensrechtliche
Nutzung zu ziehen, bei der unbefugten Vervielfältigung erst
recht zu. Noch mehr aber als bei der unbefugten Nachbil-
dung von Kunstwerken leuchtet beim Nachdruck von Schriften
ein, dass die vervielfältigten Exemplare, wenn sie überhaupt
in den Verkehr eintreten sollen, Eigenthum des Autors werden
müssen, da das verwandte Druckpapier lediglich als Träger
des fremden geistigen Productes erscheint. Es ist daher eine

1) Es bedarf nicht der Bemerkung, dass es unzulässig ist, die
Form des Kunstwerkes als eine Sache zu bezeichnen. Es liegt daher
nicht ein Eigenthumserwerb durch Verbindung, sondern durch Form-
gebung (Specification) vor. Die verwendete Bronze wird dadurch, dass
sie in die Form des Kunstwerkes gebracht wird, zu einer neuen Sache
gestaltet, deren Eigenthum dem Urheber des Kunstwerkes gehört.
Ebenso wird beim Nachdruck das Druckpapier in ein Buch verwandelt,
an welchem die Gesetze kein anderes Eigenthum als das des Verlags-
berechtigten zulassen.
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[418/0434] IX. Verfolgung des Nachdrucks. §. 41. Confiscation. W. auch nicht ohne Erlaubniss des Klägers das Werk nach dem Modelle für sich bilden; noch kann es den Gläubigern gestattet sein, dasselbe zum Gegenstande ihrer Befriedigung zu machen und zu diesem Zwecke zum Verkauf zu bringen.« In der hier im Auszuge wiedergegebenen Ausführung ist offenbar nur der eine Entscheidungsgrund unter verschie- denen Gesichtspuncten wiederholt, dass das geistige Eigenthum des Künstlers an der Form das Sacheigenthum an dem me- chanisch vervielfältigten Exemplare nach sich zieht. Denn ohne diese Thesis lässt sich der Uebergang des Eigenthumes an der aus fremdem Material durch fremde Arbeit hergestell- ten Sache ohne Besitzübergabe schlechterdings nicht construi- ren, mag man nun den Vertrag über die Anfertigung derselben als Werksverdingung oder als Vertrag über zu leistende Ar- beiten betrachten. Deshalb ist auch der Umstand, dass es sich um eine vertragsmässige, nicht um eine unbefugte Ver- vielfältigung handelte, für den Eigenthumsübergang keineswe- ges entscheidend. Auch das unbefugt vervielfältigte Werk muss vielmehr Eigenthum des Künstlers werden, da auch hier das verwandte Material »nur als die Nebensache erscheint, welche mit der fremden Form als der Hauptsache in Verbin- dung gebracht ist« 1). Ferner trifft der letzte Grund, dass nach den Nachdruckgesetzen nur der Künstler befugt ist, aus dem Verkaufe des vervielfältigten Werkes eine vermögensrechtliche Nutzung zu ziehen, bei der unbefugten Vervielfältigung erst recht zu. Noch mehr aber als bei der unbefugten Nachbil- dung von Kunstwerken leuchtet beim Nachdruck von Schriften ein, dass die vervielfältigten Exemplare, wenn sie überhaupt in den Verkehr eintreten sollen, Eigenthum des Autors werden müssen, da das verwandte Druckpapier lediglich als Träger des fremden geistigen Productes erscheint. Es ist daher eine 1) Es bedarf nicht der Bemerkung, dass es unzulässig ist, die Form des Kunstwerkes als eine Sache zu bezeichnen. Es liegt daher nicht ein Eigenthumserwerb durch Verbindung, sondern durch Form- gebung (Specification) vor. Die verwendete Bronze wird dadurch, dass sie in die Form des Kunstwerkes gebracht wird, zu einer neuen Sache gestaltet, deren Eigenthum dem Urheber des Kunstwerkes gehört. Ebenso wird beim Nachdruck das Druckpapier in ein Buch verwandelt, an welchem die Gesetze kein anderes Eigenthum als das des Verlags- berechtigten zulassen.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/434>, abgerufen am 24.04.2024.