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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor.
Mehrzahl der Fälle wird man daher bei der Veräusserung von
Kunstwerken nicht im Stande sein, aus dem Inhalte des Ver-
trages und den begleitenden Umständen auf eine bestimmte
Absicht der Partheien bezüglich des Reproductionsrechtes zu
schliessen. Man hat in der Mehrzahl der Fälle weder beab-
sichtigt dasselbe zu übertragen, noch dasselbe auszuschliessen,
man hat vielmehr diese eventuelle Nutzung ganz ausser Acht
gelassen, und es bleibt vollkommen ungewiss, welches die Ab-
sicht der Partheien gewesen sein würde, wenn bei der Ver-
äusserung das Reproductionsrecht in Betracht gezogen wäre.

Mehrere Gesetzgebungen haben für nothwendig erachtet,
diese Ungewissheit durch die Aufstellung von Rechtsvermu-
thungen zu beseitigen. Nach dem Oesterreichischen Gesetze
vom 19. October 1846 spricht die Vermuthung für die gleich-
zeitige Veräusserung des Vervielfältigungsrechtes 1), nach dem
Bayerischen Gesetze vom 28. Juni 1865 dagegen 2).

Nach dem Preussischen Gesetze vom 11. Juni 1837 geht
das ausschliessende Recht der Vervielfältigung durch die Ver-
äusserung des noch nicht vervielfältigten Kunstwerkes gänzlich
verloren, wenn nicht bei der Veräusserung ausdrücklich ver-
abredet ist, dass entweder der Künstler dasselbe behalten, oder
der Käufer dasselbe erwerben solle 3). War schon vor der Ver-
äusserung die Reproduction erfolgt und gemäss §. 27 a. a. O.

1) §. 11. Durch die Abtretung des Rechtes der Vervielfältigung
eines Werkes der zeichnenden oder plastischen Kunst verliert zwar
der Urheber oder sein Rechtsnachfolger das Eigenthum an dem Ori-
ginale nicht; wird jedoch das Original kunstwerk Eigenthum eines
Andern, so übergeht, wenn nicht ein Anderes bedungen wurde, das
ausschliessende Recht, die Vervielfältigung zu veranlassen oder zu ge-
statten, zugleich auf den Erwerber.
2) Art. 35 vergl. oben S. 320.
3) §. 28. Begeben sich der Urheber oder seine Erben des Eigen-
thumes des Kunstwerkes, ehe mit dessen Vervielfältigung ein Anfang
gemacht worden ist, so geht, falls eine ausdrückliche Verabredung dar-
über nicht stattgefunden hat, das ausschliessende Recht dazu gänzlich
verloren. Es kann aber -- fortbestehen, entweder zu Gunsten des
Urhebers oder seiner Erben, indem sie sich solches vorbehalten, oder
zu Gunsten des Erwerbers, indem sie ihm solches übertragen, insofern
nur in beiden Fällen gleichzeitig mit der Veräusserung eine Verabre-
dung in glaubhafter Form darüber getroffen und davon dem obersten
Curatorium der Künste die obgedachte Anzeige gemacht wird.

VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor.
Mehrzahl der Fälle wird man daher bei der Veräusserung von
Kunstwerken nicht im Stande sein, aus dem Inhalte des Ver-
trages und den begleitenden Umständen auf eine bestimmte
Absicht der Partheien bezüglich des Reproductionsrechtes zu
schliessen. Man hat in der Mehrzahl der Fälle weder beab-
sichtigt dasselbe zu übertragen, noch dasselbe auszuschliessen,
man hat vielmehr diese eventuelle Nutzung ganz ausser Acht
gelassen, und es bleibt vollkommen ungewiss, welches die Ab-
sicht der Partheien gewesen sein würde, wenn bei der Ver-
äusserung das Reproductionsrecht in Betracht gezogen wäre.

Mehrere Gesetzgebungen haben für nothwendig erachtet,
diese Ungewissheit durch die Aufstellung von Rechtsvermu-
thungen zu beseitigen. Nach dem Oesterreichischen Gesetze
vom 19. October 1846 spricht die Vermuthung für die gleich-
zeitige Veräusserung des Vervielfältigungsrechtes 1), nach dem
Bayerischen Gesetze vom 28. Juni 1865 dagegen 2).

Nach dem Preussischen Gesetze vom 11. Juni 1837 geht
das ausschliessende Recht der Vervielfältigung durch die Ver-
äusserung des noch nicht vervielfältigten Kunstwerkes gänzlich
verloren, wenn nicht bei der Veräusserung ausdrücklich ver-
abredet ist, dass entweder der Künstler dasselbe behalten, oder
der Käufer dasselbe erwerben solle 3). War schon vor der Ver-
äusserung die Reproduction erfolgt und gemäss §. 27 a. a. O.

1) §. 11. Durch die Abtretung des Rechtes der Vervielfältigung
eines Werkes der zeichnenden oder plastischen Kunst verliert zwar
der Urheber oder sein Rechtsnachfolger das Eigenthum an dem Ori-
ginale nicht; wird jedoch das Original kunstwerk Eigenthum eines
Andern, so übergeht, wenn nicht ein Anderes bedungen wurde, das
ausschliessende Recht, die Vervielfältigung zu veranlassen oder zu ge-
statten, zugleich auf den Erwerber.
2) Art. 35 vergl. oben S. 320.
3) §. 28. Begeben sich der Urheber oder seine Erben des Eigen-
thumes des Kunstwerkes, ehe mit dessen Vervielfältigung ein Anfang
gemacht worden ist, so geht, falls eine ausdrückliche Verabredung dar-
über nicht stattgefunden hat, das ausschliessende Recht dazu gänzlich
verloren. Es kann aber — fortbestehen, entweder zu Gunsten des
Urhebers oder seiner Erben, indem sie sich solches vorbehalten, oder
zu Gunsten des Erwerbers, indem sie ihm solches übertragen, insofern
nur in beiden Fällen gleichzeitig mit der Veräusserung eine Verabre-
dung in glaubhafter Form darüber getroffen und davon dem obersten
Curatorium der Künste die obgedachte Anzeige gemacht wird.
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[328/0344] VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor. Mehrzahl der Fälle wird man daher bei der Veräusserung von Kunstwerken nicht im Stande sein, aus dem Inhalte des Ver- trages und den begleitenden Umständen auf eine bestimmte Absicht der Partheien bezüglich des Reproductionsrechtes zu schliessen. Man hat in der Mehrzahl der Fälle weder beab- sichtigt dasselbe zu übertragen, noch dasselbe auszuschliessen, man hat vielmehr diese eventuelle Nutzung ganz ausser Acht gelassen, und es bleibt vollkommen ungewiss, welches die Ab- sicht der Partheien gewesen sein würde, wenn bei der Ver- äusserung das Reproductionsrecht in Betracht gezogen wäre. Mehrere Gesetzgebungen haben für nothwendig erachtet, diese Ungewissheit durch die Aufstellung von Rechtsvermu- thungen zu beseitigen. Nach dem Oesterreichischen Gesetze vom 19. October 1846 spricht die Vermuthung für die gleich- zeitige Veräusserung des Vervielfältigungsrechtes 1), nach dem Bayerischen Gesetze vom 28. Juni 1865 dagegen 2). Nach dem Preussischen Gesetze vom 11. Juni 1837 geht das ausschliessende Recht der Vervielfältigung durch die Ver- äusserung des noch nicht vervielfältigten Kunstwerkes gänzlich verloren, wenn nicht bei der Veräusserung ausdrücklich ver- abredet ist, dass entweder der Künstler dasselbe behalten, oder der Käufer dasselbe erwerben solle 3). War schon vor der Ver- äusserung die Reproduction erfolgt und gemäss §. 27 a. a. O. 1) §. 11. Durch die Abtretung des Rechtes der Vervielfältigung eines Werkes der zeichnenden oder plastischen Kunst verliert zwar der Urheber oder sein Rechtsnachfolger das Eigenthum an dem Ori- ginale nicht; wird jedoch das Original kunstwerk Eigenthum eines Andern, so übergeht, wenn nicht ein Anderes bedungen wurde, das ausschliessende Recht, die Vervielfältigung zu veranlassen oder zu ge- statten, zugleich auf den Erwerber. 2) Art. 35 vergl. oben S. 320. 3) §. 28. Begeben sich der Urheber oder seine Erben des Eigen- thumes des Kunstwerkes, ehe mit dessen Vervielfältigung ein Anfang gemacht worden ist, so geht, falls eine ausdrückliche Verabredung dar- über nicht stattgefunden hat, das ausschliessende Recht dazu gänzlich verloren. Es kann aber — fortbestehen, entweder zu Gunsten des Urhebers oder seiner Erben, indem sie sich solches vorbehalten, oder zu Gunsten des Erwerbers, indem sie ihm solches übertragen, insofern nur in beiden Fällen gleichzeitig mit der Veräusserung eine Verabre- dung in glaubhafter Form darüber getroffen und davon dem obersten Curatorium der Künste die obgedachte Anzeige gemacht wird.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/344>, abgerufen am 25.04.2024.