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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Uebersetzungen.

"Jede Schrift sei zunächst nur Erzeugniss eines nationalen
Sprachgebietes, einer nationalen Literatur. Mit dieser Eigenschaft
trete sie aber in der Regel zugleich auch nur in dasjenige Staats-
und Rechtsgebiet ein, welches mit jenem Sprachgebiet zusammen-
falle. Es sei demnach eigentlich nur dieses Staatsgebiet, in welchem
der Urheber den Rechtsschutz für sein Werk in Anspruch zu neh-
men beabsichtige. Die Uebertragung eines englischen oder franzö-
sischen Werkes in das Deutsche sei zugleich auch die Uebertragung
in ein anderes Staats- und Rechtsgebiet. So wenig der Nachdruck
englischer und französischer Werke selbst, ohne besondere Vereini-
gung mit den betreffenden fremden Regierungen in Deutschland,
für unerlaubt gelten könne, ebensowenig dürfe auch die Ueber-
setzung solcher Werke verboten werden. Dabei mache es keinen
Unterschied, ob der Urheber des in der fremden Sprache geschrie-
benen Werkes ein Inländer oder Ausländer sei. Das Werk gehöre
immer einer fremden Literatur an und suche selbst, wenn ein In-
länder der Verfasser sei, seine Verbreitung gewiss vorzugsweise
nicht im In- sondern im Auslande."

Die Bestimmungen des Preussischen Gesetzes sind also aus-
drücklich aus der territorialen Beschränktheit des Rechtsschutzes
abgeleitet, wie solche vor dem Abschlusse der Literarconven-
tionen mit England, Frankreich und Belgien dem gesammten
Auslande gegenüber bestand.

Diese Bestimmungen sind in das Grossherzoglich Sächsische
Gesetz vom 11. Januar 1839 §. 4 und in das Braunschweigi-
sche Gesetz vom 10. Februar 1842 §. 2 übergegangen. Das
Grossherzogl. Hessische Gesetz vom 23. September 1830 Art. 4
gibt für die in todten Sprachen verfassten Werke dem Ver-
fasser und dem Verleger ein Vorrecht zur Uebersetzung, wel-
ches binnen zwei Jahren nach erfolgter Aufforderung ausgeübt
werden muss. Das Oesterreichische Gesetz vom 19. October
1846 §. 5 gibt dem Verfasser, wenn er sich die Veranstaltung
einer Uebersetzung auf dem Titelblatte oder in der Vorrede
vorbehalten hat, das ausschliessliche Recht der Uebersetzung
für die Dauer eines Jahres, dagegen wenn er die Uebersetzung
gleichzeitig mit dem Originale erscheinen lässt, für die ganze
Dauer des ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes1).

1) Die angeführte Bestimmung lautet:
Uebersetzungen.

»Jede Schrift sei zunächst nur Erzeugniss eines nationalen
Sprachgebietes, einer nationalen Literatur. Mit dieser Eigenschaft
trete sie aber in der Regel zugleich auch nur in dasjenige Staats-
und Rechtsgebiet ein, welches mit jenem Sprachgebiet zusammen-
falle. Es sei demnach eigentlich nur dieses Staatsgebiet, in welchem
der Urheber den Rechtsschutz für sein Werk in Anspruch zu neh-
men beabsichtige. Die Uebertragung eines englischen oder franzö-
sischen Werkes in das Deutsche sei zugleich auch die Uebertragung
in ein anderes Staats- und Rechtsgebiet. So wenig der Nachdruck
englischer und französischer Werke selbst, ohne besondere Vereini-
gung mit den betreffenden fremden Regierungen in Deutschland,
für unerlaubt gelten könne, ebensowenig dürfe auch die Ueber-
setzung solcher Werke verboten werden. Dabei mache es keinen
Unterschied, ob der Urheber des in der fremden Sprache geschrie-
benen Werkes ein Inländer oder Ausländer sei. Das Werk gehöre
immer einer fremden Literatur an und suche selbst, wenn ein In-
länder der Verfasser sei, seine Verbreitung gewiss vorzugsweise
nicht im In- sondern im Auslande.«

Die Bestimmungen des Preussischen Gesetzes sind also aus-
drücklich aus der territorialen Beschränktheit des Rechtsschutzes
abgeleitet, wie solche vor dem Abschlusse der Literarconven-
tionen mit England, Frankreich und Belgien dem gesammten
Auslande gegenüber bestand.

Diese Bestimmungen sind in das Grossherzoglich Sächsische
Gesetz vom 11. Januar 1839 §. 4 und in das Braunschweigi-
sche Gesetz vom 10. Februar 1842 §. 2 übergegangen. Das
Grossherzogl. Hessische Gesetz vom 23. September 1830 Art. 4
gibt für die in todten Sprachen verfassten Werke dem Ver-
fasser und dem Verleger ein Vorrecht zur Uebersetzung, wel-
ches binnen zwei Jahren nach erfolgter Aufforderung ausgeübt
werden muss. Das Oesterreichische Gesetz vom 19. October
1846 §. 5 gibt dem Verfasser, wenn er sich die Veranstaltung
einer Uebersetzung auf dem Titelblatte oder in der Vorrede
vorbehalten hat, das ausschliessliche Recht der Uebersetzung
für die Dauer eines Jahres, dagegen wenn er die Uebersetzung
gleichzeitig mit dem Originale erscheinen lässt, für die ganze
Dauer des ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes1).

1) Die angeführte Bestimmung lautet:
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[391/0407] Uebersetzungen. »Jede Schrift sei zunächst nur Erzeugniss eines nationalen Sprachgebietes, einer nationalen Literatur. Mit dieser Eigenschaft trete sie aber in der Regel zugleich auch nur in dasjenige Staats- und Rechtsgebiet ein, welches mit jenem Sprachgebiet zusammen- falle. Es sei demnach eigentlich nur dieses Staatsgebiet, in welchem der Urheber den Rechtsschutz für sein Werk in Anspruch zu neh- men beabsichtige. Die Uebertragung eines englischen oder franzö- sischen Werkes in das Deutsche sei zugleich auch die Uebertragung in ein anderes Staats- und Rechtsgebiet. So wenig der Nachdruck englischer und französischer Werke selbst, ohne besondere Vereini- gung mit den betreffenden fremden Regierungen in Deutschland, für unerlaubt gelten könne, ebensowenig dürfe auch die Ueber- setzung solcher Werke verboten werden. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Urheber des in der fremden Sprache geschrie- benen Werkes ein Inländer oder Ausländer sei. Das Werk gehöre immer einer fremden Literatur an und suche selbst, wenn ein In- länder der Verfasser sei, seine Verbreitung gewiss vorzugsweise nicht im In- sondern im Auslande.« Die Bestimmungen des Preussischen Gesetzes sind also aus- drücklich aus der territorialen Beschränktheit des Rechtsschutzes abgeleitet, wie solche vor dem Abschlusse der Literarconven- tionen mit England, Frankreich und Belgien dem gesammten Auslande gegenüber bestand. Diese Bestimmungen sind in das Grossherzoglich Sächsische Gesetz vom 11. Januar 1839 §. 4 und in das Braunschweigi- sche Gesetz vom 10. Februar 1842 §. 2 übergegangen. Das Grossherzogl. Hessische Gesetz vom 23. September 1830 Art. 4 gibt für die in todten Sprachen verfassten Werke dem Ver- fasser und dem Verleger ein Vorrecht zur Uebersetzung, wel- ches binnen zwei Jahren nach erfolgter Aufforderung ausgeübt werden muss. Das Oesterreichische Gesetz vom 19. October 1846 §. 5 gibt dem Verfasser, wenn er sich die Veranstaltung einer Uebersetzung auf dem Titelblatte oder in der Vorrede vorbehalten hat, das ausschliessliche Recht der Uebersetzung für die Dauer eines Jahres, dagegen wenn er die Uebersetzung gleichzeitig mit dem Originale erscheinen lässt, für die ganze Dauer des ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes 1). 1) Die angeführte Bestimmung lautet:

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/407>, abgerufen am 28.03.2024.