Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Briefe von Carey.
vorher genannt habe. Das Verlagsrecht der Principia hätte keinen
Werth und dasselbe wäre der Fall mit Allem, was Franklin über
die Electricität und Davy über die Chemie geschrieben. Wenige
lesen jetzt Adam Smith und noch wenigere werden Bacon, Leibnitz
oder Descartes lesen. Wo wir uns auch umsehen mögen, werden
wir überall finden, dass die Sammler der Thatsachen und die
Schöpfer der Ideen, welche den Körper der Bücher bilden, wenig
oder keine Belohnung erhalten haben, wenngleich sie durch diese
Beschäftigung so reichlich zur Vermehrung des gemeinschaftlichen
Eigenthumes der Menschheit beigetragen haben.

Wofür wird denn nun das Verlagsrecht gegeben? Für das
Gewand, in welchem der Körper der Welt vorgestellt ward. Un-
tersuchen Sie Macaulay's Geschichte von England und Sie werden
finden, dass der Körper aus dem besteht, was Gemeingut ist.
Nicht nur die Thatsachen wurden von Andern berichtet, sondern
auch die Ideen sind den Werken anderer Männer entnommen,
welche für die Welt gearbeitet haben, ohne irgend eine Geldent-
schädigung für ihre Mühen zu erhalten oder häufig auch ohne eine
solche zu erwarten.

Macaulay las viel und mit Aufmerksamkeit und wurde so in
den Stand gesetzt, eine grosse Geschicklichkeit in der Anordnung
und Bekleidung seiner Thatsachen zu erwerben; allein der Leser
wird in seinen Büchern keinen Beitrag zu dem positiven Wissen
finden.". (!) --

"Wenige lesen jetzt die schweren Bände, welche die Reden
von Fox und Pitt enthalten. Diese Männer thaten nichts weiter,
als dass sie Ideen, welche Gemeingut waren, wiedergaben und zwar
in einem Gewande, welches den Zwecken des Augenblickes ent-
sprach. Sir Robert Peel that dasselbe. Die Welt würde jetzt
ebenso weise sein, wenn er nie gelebt hätte, denn er lieferte kei-
nen Beitrag zu dem allgemeinen Vorrath des Wissens." (!)

Der Zweck des weitläuftigen Inductionsbeweises, welcher
hier im Auszuge wiedergegeben ist, geht dahin, darzuthun,
dass das Verlagsrecht denjenigen zu statten komme, welche
nur fremde Ideen und Forschungen schriftstellerisch verarbei-
ten, während den Schöpfern dieser Ideen selbst der Rechts-
schutz für ihr literarisches Eigenthum versagt sei. Es ist
überflüssig darauf hinzuweisen, wie verfehlt die Auswahl der
zu diesem Zwecke aufgestellten Beispiele getroffen ist. Wäh-
rend Macaulay und Walter Scott als belesene Compilatoren

Briefe von Carey.
vorher genannt habe. Das Verlagsrecht der Principia hätte keinen
Werth und dasselbe wäre der Fall mit Allem, was Franklin über
die Electricität und Davy über die Chemie geschrieben. Wenige
lesen jetzt Adam Smith und noch wenigere werden Bacon, Leibnitz
oder Descartes lesen. Wo wir uns auch umsehen mögen, werden
wir überall finden, dass die Sammler der Thatsachen und die
Schöpfer der Ideen, welche den Körper der Bücher bilden, wenig
oder keine Belohnung erhalten haben, wenngleich sie durch diese
Beschäftigung so reichlich zur Vermehrung des gemeinschaftlichen
Eigenthumes der Menschheit beigetragen haben.

Wofür wird denn nun das Verlagsrecht gegeben? Für das
Gewand, in welchem der Körper der Welt vorgestellt ward. Un-
tersuchen Sie Macaulay’s Geschichte von England und Sie werden
finden, dass der Körper aus dem besteht, was Gemeingut ist.
Nicht nur die Thatsachen wurden von Andern berichtet, sondern
auch die Ideen sind den Werken anderer Männer entnommen,
welche für die Welt gearbeitet haben, ohne irgend eine Geldent-
schädigung für ihre Mühen zu erhalten oder häufig auch ohne eine
solche zu erwarten.

Macaulay las viel und mit Aufmerksamkeit und wurde so in
den Stand gesetzt, eine grosse Geschicklichkeit in der Anordnung
und Bekleidung seiner Thatsachen zu erwerben; allein der Leser
wird in seinen Büchern keinen Beitrag zu dem positiven Wissen
finden.“. (!) —

„Wenige lesen jetzt die schweren Bände, welche die Reden
von Fox und Pitt enthalten. Diese Männer thaten nichts weiter,
als dass sie Ideen, welche Gemeingut waren, wiedergaben und zwar
in einem Gewande, welches den Zwecken des Augenblickes ent-
sprach. Sir Robert Peel that dasselbe. Die Welt würde jetzt
ebenso weise sein, wenn er nie gelebt hätte, denn er lieferte kei-
nen Beitrag zu dem allgemeinen Vorrath des Wissens.“ (!)

Der Zweck des weitläuftigen Inductionsbeweises, welcher
hier im Auszuge wiedergegeben ist, geht dahin, darzuthun,
dass das Verlagsrecht denjenigen zu statten komme, welche
nur fremde Ideen und Forschungen schriftstellerisch verarbei-
ten, während den Schöpfern dieser Ideen selbst der Rechts-
schutz für ihr literarisches Eigenthum versagt sei. Es ist
überflüssig darauf hinzuweisen, wie verfehlt die Auswahl der
zu diesem Zwecke aufgestellten Beispiele getroffen ist. Wäh-
rend Macaulay und Walter Scott als belesene Compilatoren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0043" n="27"/><fw place="top" type="header">Briefe von Carey.</fw><lb/>
vorher genannt habe. Das Verlagsrecht der <hi rendition="#i">Principia</hi> hätte keinen<lb/>
Werth und dasselbe wäre der Fall mit Allem, was Franklin über<lb/>
die Electricität und Davy über die Chemie geschrieben. Wenige<lb/>
lesen jetzt Adam Smith und noch wenigere werden Bacon, Leibnitz<lb/>
oder Descartes lesen. Wo wir uns auch umsehen mögen, werden<lb/>
wir überall finden, dass die Sammler der Thatsachen und die<lb/>
Schöpfer der Ideen, welche den Körper der Bücher bilden, wenig<lb/>
oder keine Belohnung erhalten haben, wenngleich sie durch diese<lb/>
Beschäftigung so reichlich zur Vermehrung des gemeinschaftlichen<lb/>
Eigenthumes der Menschheit beigetragen haben.</p><lb/>
            <p>Wofür wird denn nun das Verlagsrecht gegeben? Für das<lb/>
Gewand, in welchem der Körper der Welt vorgestellt ward. Un-<lb/>
tersuchen Sie Macaulay&#x2019;s Geschichte von England und Sie werden<lb/>
finden, dass der Körper aus dem besteht, was Gemeingut ist.<lb/>
Nicht nur die Thatsachen wurden von Andern berichtet, sondern<lb/>
auch die Ideen sind den Werken anderer Männer entnommen,<lb/>
welche für die Welt gearbeitet haben, ohne irgend eine Geldent-<lb/>
schädigung für ihre Mühen zu erhalten oder häufig auch ohne eine<lb/>
solche zu erwarten.</p><lb/>
            <p>Macaulay las viel und mit Aufmerksamkeit und wurde so in<lb/>
den Stand gesetzt, eine grosse Geschicklichkeit in der Anordnung<lb/>
und Bekleidung seiner Thatsachen zu erwerben; allein der Leser<lb/>
wird in seinen Büchern keinen Beitrag zu dem positiven Wissen<lb/>
finden.&#x201C;. (!) &#x2014;</p><lb/>
            <p>&#x201E;Wenige lesen jetzt die schweren Bände, welche die Reden<lb/>
von Fox und Pitt enthalten. Diese Männer thaten nichts weiter,<lb/>
als dass sie Ideen, welche Gemeingut waren, wiedergaben und zwar<lb/>
in einem Gewande, welches den Zwecken des Augenblickes ent-<lb/>
sprach. Sir Robert Peel that dasselbe. Die Welt würde jetzt<lb/>
ebenso weise sein, wenn er nie gelebt hätte, denn er lieferte kei-<lb/>
nen Beitrag zu dem allgemeinen Vorrath des Wissens.&#x201C; (!)</p><lb/>
            <p>Der Zweck des weitläuftigen Inductionsbeweises, welcher<lb/>
hier im Auszuge wiedergegeben ist, geht dahin, darzuthun,<lb/>
dass das Verlagsrecht denjenigen zu statten komme, welche<lb/>
nur fremde Ideen und Forschungen schriftstellerisch verarbei-<lb/>
ten, während den Schöpfern dieser Ideen selbst der Rechts-<lb/>
schutz für ihr literarisches Eigenthum versagt sei. Es ist<lb/>
überflüssig darauf hinzuweisen, wie verfehlt die Auswahl der<lb/>
zu diesem Zwecke aufgestellten Beispiele getroffen ist. Wäh-<lb/>
rend Macaulay und Walter Scott als belesene Compilatoren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0043] Briefe von Carey. vorher genannt habe. Das Verlagsrecht der Principia hätte keinen Werth und dasselbe wäre der Fall mit Allem, was Franklin über die Electricität und Davy über die Chemie geschrieben. Wenige lesen jetzt Adam Smith und noch wenigere werden Bacon, Leibnitz oder Descartes lesen. Wo wir uns auch umsehen mögen, werden wir überall finden, dass die Sammler der Thatsachen und die Schöpfer der Ideen, welche den Körper der Bücher bilden, wenig oder keine Belohnung erhalten haben, wenngleich sie durch diese Beschäftigung so reichlich zur Vermehrung des gemeinschaftlichen Eigenthumes der Menschheit beigetragen haben. Wofür wird denn nun das Verlagsrecht gegeben? Für das Gewand, in welchem der Körper der Welt vorgestellt ward. Un- tersuchen Sie Macaulay’s Geschichte von England und Sie werden finden, dass der Körper aus dem besteht, was Gemeingut ist. Nicht nur die Thatsachen wurden von Andern berichtet, sondern auch die Ideen sind den Werken anderer Männer entnommen, welche für die Welt gearbeitet haben, ohne irgend eine Geldent- schädigung für ihre Mühen zu erhalten oder häufig auch ohne eine solche zu erwarten. Macaulay las viel und mit Aufmerksamkeit und wurde so in den Stand gesetzt, eine grosse Geschicklichkeit in der Anordnung und Bekleidung seiner Thatsachen zu erwerben; allein der Leser wird in seinen Büchern keinen Beitrag zu dem positiven Wissen finden.“. (!) — „Wenige lesen jetzt die schweren Bände, welche die Reden von Fox und Pitt enthalten. Diese Männer thaten nichts weiter, als dass sie Ideen, welche Gemeingut waren, wiedergaben und zwar in einem Gewande, welches den Zwecken des Augenblickes ent- sprach. Sir Robert Peel that dasselbe. Die Welt würde jetzt ebenso weise sein, wenn er nie gelebt hätte, denn er lieferte kei- nen Beitrag zu dem allgemeinen Vorrath des Wissens.“ (!) Der Zweck des weitläuftigen Inductionsbeweises, welcher hier im Auszuge wiedergegeben ist, geht dahin, darzuthun, dass das Verlagsrecht denjenigen zu statten komme, welche nur fremde Ideen und Forschungen schriftstellerisch verarbei- ten, während den Schöpfern dieser Ideen selbst der Rechts- schutz für ihr literarisches Eigenthum versagt sei. Es ist überflüssig darauf hinzuweisen, wie verfehlt die Auswahl der zu diesem Zwecke aufgestellten Beispiele getroffen ist. Wäh- rend Macaulay und Walter Scott als belesene Compilatoren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/43
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/43>, abgerufen am 29.03.2024.