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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VIII. Nachdruck. §. 37. Totaler und partieller Nachdruck.

Wendet man die vorstehenden Regeln auf die verschiede-
nen Fälle des partiellen Nachdrucks an, so lässt sich der That-
bestand desselben bei der ohne Zuthat erfolgten Veröffentli-
chung von Auszügen oder Bruchstücken aus fremden Werken
ohne Schwierigkeit feststellen.

Auszüge aus fremden Schriften, welche deren wesentlichen
Inhalt in bloss abgekürzter Form wiedergeben, müssen der
Regel nach als Nachdruck angesehen werden. Wollte man
mit Godson 1) annehmen, dass solche Auszüge gestattet seien,
sofern das Originalwerk weitläufig, der Auszug mit Verstand
und Mühe gefertigt ist, so würde man in der That das Schrift-
eigenthum vollständig beinahe aufheben, denn wenige Schriften
sind in allen Theilen so vollkommen, dass sich nicht von kun-
diger Hand ein verbesserter Auszug machen liesse.

Mit Recht entgegnet daher Lieber (Political Ethics vol. 1
p. 133) das Recht, Auszüge zu veranstalten, gleiche dem Rechte,
fremdes Getreide auszudreschen und dem Eigenthümer das Stroh
zu belassen.

Eine Ausnahme von der vorigen Regel findet nur statt,
wenn der Auszug zu einem wesentlich verschiedenen Zwecke,
z. B. zu einer kritischen Besprechung des ausgezogenen
Werkes gemacht worden ist. Hier kommt es natürlich nicht
darauf an, ob diese Besprechung der vermögensrechtlichen
Nutzung aus dem Originale förderlich ist oder nicht. Ein re-
ferirender Auszug aus einer Schrift fällt also nicht deshalb
unter den Thatbestand des partiellen Nachdrucks, weil die
Kritik ungünstig ausgefallen ist und etwa den Absatz des
Werkes unmöglich gemacht hat. Anders verhält es sich da-
gegen, wenn unter der Form der Kritik ein partieller Nach-
druck verkleidet wird, wenn also der Zweck des Referates nicht
in der Kritik bestand, sondern dahin ging, den Inhalt des frem-
den Werkes durch theilweisen Abdruck widerrechtlich auszu-
nutzen2).

1) A Treatise on the law of patents and of copyright p. 344:
"Many valuable works are so voluminous, that abridgements of them
are very useful. To make them, some judgement must be exercised,
and some labour employed; and therefore the authors of them ought
certainly to be encouraged."
2) Ein Beispiel dieser Art des partiellen Nachdrucks gibt der bei
VIII. Nachdruck. §. 37. Totaler und partieller Nachdruck.

Wendet man die vorstehenden Regeln auf die verschiede-
nen Fälle des partiellen Nachdrucks an, so lässt sich der That-
bestand desselben bei der ohne Zuthat erfolgten Veröffentli-
chung von Auszügen oder Bruchstücken aus fremden Werken
ohne Schwierigkeit feststellen.

Auszüge aus fremden Schriften, welche deren wesentlichen
Inhalt in bloss abgekürzter Form wiedergeben, müssen der
Regel nach als Nachdruck angesehen werden. Wollte man
mit Godson 1) annehmen, dass solche Auszüge gestattet seien,
sofern das Originalwerk weitläufig, der Auszug mit Verstand
und Mühe gefertigt ist, so würde man in der That das Schrift-
eigenthum vollständig beinahe aufheben, denn wenige Schriften
sind in allen Theilen so vollkommen, dass sich nicht von kun-
diger Hand ein verbesserter Auszug machen liesse.

Mit Recht entgegnet daher Lieber (Political Ethics vol. 1
p. 133) das Recht, Auszüge zu veranstalten, gleiche dem Rechte,
fremdes Getreide auszudreschen und dem Eigenthümer das Stroh
zu belassen.

Eine Ausnahme von der vorigen Regel findet nur statt,
wenn der Auszug zu einem wesentlich verschiedenen Zwecke,
z. B. zu einer kritischen Besprechung des ausgezogenen
Werkes gemacht worden ist. Hier kommt es natürlich nicht
darauf an, ob diese Besprechung der vermögensrechtlichen
Nutzung aus dem Originale förderlich ist oder nicht. Ein re-
ferirender Auszug aus einer Schrift fällt also nicht deshalb
unter den Thatbestand des partiellen Nachdrucks, weil die
Kritik ungünstig ausgefallen ist und etwa den Absatz des
Werkes unmöglich gemacht hat. Anders verhält es sich da-
gegen, wenn unter der Form der Kritik ein partieller Nach-
druck verkleidet wird, wenn also der Zweck des Referates nicht
in der Kritik bestand, sondern dahin ging, den Inhalt des frem-
den Werkes durch theilweisen Abdruck widerrechtlich auszu-
nutzen2).

1) A Treatise on the law of patents and of copyright p. 344:
»Many valuable works are so voluminous, that abridgements of them
are very useful. To make them, some judgement must be exercised,
and some labour employed; and therefore the authors of them ought
certainly to be encouraged.«
2) Ein Beispiel dieser Art des partiellen Nachdrucks gibt der bei
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[384/0400] VIII. Nachdruck. §. 37. Totaler und partieller Nachdruck. Wendet man die vorstehenden Regeln auf die verschiede- nen Fälle des partiellen Nachdrucks an, so lässt sich der That- bestand desselben bei der ohne Zuthat erfolgten Veröffentli- chung von Auszügen oder Bruchstücken aus fremden Werken ohne Schwierigkeit feststellen. Auszüge aus fremden Schriften, welche deren wesentlichen Inhalt in bloss abgekürzter Form wiedergeben, müssen der Regel nach als Nachdruck angesehen werden. Wollte man mit Godson 1) annehmen, dass solche Auszüge gestattet seien, sofern das Originalwerk weitläufig, der Auszug mit Verstand und Mühe gefertigt ist, so würde man in der That das Schrift- eigenthum vollständig beinahe aufheben, denn wenige Schriften sind in allen Theilen so vollkommen, dass sich nicht von kun- diger Hand ein verbesserter Auszug machen liesse. Mit Recht entgegnet daher Lieber (Political Ethics vol. 1 p. 133) das Recht, Auszüge zu veranstalten, gleiche dem Rechte, fremdes Getreide auszudreschen und dem Eigenthümer das Stroh zu belassen. Eine Ausnahme von der vorigen Regel findet nur statt, wenn der Auszug zu einem wesentlich verschiedenen Zwecke, z. B. zu einer kritischen Besprechung des ausgezogenen Werkes gemacht worden ist. Hier kommt es natürlich nicht darauf an, ob diese Besprechung der vermögensrechtlichen Nutzung aus dem Originale förderlich ist oder nicht. Ein re- ferirender Auszug aus einer Schrift fällt also nicht deshalb unter den Thatbestand des partiellen Nachdrucks, weil die Kritik ungünstig ausgefallen ist und etwa den Absatz des Werkes unmöglich gemacht hat. Anders verhält es sich da- gegen, wenn unter der Form der Kritik ein partieller Nach- druck verkleidet wird, wenn also der Zweck des Referates nicht in der Kritik bestand, sondern dahin ging, den Inhalt des frem- den Werkes durch theilweisen Abdruck widerrechtlich auszu- nutzen 2). 1) A Treatise on the law of patents and of copyright p. 344: »Many valuable works are so voluminous, that abridgements of them are very useful. To make them, some judgement must be exercised, and some labour employed; and therefore the authors of them ought certainly to be encouraged.« 2) Ein Beispiel dieser Art des partiellen Nachdrucks gibt der bei

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/400>, abgerufen am 25.04.2024.